Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den Vorschlägen.
möglich, wo man so leicht und so viele Quinten machen kann, wie
hier: Wenn aber die Grundstimme Punkte bekommt, so ist die
Bezifferung und Begleitung natürlich und leichte. Bey den
Exempeln, wo nur eine erträgliche Begleitung möglich ist, habe
ich die letztere beygefüget, welche aber niemahls die Hauptstimme
übersteigen muß. Man geräth zuweilen in Umstände, wo man
nicht das geringste ändern darf. In den Exempeln, wo gar keine
Begleitung darauf ist, muß man sich an das tafto solo halten.
Bey (b) würde die Begleitung sehr widrig ausfallen, wenn man
sie der Bezifferung gemäß einrichten wollte, welche unter dem
Exempel stehet, und leyder oft so vorkommt. In den beygefügten
Accompagnement dieses Exempels ist die richtige Bezifferung da-
von zugleich mit angemerket. Bey (c) sollte billig im Anfange
eines jeden Tacktes eine Achttheilpause in der Grundstimme stehen,
damit die eckelhaften anschlagenden Quinten wegfielen. Unter
den heutigen leichten Arbeiten der Italiäner trifft man zuweilen
dieses Exempel an. Wenn ein verständiger Accompagnist mit
leichter Mühe gewisse Fehler der Componisten aus dem Stegreife
verbessern kann und darf: so hat er alle Ehre davon, wenn er es
thut, ohngeacht solche Flecken allezeit auf die Rechnung des Com-
ponisten fallen. Es ist also auch bey unserm Exempel rathsam,
daß man mit beyden Händen die Vorschläge durch Pausen vor-
über gehen lässet. Bey (d) ist die Begleitung dem Exempel
gleich. Die Dissonanzen kommen hier im Durchgange vor, und
man folget mit der rechten Hand der Hauptstimme auf das ge-
naueste. Der Componist würde übel zufrieden seyn, wenn man
hier die Strenge der Auflösung genau beobachten und nur das
geringste in der Vollstimmigkeit und Fortschreitung ändern
wollte. Die zwo letzten Grundnoten dieses Exempels vertragen

das
D d 3

Von den Vorſchlägen.
möglich, wo man ſo leicht und ſo viele Quinten machen kann, wie
hier: Wenn aber die Grundſtimme Punkte bekommt, ſo iſt die
Bezifferung und Begleitung natürlich und leichte. Bey den
Exempeln, wo nur eine erträgliche Begleitung möglich iſt, habe
ich die letztere beygefüget, welche aber niemahls die Hauptſtimme
überſteigen muß. Man geräth zuweilen in Umſtände, wo man
nicht das geringſte ändern darf. In den Exempeln, wo gar keine
Begleitung darauf iſt, muß man ſich an das tafto ſolo halten.
Bey (b) würde die Begleitung ſehr widrig ausfallen, wenn man
ſie der Bezifferung gemäß einrichten wollte, welche unter dem
Exempel ſtehet, und leyder oft ſo vorkommt. In den beygefügten
Accompagnement dieſes Exempels iſt die richtige Bezifferung da-
von zugleich mit angemerket. Bey (c) ſollte billig im Anfange
eines jeden Tacktes eine Achttheilpauſe in der Grundſtimme ſtehen,
damit die eckelhaften anſchlagenden Quinten wegfielen. Unter
den heutigen leichten Arbeiten der Italiäner trifft man zuweilen
dieſes Exempel an. Wenn ein verſtändiger Accompagniſt mit
leichter Mühe gewiſſe Fehler der Componiſten aus dem Stegreife
verbeſſern kann und darf: ſo hat er alle Ehre davon, wenn er es
thut, ohngeacht ſolche Flecken allezeit auf die Rechnung des Com-
poniſten fallen. Es iſt alſo auch bey unſerm Exempel rathſam,
daß man mit beyden Händen die Vorſchläge durch Pauſen vor-
über gehen läſſet. Bey (d) iſt die Begleitung dem Exempel
gleich. Die Diſſonanzen kommen hier im Durchgange vor, und
man folget mit der rechten Hand der Hauptſtimme auf das ge-
naueſte. Der Componiſt würde übel zufrieden ſeyn, wenn man
hier die Strenge der Auflöſung genau beobachten und nur das
geringſte in der Vollſtimmigkeit und Fortſchreitung ändern
wollte. Die zwo letzten Grundnoten dieſes Exempels vertragen

das
D d 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0223" n="213"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den Vor&#x017F;chlägen.</hi></fw><lb/>
möglich, wo man &#x017F;o leicht und &#x017F;o viele Quinten machen kann, wie<lb/>
hier: Wenn aber die Grund&#x017F;timme Punkte bekommt, &#x017F;o i&#x017F;t die<lb/>
Bezifferung und Begleitung natürlich und leichte. Bey den<lb/>
Exempeln, wo nur eine erträgliche Begleitung möglich i&#x017F;t, habe<lb/>
ich die letztere beygefüget, welche aber niemahls die Haupt&#x017F;timme<lb/>
über&#x017F;teigen muß. Man geräth zuweilen in Um&#x017F;tände, wo man<lb/>
nicht das gering&#x017F;te ändern darf. In den Exempeln, wo gar keine<lb/>
Begleitung darauf i&#x017F;t, muß man &#x017F;ich an das <hi rendition="#aq">tafto &#x017F;olo</hi> halten.<lb/>
Bey (<hi rendition="#aq">b</hi>) würde die Begleitung &#x017F;ehr widrig ausfallen, wenn man<lb/>
&#x017F;ie der Bezifferung gemäß einrichten wollte, welche unter dem<lb/>
Exempel &#x017F;tehet, und leyder oft &#x017F;o vorkommt. In den beygefügten<lb/>
Accompagnement die&#x017F;es Exempels i&#x017F;t die richtige Bezifferung da-<lb/>
von zugleich mit angemerket. Bey (<hi rendition="#aq">c</hi>) &#x017F;ollte billig im Anfange<lb/>
eines jeden Tacktes eine Achttheilpau&#x017F;e in der Grund&#x017F;timme &#x017F;tehen,<lb/>
damit die eckelhaften an&#x017F;chlagenden Quinten wegfielen. Unter<lb/>
den heutigen leichten Arbeiten der Italiäner trifft man zuweilen<lb/>
die&#x017F;es Exempel an. Wenn ein ver&#x017F;tändiger Accompagni&#x017F;t mit<lb/>
leichter Mühe gewi&#x017F;&#x017F;e Fehler der Componi&#x017F;ten aus dem Stegreife<lb/>
verbe&#x017F;&#x017F;ern kann und darf: &#x017F;o hat er alle Ehre davon, wenn er es<lb/>
thut, ohngeacht &#x017F;olche Flecken allezeit auf die Rechnung des Com-<lb/>
poni&#x017F;ten fallen. Es i&#x017F;t al&#x017F;o auch bey un&#x017F;erm Exempel rath&#x017F;am,<lb/>
daß man mit beyden Händen die Vor&#x017F;chläge durch Pau&#x017F;en vor-<lb/>
über gehen lä&#x017F;&#x017F;et. Bey (<hi rendition="#aq">d</hi>) i&#x017F;t die Begleitung dem Exempel<lb/>
gleich. Die Di&#x017F;&#x017F;onanzen kommen hier im Durchgange vor, und<lb/>
man folget mit der rechten Hand der Haupt&#x017F;timme auf das ge-<lb/>
naue&#x017F;te. Der Componi&#x017F;t würde übel zufrieden &#x017F;eyn, wenn man<lb/>
hier die Strenge der Auflö&#x017F;ung genau beobachten und nur das<lb/>
gering&#x017F;te in der Voll&#x017F;timmigkeit und Fort&#x017F;chreitung ändern<lb/>
wollte. Die zwo letzten Grundnoten die&#x017F;es Exempels vertragen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 3</fw><fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0223] Von den Vorſchlägen. möglich, wo man ſo leicht und ſo viele Quinten machen kann, wie hier: Wenn aber die Grundſtimme Punkte bekommt, ſo iſt die Bezifferung und Begleitung natürlich und leichte. Bey den Exempeln, wo nur eine erträgliche Begleitung möglich iſt, habe ich die letztere beygefüget, welche aber niemahls die Hauptſtimme überſteigen muß. Man geräth zuweilen in Umſtände, wo man nicht das geringſte ändern darf. In den Exempeln, wo gar keine Begleitung darauf iſt, muß man ſich an das tafto ſolo halten. Bey (b) würde die Begleitung ſehr widrig ausfallen, wenn man ſie der Bezifferung gemäß einrichten wollte, welche unter dem Exempel ſtehet, und leyder oft ſo vorkommt. In den beygefügten Accompagnement dieſes Exempels iſt die richtige Bezifferung da- von zugleich mit angemerket. Bey (c) ſollte billig im Anfange eines jeden Tacktes eine Achttheilpauſe in der Grundſtimme ſtehen, damit die eckelhaften anſchlagenden Quinten wegfielen. Unter den heutigen leichten Arbeiten der Italiäner trifft man zuweilen dieſes Exempel an. Wenn ein verſtändiger Accompagniſt mit leichter Mühe gewiſſe Fehler der Componiſten aus dem Stegreife verbeſſern kann und darf: ſo hat er alle Ehre davon, wenn er es thut, ohngeacht ſolche Flecken allezeit auf die Rechnung des Com- poniſten fallen. Es iſt alſo auch bey unſerm Exempel rathſam, daß man mit beyden Händen die Vorſchläge durch Pauſen vor- über gehen läſſet. Bey (d) iſt die Begleitung dem Exempel gleich. Die Diſſonanzen kommen hier im Durchgange vor, und man folget mit der rechten Hand der Hauptſtimme auf das ge- naueſte. Der Componiſt würde übel zufrieden ſeyn, wenn man hier die Strenge der Auflöſung genau beobachten und nur das geringſte in der Vollſtimmigkeit und Fortſchreitung ändern wollte. Die zwo letzten Grundnoten dieſes Exempels vertragen das D d 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/223
Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/223>, abgerufen am 24.11.2024.