Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwey und dreyßigstes Capitel.
§. 11.

Die nöthige Ausfüllung langsamer Noten
gehöret mit zur Zierde der Begleitung. Wenn die Zeitmaasse lang-
sam ist, so kann man bey (a) die Puncte in der rechten Hand
mit Doppelschlägen ausfüllen. Wer diese Manier auch bey den
Grundnoten hier anbringen wolte, würde in den Fehler der Un-
deutlichkeit fallen. Weil der Ton eines Flügels nicht allezeit hin-
länglich nachklinget, und langsame und auszuhaltende Noten über-
haupt auf diesem Instrumente etwas leer klingen: so kann man
bey (b), wenn das Tempo langsam ist, ein Accompagnement wäh-
len, welches die Grundnoten mit dem Puncte ausfüllet. Dieses
Exempel stellet eine Einleitungsclausel vor, wobey die Hauptstimme
pausiret, und den Accompagnisten folglich in die Nothwendigkeit
setzet, etwas zu erfinden, damit das Gehör nicht zu sehr leer ge-
lassen werde. Wenn die Hauptstimme in diesem Falle selbst mit
den Grundnoten in die Folge einleitet, und mit Terzen, oder auf
eine andere Art fortgehet: so bleibet der Accompagnist bey seiner
simplen Begleitung. Ausserdem aber sind diese Einleitungsclau-
seln sehr bequem, den erfinderischen Geist des Clavieristen heraus-
zufordern; nur muß man alsdenn seine Erfindungen dem Affecte
und Inhalte des Stückes gemäß einrichten. Kann man etwas aus
den vorhergegangenen Gedanken alsdenn anbringen, so ist es desto
besser und man kann alsdenn, wenn es nothwendig ist, die
Grundnoten ändern, und die Einleitung auf eine andere Art ein-
richten. (*) Bey (c) kann man zur Ausfüllung unter den beyden an-
gezeigten Begleirungen wählen. Bey der letztern muß die Zeit-
maasse langsamer seyn, als bey der ersteren. Die Hauptstimme
kann bey diesen Exempeln eine Aushaltung, oder Pausen haben.

Wenn
(*) In diesem Falle muß man dem Accompagnisten ebenfalls eine vernünftige
Souverainität um so vielmehr zugestehen, je weniger die Hauptstimme dabey ein-
geschränkt wird.
Zwey und dreyßigſtes Capitel.
§. 11.

Die nöthige Ausfüllung langſamer Noten
gehöret mit zur Zierde der Begleitung. Wenn die Zeitmaaſſe lang-
ſam iſt, ſo kann man bey (a) die Puncte in der rechten Hand
mit Doppelſchlägen ausfüllen. Wer dieſe Manier auch bey den
Grundnoten hier anbringen wolte, würde in den Fehler der Un-
deutlichkeit fallen. Weil der Ton eines Flügels nicht allezeit hin-
länglich nachklinget, und langſame und auszuhaltende Noten über-
haupt auf dieſem Inſtrumente etwas leer klingen: ſo kann man
bey (b), wenn das Tempo langſam iſt, ein Accompagnement wäh-
len, welches die Grundnoten mit dem Puncte ausfüllet. Dieſes
Exempel ſtellet eine Einleitungsclauſel vor, wobey die Hauptſtimme
pauſiret, und den Accompagniſten folglich in die Nothwendigkeit
ſetzet, etwas zu erfinden, damit das Gehör nicht zu ſehr leer ge-
laſſen werde. Wenn die Hauptſtimme in dieſem Falle ſelbſt mit
den Grundnoten in die Folge einleitet, und mit Terzen, oder auf
eine andere Art fortgehet: ſo bleibet der Accompagniſt bey ſeiner
ſimplen Begleitung. Auſſerdem aber ſind dieſe Einleitungsclau-
ſeln ſehr bequem, den erfinderiſchen Geiſt des Clavieriſten heraus-
zufordern; nur muß man alsdenn ſeine Erfindungen dem Affecte
und Inhalte des Stückes gemäß einrichten. Kann man etwas aus
den vorhergegangenen Gedanken alsdenn anbringen, ſo iſt es deſto
beſſer und man kann alsdenn, wenn es nothwendig iſt, die
Grundnoten ändern, und die Einleitung auf eine andere Art ein-
richten. (*) Bey (c) kann man zur Ausfüllung unter den beyden an-
gezeigten Begleirungen wählen. Bey der letztern muß die Zeit-
maaſſe langſamer ſeyn, als bey der erſteren. Die Hauptſtimme
kann bey dieſen Exempeln eine Aushaltung, oder Pauſen haben.

Wenn
(*) In dieſem Falle muß man dem Accompagniſten ebenfalls eine vernünftige
Souverainität um ſo vielmehr zugeſtehen, je weniger die Hauptſtimme dabey ein-
geſchränkt wird.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0296" n="286"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zwey und dreyßig&#x017F;tes Capitel.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 11.</head>
          <p>Die <hi rendition="#fr">nöthige Ausfüllung lang&#x017F;amer Noten</hi><lb/>
gehöret mit zur Zierde der Begleitung. Wenn die Zeitmaa&#x017F;&#x017F;e lang-<lb/>
&#x017F;am i&#x017F;t, &#x017F;o kann man bey (<hi rendition="#aq">a</hi>) die Puncte in der rechten Hand<lb/>
mit Doppel&#x017F;chlägen ausfüllen. Wer die&#x017F;e Manier auch bey den<lb/>
Grundnoten hier anbringen wolte, würde in den Fehler der Un-<lb/>
deutlichkeit fallen. Weil der Ton eines Flügels nicht allezeit hin-<lb/>
länglich nachklinget, und lang&#x017F;ame und auszuhaltende Noten über-<lb/>
haupt auf die&#x017F;em In&#x017F;trumente etwas leer klingen: &#x017F;o kann man<lb/>
bey (<hi rendition="#aq">b</hi>), wenn das Tempo lang&#x017F;am i&#x017F;t, ein Accompagnement wäh-<lb/>
len, welches die Grundnoten mit dem Puncte ausfüllet. Die&#x017F;es<lb/>
Exempel &#x017F;tellet eine Einleitungsclau&#x017F;el vor, wobey die Haupt&#x017F;timme<lb/>
pau&#x017F;iret, und den Accompagni&#x017F;ten folglich in die Nothwendigkeit<lb/>
&#x017F;etzet, etwas zu erfinden, damit das Gehör nicht zu &#x017F;ehr leer ge-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en werde. Wenn die Haupt&#x017F;timme in die&#x017F;em Falle &#x017F;elb&#x017F;t mit<lb/>
den Grundnoten in die Folge einleitet, und mit Terzen, oder auf<lb/>
eine andere Art fortgehet: &#x017F;o bleibet der Accompagni&#x017F;t bey &#x017F;einer<lb/>
&#x017F;implen Begleitung. Au&#x017F;&#x017F;erdem aber &#x017F;ind die&#x017F;e Einleitungsclau-<lb/>
&#x017F;eln &#x017F;ehr bequem, den erfinderi&#x017F;chen Gei&#x017F;t des Clavieri&#x017F;ten heraus-<lb/>
zufordern; nur muß man alsdenn &#x017F;eine Erfindungen dem Affecte<lb/>
und Inhalte des Stückes gemäß einrichten. Kann man etwas aus<lb/>
den vorhergegangenen Gedanken alsdenn anbringen, &#x017F;o i&#x017F;t es de&#x017F;to<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er und man kann alsdenn, <hi rendition="#fr">wenn es nothwendig i&#x017F;t,</hi> die<lb/>
Grundnoten ändern, und die Einleitung auf eine andere Art ein-<lb/>
richten. <note place="foot" n="(*)">In die&#x017F;em Falle muß man dem Accompagni&#x017F;ten ebenfalls eine vernünftige<lb/>
Souverainität um &#x017F;o vielmehr zuge&#x017F;tehen, je weniger die Haupt&#x017F;timme dabey ein-<lb/>
ge&#x017F;chränkt wird.</note> Bey (<hi rendition="#aq">c</hi>) kann man zur Ausfüllung unter den beyden an-<lb/>
gezeigten Begleirungen wählen. Bey der letztern muß die Zeit-<lb/>
maa&#x017F;&#x017F;e lang&#x017F;amer &#x017F;eyn, als bey der er&#x017F;teren. Die Haupt&#x017F;timme<lb/>
kann bey die&#x017F;en Exempeln eine Aushaltung, oder Pau&#x017F;en haben.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0296] Zwey und dreyßigſtes Capitel. §. 11. Die nöthige Ausfüllung langſamer Noten gehöret mit zur Zierde der Begleitung. Wenn die Zeitmaaſſe lang- ſam iſt, ſo kann man bey (a) die Puncte in der rechten Hand mit Doppelſchlägen ausfüllen. Wer dieſe Manier auch bey den Grundnoten hier anbringen wolte, würde in den Fehler der Un- deutlichkeit fallen. Weil der Ton eines Flügels nicht allezeit hin- länglich nachklinget, und langſame und auszuhaltende Noten über- haupt auf dieſem Inſtrumente etwas leer klingen: ſo kann man bey (b), wenn das Tempo langſam iſt, ein Accompagnement wäh- len, welches die Grundnoten mit dem Puncte ausfüllet. Dieſes Exempel ſtellet eine Einleitungsclauſel vor, wobey die Hauptſtimme pauſiret, und den Accompagniſten folglich in die Nothwendigkeit ſetzet, etwas zu erfinden, damit das Gehör nicht zu ſehr leer ge- laſſen werde. Wenn die Hauptſtimme in dieſem Falle ſelbſt mit den Grundnoten in die Folge einleitet, und mit Terzen, oder auf eine andere Art fortgehet: ſo bleibet der Accompagniſt bey ſeiner ſimplen Begleitung. Auſſerdem aber ſind dieſe Einleitungsclau- ſeln ſehr bequem, den erfinderiſchen Geiſt des Clavieriſten heraus- zufordern; nur muß man alsdenn ſeine Erfindungen dem Affecte und Inhalte des Stückes gemäß einrichten. Kann man etwas aus den vorhergegangenen Gedanken alsdenn anbringen, ſo iſt es deſto beſſer und man kann alsdenn, wenn es nothwendig iſt, die Grundnoten ändern, und die Einleitung auf eine andere Art ein- richten. (*) Bey (c) kann man zur Ausfüllung unter den beyden an- gezeigten Begleirungen wählen. Bey der letztern muß die Zeit- maaſſe langſamer ſeyn, als bey der erſteren. Die Hauptſtimme kann bey dieſen Exempeln eine Aushaltung, oder Pauſen haben. Wenn (*) In dieſem Falle muß man dem Accompagniſten ebenfalls eine vernünftige Souverainität um ſo vielmehr zugeſtehen, je weniger die Hauptſtimme dabey ein- geſchränkt wird.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/296
Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/296>, abgerufen am 25.11.2024.