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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828.

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tamorphose die Extremitäten überhaupt sich auf das Bruststück concentrirt haben.
Erinnern wir uns nun, dass Savigny nachgewiesen hat, wie auch in den Anne-
liden immer zwei Reihen von unentwickelten Extremitäten vorkommen, so kön-
nen wir überhaupt den gegliederten Thieren eine zweifache Reihe von Extremitä-
ten zuschreiben, eine für die untere Hälfte der Leibesringe, bestimmt für die Be-
wegung auf dem Boden und im Wasser, und eine zweite aus der obern Hälfte der
Leibesringe, in den Anneliden, bestimmt für die Bewegung im Wasser, sonst
aber im entwickelten Zustande bestimmt für die Bewegung in der Luft. Nur den
Arachniden scheint die obere Reihe ganz zu fehlen.

Wie wir also in dem Typus der Wirbelthiere eine einfache Reihe von Ex-
tremitäten fanden, welche mit zweiarmigen Wurzelgliedern den Rumpf von sei-
ner obern und untern Fläche umfassen, erkennen wir dagegen im Längentypus
die Anlage für zwei Reihen von Extremitäten, deren Wurzelglieder einfach sind
und von denen die obere Reihe der obern, die untere Reihe der untern Hälfte der
Körperringe angehört. Die obere Reihe folgt nicht nur wenn sie mit den Leibes-
ringen verwachsen ist, sondern auch während der Entwickelung des Individuums
im Puppenzustande der absteigenden Richtung der untern Extremitätenreihe (an-
gedeutet in Fig. 8 f'), doch ohne je mit ihr zu verwachsen. Im ausgebildeten
Zustande entfernen sie sich von einander, und während die Wurzelglieder der Wir-
belthiere einen Ring bilden, der die beiden Ringe oder Hauptröhren des Leibes
umschliesst (vergl. Fig. 7), sehen wir in den Wirbelthieren aus dem einfachen
Ringe des Rumpfes die Extremitäten in zwei entgegengesetzte Winkel (gleichsam
eine nicht geschlossene 8) abgehen (Fig. 8).

Der Flügel scheint mir eine vollständige Extremität. Ob man mit Jurine
in diesem Theile verschmolzene Mittelglieder erkennen will, oder nicht, ist ziem-
lich gleichgültig; auf jeden Fall ist der Flügel nach denselben Ansichten nur ein
Hauptglied zu nennen, nach denen wir die Flosse der Wirbelthiere dafür erklärt
haben.

Es musste, indem wir nach dem Entwickelungsschema des Längentypus
suchten, von den verschiedenen Klassen der gegliederten Thiere gesprochen wer-
den, deren Bau und Entwickelungsweise bekannter ist, doch gilt dieses Schema
ohne Zweifel auch für diejenigen Thiere, welche nach dem Längentypus gebaut
sind, ohne so hoch organisirt zu seyn, dass sie den gegliederten Thieren Cuvier's
beigezählt werden könnten. Der einfach symmetrische Bau lässt über denselben
Entwickelungsgang wohl nicht zweifeln, und ich will nur auf den allmähligen
Uebergang von den Nereiden zu den Naiden, von diesen zu Gordius und Vibrio er-
innern.

tamorphose die Extremitäten überhaupt sich auf das Bruststück concentrirt haben.
Erinnern wir uns nun, daſs Savigny nachgewiesen hat, wie auch in den Anne-
liden immer zwei Reihen von unentwickelten Extremitäten vorkommen, so kön-
nen wir überhaupt den gegliederten Thieren eine zweifache Reihe von Extremitä-
ten zuschreiben, eine für die untere Hälfte der Leibesringe, bestimmt für die Be-
wegung auf dem Boden und im Wasser, und eine zweite aus der obern Hälfte der
Leibesringe, in den Anneliden, bestimmt für die Bewegung im Wasser, sonst
aber im entwickelten Zustande bestimmt für die Bewegung in der Luft. Nur den
Arachniden scheint die obere Reihe ganz zu fehlen.

Wie wir also in dem Typus der Wirbelthiere eine einfache Reihe von Ex-
tremitäten fanden, welche mit zweiarmigen Wurzelgliedern den Rumpf von sei-
ner obern und untern Fläche umfassen, erkennen wir dagegen im Längentypus
die Anlage für zwei Reihen von Extremitäten, deren Wurzelglieder einfach sind
und von denen die obere Reihe der obern, die untere Reihe der untern Hälfte der
Körperringe angehört. Die obere Reihe folgt nicht nur wenn sie mit den Leibes-
ringen verwachsen ist, sondern auch während der Entwickelung des Individuums
im Puppenzustande der absteigenden Richtung der untern Extremitätenreihe (an-
gedeutet in Fig. 8 f′), doch ohne je mit ihr zu verwachsen. Im ausgebildeten
Zustande entfernen sie sich von einander, und während die Wurzelglieder der Wir-
belthiere einen Ring bilden, der die beiden Ringe oder Hauptröhren des Leibes
umschlieſst (vergl. Fig. 7), sehen wir in den Wirbelthieren aus dem einfachen
Ringe des Rumpfes die Extremitäten in zwei entgegengesetzte Winkel (gleichsam
eine nicht geschlossene 8) abgehen (Fig. 8).

Der Flügel scheint mir eine vollständige Extremität. Ob man mit Jurine
in diesem Theile verschmolzene Mittelglieder erkennen will, oder nicht, ist ziem-
lich gleichgültig; auf jeden Fall ist der Flügel nach denselben Ansichten nur ein
Hauptglied zu nennen, nach denen wir die Flosse der Wirbelthiere dafür erklärt
haben.

Es muſste, indem wir nach dem Entwickelungsschema des Längentypus
suchten, von den verschiedenen Klassen der gegliederten Thiere gesprochen wer-
den, deren Bau und Entwickelungsweise bekannter ist, doch gilt dieses Schema
ohne Zweifel auch für diejenigen Thiere, welche nach dem Längentypus gebaut
sind, ohne so hoch organisirt zu seyn, daſs sie den gegliederten Thieren Cuvier’s
beigezählt werden könnten. Der einfach symmetrische Bau läſst über denselben
Entwickelungsgang wohl nicht zweifeln, und ich will nur auf den allmähligen
Uebergang von den Nereiden zu den Naiden, von diesen zu Gordius und Vibrio er-
innern.

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[250/0282] tamorphose die Extremitäten überhaupt sich auf das Bruststück concentrirt haben. Erinnern wir uns nun, daſs Savigny nachgewiesen hat, wie auch in den Anne- liden immer zwei Reihen von unentwickelten Extremitäten vorkommen, so kön- nen wir überhaupt den gegliederten Thieren eine zweifache Reihe von Extremitä- ten zuschreiben, eine für die untere Hälfte der Leibesringe, bestimmt für die Be- wegung auf dem Boden und im Wasser, und eine zweite aus der obern Hälfte der Leibesringe, in den Anneliden, bestimmt für die Bewegung im Wasser, sonst aber im entwickelten Zustande bestimmt für die Bewegung in der Luft. Nur den Arachniden scheint die obere Reihe ganz zu fehlen. Wie wir also in dem Typus der Wirbelthiere eine einfache Reihe von Ex- tremitäten fanden, welche mit zweiarmigen Wurzelgliedern den Rumpf von sei- ner obern und untern Fläche umfassen, erkennen wir dagegen im Längentypus die Anlage für zwei Reihen von Extremitäten, deren Wurzelglieder einfach sind und von denen die obere Reihe der obern, die untere Reihe der untern Hälfte der Körperringe angehört. Die obere Reihe folgt nicht nur wenn sie mit den Leibes- ringen verwachsen ist, sondern auch während der Entwickelung des Individuums im Puppenzustande der absteigenden Richtung der untern Extremitätenreihe (an- gedeutet in Fig. 8 f′), doch ohne je mit ihr zu verwachsen. Im ausgebildeten Zustande entfernen sie sich von einander, und während die Wurzelglieder der Wir- belthiere einen Ring bilden, der die beiden Ringe oder Hauptröhren des Leibes umschlieſst (vergl. Fig. 7), sehen wir in den Wirbelthieren aus dem einfachen Ringe des Rumpfes die Extremitäten in zwei entgegengesetzte Winkel (gleichsam eine nicht geschlossene 8) abgehen (Fig. 8). Der Flügel scheint mir eine vollständige Extremität. Ob man mit Jurine in diesem Theile verschmolzene Mittelglieder erkennen will, oder nicht, ist ziem- lich gleichgültig; auf jeden Fall ist der Flügel nach denselben Ansichten nur ein Hauptglied zu nennen, nach denen wir die Flosse der Wirbelthiere dafür erklärt haben. Es muſste, indem wir nach dem Entwickelungsschema des Längentypus suchten, von den verschiedenen Klassen der gegliederten Thiere gesprochen wer- den, deren Bau und Entwickelungsweise bekannter ist, doch gilt dieses Schema ohne Zweifel auch für diejenigen Thiere, welche nach dem Längentypus gebaut sind, ohne so hoch organisirt zu seyn, daſs sie den gegliederten Thieren Cuvier’s beigezählt werden könnten. Der einfach symmetrische Bau läſst über denselben Entwickelungsgang wohl nicht zweifeln, und ich will nur auf den allmähligen Uebergang von den Nereiden zu den Naiden, von diesen zu Gordius und Vibrio er- innern.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/282>, abgerufen am 25.11.2024.