Das Blatt theilt sich dann in einen Stiel und eine Platte (Mittelstück und Endglied). Im Stiele bildet sich innerlich ein Gelenk und äusserlich ein nach aussen gerichte- ter Winkel (das Mittelgelenk). Während früher der ganze vorragende Theil nach aussen und etwas nach hinten gerichtet war, ist jetzt nur die obere Abtheilung des Stiels (das obere Mittelstück) nach aussen gerichtet, das untere aber richtet sich immer mehr nach unten und etwas nach innen, so dass die Bänder der an Breite rasch zunehmenden Platten einander entgegengekehrt werden. Bis hier- her ist die Entwickelung beider Extremitäten einander gleich, mit dem Unter- schiede jedoch, dass die hintere immer in der Entwickelung etwas zurückbleibt. -- Dass nun in den breiter gewordenen und dabei fast runden Platten des Endgliedes dunkle Strahlen sich bilden, und in den Strahlen Knorpel und Gelenkblasen sich erzeugen, haben wir so eben (§. 7. a. a.) gehört. Es bleibt nur noch hinzuzufü- gen, dass die Knorpelkerne gegen die Bänder vorschreitet, so dass zuerst die Knor- pel der Mittelhand- und Mittelfussknochen, dann die erste Gliederreihe, darauf die zweite u. s. w. sich bilden. Wir wollen ferner noch darauf aufmerksam ma- chen, dass der später bemerkliche Längenunterschied der Strahlen Anfangs nicht da ist, denn wenn auch der erste und letzte Strahl in jeder Platte um ein Unbedeu- tendes kürzer ist, so hängt dieser Unterschied nur von der allgemeinen Gestaltung der Platte ab. Dass dagegen die Zahl der Strahlen vom Anfang an die bleibende ist, haben wir ebenfalls schon bemerkt, wir fügen aber noch hinzu, dass in der Mittelhand und dem Mittelfusse sich eben so viele Knorpel erzeugen, als Finger oder Zehen da sind, indem jene Theile an den Strahlen Antheil haben. Erst sehr viel später verwachsen die vier Knorpel des Mittelfusses und die drei Knorpel der Mit- telhand zu einem Knochen. -- Bald entwickelt sich in den Extremitäten ein Ge- gensatz innerhalb der Uebereinstimmung; die Mittelgelenke kehren sich nämlich einander zu, so dass nun die vordern Endglieder nach vorn, die hintern nach hinten gerichtet werden. Dann werden die Endgelenke selbstständig und zeigen densel- ben Gegensatz; das vordere bildet einen vorspringenden Winkel nach vorn, das hintere nach hinten. Die Spitze des Flügels richtet sich also nun nach hinten, die Spitze des Fusses nach vorn. Auch fängt die hintere Extremität, die früher gleiche Länge mit der vordern hatte, rascher zu wachsen an. Der Daumen der hintern Extremität beginnt nach hinten abzuweichen. In beiden Extremitäten wachsen die Finger oder Zehen aus der verdünnten Haut der Platte hervor, und diese bildet nun eine Art Schwimmhaut, die besonders an der hintern Extremität ansehnlich ist. Zuletzt erscheinen die Nägel *), und die Schwimmhaut bleibt endlich als blosse
*) Theil I. S. 63. 74. 84. 94. 108. In Bezug auf die Benennung der Theile vergl. S. 181--197.
Das Blatt theilt sich dann in einen Stiel und eine Platte (Mittelstück und Endglied). Im Stiele bildet sich innerlich ein Gelenk und äuſserlich ein nach auſsen gerichte- ter Winkel (das Mittelgelenk). Während früher der ganze vorragende Theil nach auſsen und etwas nach hinten gerichtet war, ist jetzt nur die obere Abtheilung des Stiels (das obere Mittelstück) nach auſsen gerichtet, das untere aber richtet sich immer mehr nach unten und etwas nach innen, so daſs die Bänder der an Breite rasch zunehmenden Platten einander entgegengekehrt werden. Bis hier- her ist die Entwickelung beider Extremitäten einander gleich, mit dem Unter- schiede jedoch, daſs die hintere immer in der Entwickelung etwas zurückbleibt. — Daſs nun in den breiter gewordenen und dabei fast runden Platten des Endgliedes dunkle Strahlen sich bilden, und in den Strahlen Knorpel und Gelenkblasen sich erzeugen, haben wir so eben (§. 7. a. a.) gehört. Es bleibt nur noch hinzuzufü- gen, daſs die Knorpelkerne gegen die Bänder vorschreitet, so daſs zuerst die Knor- pel der Mittelhand- und Mittelfuſsknochen, dann die erste Gliederreihe, darauf die zweite u. s. w. sich bilden. Wir wollen ferner noch darauf aufmerksam ma- chen, daſs der später bemerkliche Längenunterschied der Strahlen Anfangs nicht da ist, denn wenn auch der erste und letzte Strahl in jeder Platte um ein Unbedeu- tendes kürzer ist, so hängt dieser Unterschied nur von der allgemeinen Gestaltung der Platte ab. Daſs dagegen die Zahl der Strahlen vom Anfang an die bleibende ist, haben wir ebenfalls schon bemerkt, wir fügen aber noch hinzu, daſs in der Mittelhand und dem Mittelfuſse sich eben so viele Knorpel erzeugen, als Finger oder Zehen da sind, indem jene Theile an den Strahlen Antheil haben. Erst sehr viel später verwachsen die vier Knorpel des Mittelfuſses und die drei Knorpel der Mit- telhand zu einem Knochen. — Bald entwickelt sich in den Extremitäten ein Ge- gensatz innerhalb der Uebereinstimmung; die Mittelgelenke kehren sich nämlich einander zu, so daſs nun die vordern Endglieder nach vorn, die hintern nach hinten gerichtet werden. Dann werden die Endgelenke selbstständig und zeigen densel- ben Gegensatz; das vordere bildet einen vorspringenden Winkel nach vorn, das hintere nach hinten. Die Spitze des Flügels richtet sich also nun nach hinten, die Spitze des Fuſses nach vorn. Auch fängt die hintere Extremität, die früher gleiche Länge mit der vordern hatte, rascher zu wachsen an. Der Daumen der hintern Extremität beginnt nach hinten abzuweichen. In beiden Extremitäten wachsen die Finger oder Zehen aus der verdünnten Haut der Platte hervor, und diese bildet nun eine Art Schwimmhaut, die besonders an der hintern Extremität ansehnlich ist. Zuletzt erscheinen die Nägel *), und die Schwimmhaut bleibt endlich als bloſse
*) Theil I. S. 63. 74. 84. 94. 108. In Bezug auf die Benennung der Theile vergl. S. 181—197.
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Das Blatt theilt sich dann in einen Stiel und eine Platte (Mittelstück und Endglied).
Im Stiele bildet sich innerlich ein Gelenk und äuſserlich ein nach auſsen gerichte-
ter Winkel (das Mittelgelenk). Während früher der ganze vorragende Theil nach
auſsen und etwas nach hinten gerichtet war, ist jetzt nur die obere Abtheilung
des Stiels (das obere Mittelstück) nach auſsen gerichtet, das untere aber richtet
sich immer mehr nach unten und etwas nach innen, so daſs die Bänder der an
Breite rasch zunehmenden Platten einander entgegengekehrt werden. Bis hier-
her ist die Entwickelung beider Extremitäten einander gleich, mit dem Unter-
schiede jedoch, daſs die hintere immer in der Entwickelung etwas zurückbleibt. —
Daſs nun in den breiter gewordenen und dabei fast runden Platten des Endgliedes
dunkle Strahlen sich bilden, und in den Strahlen Knorpel und Gelenkblasen sich
erzeugen, haben wir so eben (§. 7. a. a.) gehört. Es bleibt nur noch hinzuzufü-
gen, daſs die Knorpelkerne gegen die Bänder vorschreitet, so daſs zuerst die Knor-
pel der Mittelhand- und Mittelfuſsknochen, dann die erste Gliederreihe, darauf
die zweite u. s. w. sich bilden. Wir wollen ferner noch darauf aufmerksam ma-
chen, daſs der später bemerkliche Längenunterschied der Strahlen Anfangs nicht
da ist, denn wenn auch der erste und letzte Strahl in jeder Platte um ein Unbedeu-
tendes kürzer ist, so hängt dieser Unterschied nur von der allgemeinen Gestaltung
der Platte ab. Daſs dagegen die Zahl der Strahlen vom Anfang an die bleibende
ist, haben wir ebenfalls schon bemerkt, wir fügen aber noch hinzu, daſs in der
Mittelhand und dem Mittelfuſse sich eben so viele Knorpel erzeugen, als Finger oder
Zehen da sind, indem jene Theile an den Strahlen Antheil haben. Erst sehr viel
später verwachsen die vier Knorpel des Mittelfuſses und die drei Knorpel der Mit-
telhand zu einem Knochen. — Bald entwickelt sich in den Extremitäten ein Ge-
gensatz innerhalb der Uebereinstimmung; die Mittelgelenke kehren sich nämlich
einander zu, so daſs nun die vordern Endglieder nach vorn, die hintern nach hinten
gerichtet werden. Dann werden die Endgelenke selbstständig und zeigen densel-
ben Gegensatz; das vordere bildet einen vorspringenden Winkel nach vorn, das
hintere nach hinten. Die Spitze des Flügels richtet sich also nun nach hinten, die
Spitze des Fuſses nach vorn. Auch fängt die hintere Extremität, die früher gleiche
Länge mit der vordern hatte, rascher zu wachsen an. Der Daumen der hintern
Extremität beginnt nach hinten abzuweichen. In beiden Extremitäten wachsen die
Finger oder Zehen aus der verdünnten Haut der Platte hervor, und diese bildet nun
eine Art Schwimmhaut, die besonders an der hintern Extremität ansehnlich ist.
Zuletzt erscheinen die Nägel *), und die Schwimmhaut bleibt endlich als bloſse
*) Theil I. S. 63. 74. 84. 94. 108. In Bezug auf die Benennung der Theile vergl. S. 181—197.
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/111>, abgerufen am 21.11.2024.
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