ler klar geworden *). Eigene Untersuchungen besitze ich hierüber nicht. Indem die Primordial-Nieren abnehmen, vergrössern sich die bleibenden Nieren.
Was endlich die Ausbildung des Geschlechtsapparates anlangt, so müssenmm. Ge- schlechts- Apparat. wir vor allen Dingen bemerken, dass unter allen Theilen des Körpers dieser zu- letzt sich zeigt und zu seiner vollen Entwickelung bekanntlich sehr viel später ge- langt als alle andern. Dann ist ferner hervorzuheben, dass die Apparate für beide Geschlechter im Anfange ganz gleich gebaut sind, und dass aus dieser Gleichheit heraus erst allmählig der geschlechtliche Gegensatz sich entwickelt. Wollen wir den Vorgang aber etwas näher kennen lernen, so haben wir die eigentlich zeugen- den Organe, d. h. diejenigen, die den männlichen und weiblichen Zeugungsstoff (Saamen und Dotterkugeln) bereiten, von dem ausleitenden Apparate zu unter- scheiden und gleich Anfangs zu bemerken, dass beide Abschnitte getrennt von einander entstehen.
Die zeugenden Organe sind ohne Zweifel Wucherungen der vegetativen Ab-Zeugende Organe. theilung des Leibes, und zwar der Gekrösplatten. Sie zeigen sich nach dem ersten Drittheile des Embryonenlebens als längliche etwas flache Körperchen, ohne be- stimmte Organisation an der innern Seite der Primordial-Nieren. Anfänglich sind sie in allen Individuen gleich und immer paarig. Bald aber werden einige flacher und kürzer, andere rundlich, die ersten sind Eierstöcke, die letzteren Hoden. So ist also die Verschiedenheit des Geschlechtes eine erst später eintretende. Kaum haben die Eierstöcke sich als solehe zu erkennen gegeben, so bleibt auch der rechte Eierstock in seiner Entwickelung zurück, während der linke sich weiter bildet, bis endlich der erste ganz unkenntlich wird. Das Schwinden des rechten Eierstok- kes tritt nach den verschiedenen Familien der Vögel zu sehr verschiedenen Zeiten ein: beim Huhne z. B. schon früh, bei Raubvögeln viel später, so dass, wie Müller bemerkt, noch kurz vor dem Auskriechen der rechte Eierstock nicht viel kleiner ist als der linke. Die Entstehung der Eier beruht auf einer histolo- gischen Sonderung, die erst spät nach dem Auskriechen im Eierstocke sich äussert.
Die Ausbildung der Hoden ist verwandt und doch in anderer Hinsicht ent- gegengesetzt. Es entwickeln sich beide Hoden, jedoch wird der rechte oft grösser. Aus der länglich runden Form gehen sie in eine bohnenförmige über. In ihnen bilden sich ebenfalls innere Theile durch histologische Sonderung, aber diese in- nern Theile sind nicht Blasen, sondern aus der Substanz des Hodens hervordrin- gende Kanäle, die Saamen-Kanälchen (Vasa seminifera). Die hervortreten-
*) Eine verwandte Bläschenform haben einige Zeit auch die letzten Enden der Luftwege, die doch durch Ausstülpung entstehen.
ler klar geworden *). Eigene Untersuchungen besitze ich hierüber nicht. Indem die Primordial-Nieren abnehmen, vergröſsern sich die bleibenden Nieren.
Was endlich die Ausbildung des Geschlechtsapparates anlangt, so müssenmm. Ge- schlechts- Apparat. wir vor allen Dingen bemerken, daſs unter allen Theilen des Körpers dieser zu- letzt sich zeigt und zu seiner vollen Entwickelung bekanntlich sehr viel später ge- langt als alle andern. Dann ist ferner hervorzuheben, daſs die Apparate für beide Geschlechter im Anfange ganz gleich gebaut sind, und daſs aus dieser Gleichheit heraus erst allmählig der geschlechtliche Gegensatz sich entwickelt. Wollen wir den Vorgang aber etwas näher kennen lernen, so haben wir die eigentlich zeugen- den Organe, d. h. diejenigen, die den männlichen und weiblichen Zeugungsstoff (Saamen und Dotterkugeln) bereiten, von dem ausleitenden Apparate zu unter- scheiden und gleich Anfangs zu bemerken, daſs beide Abschnitte getrennt von einander entstehen.
Die zeugenden Organe sind ohne Zweifel Wucherungen der vegetativen Ab-Zeugende Organe. theilung des Leibes, und zwar der Gekrösplatten. Sie zeigen sich nach dem ersten Drittheile des Embryonenlebens als längliche etwas flache Körperchen, ohne be- stimmte Organisation an der innern Seite der Primordial-Nieren. Anfänglich sind sie in allen Individuen gleich und immer paarig. Bald aber werden einige flacher und kürzer, andere rundlich, die ersten sind Eierstöcke, die letzteren Hoden. So ist also die Verschiedenheit des Geschlechtes eine erst später eintretende. Kaum haben die Eierstöcke sich als solehe zu erkennen gegeben, so bleibt auch der rechte Eierstock in seiner Entwickelung zurück, während der linke sich weiter bildet, bis endlich der erste ganz unkenntlich wird. Das Schwinden des rechten Eierstok- kes tritt nach den verschiedenen Familien der Vögel zu sehr verschiedenen Zeiten ein: beim Huhne z. B. schon früh, bei Raubvögeln viel später, so daſs, wie Müller bemerkt, noch kurz vor dem Auskriechen der rechte Eierstock nicht viel kleiner ist als der linke. Die Entstehung der Eier beruht auf einer histolo- gischen Sonderung, die erst spät nach dem Auskriechen im Eierstocke sich äuſsert.
Die Ausbildung der Hoden ist verwandt und doch in anderer Hinsicht ent- gegengesetzt. Es entwickeln sich beide Hoden, jedoch wird der rechte oft gröſser. Aus der länglich runden Form gehen sie in eine bohnenförmige über. In ihnen bilden sich ebenfalls innere Theile durch histologische Sonderung, aber diese in- nern Theile sind nicht Blasen, sondern aus der Substanz des Hodens hervordrin- gende Kanäle, die Saamen-Kanälchen (Vasa seminifera). Die hervortreten-
*) Eine verwandte Bläschenform haben einige Zeit auch die letzten Enden der Luftwege, die doch durch Ausstülpung entstehen.
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ler klar geworden *). Eigene Untersuchungen besitze ich hierüber nicht.
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Was endlich die Ausbildung des Geschlechtsapparates anlangt, so müssen
wir vor allen Dingen bemerken, daſs unter allen Theilen des Körpers dieser zu-
letzt sich zeigt und zu seiner vollen Entwickelung bekanntlich sehr viel später ge-
langt als alle andern. Dann ist ferner hervorzuheben, daſs die Apparate für beide
Geschlechter im Anfange ganz gleich gebaut sind, und daſs aus dieser Gleichheit
heraus erst allmählig der geschlechtliche Gegensatz sich entwickelt. Wollen wir
den Vorgang aber etwas näher kennen lernen, so haben wir die eigentlich zeugen-
den Organe, d. h. diejenigen, die den männlichen und weiblichen Zeugungsstoff
(Saamen und Dotterkugeln) bereiten, von dem ausleitenden Apparate zu unter-
scheiden und gleich Anfangs zu bemerken, daſs beide Abschnitte getrennt von
einander entstehen.
mm. Ge-
schlechts-
Apparat.
Die zeugenden Organe sind ohne Zweifel Wucherungen der vegetativen Ab-
theilung des Leibes, und zwar der Gekrösplatten. Sie zeigen sich nach dem ersten
Drittheile des Embryonenlebens als längliche etwas flache Körperchen, ohne be-
stimmte Organisation an der innern Seite der Primordial-Nieren. Anfänglich sind
sie in allen Individuen gleich und immer paarig. Bald aber werden einige flacher
und kürzer, andere rundlich, die ersten sind Eierstöcke, die letzteren Hoden. So
ist also die Verschiedenheit des Geschlechtes eine erst später eintretende. Kaum
haben die Eierstöcke sich als solehe zu erkennen gegeben, so bleibt auch der rechte
Eierstock in seiner Entwickelung zurück, während der linke sich weiter bildet,
bis endlich der erste ganz unkenntlich wird. Das Schwinden des rechten Eierstok-
kes tritt nach den verschiedenen Familien der Vögel zu sehr verschiedenen Zeiten
ein: beim Huhne z. B. schon früh, bei Raubvögeln viel später, so daſs, wie
Müller bemerkt, noch kurz vor dem Auskriechen der rechte Eierstock nicht
viel kleiner ist als der linke. Die Entstehung der Eier beruht auf einer histolo-
gischen Sonderung, die erst spät nach dem Auskriechen im Eierstocke sich äuſsert.
Zeugende
Organe.
Die Ausbildung der Hoden ist verwandt und doch in anderer Hinsicht ent-
gegengesetzt. Es entwickeln sich beide Hoden, jedoch wird der rechte oft gröſser.
Aus der länglich runden Form gehen sie in eine bohnenförmige über. In ihnen
bilden sich ebenfalls innere Theile durch histologische Sonderung, aber diese in-
nern Theile sind nicht Blasen, sondern aus der Substanz des Hodens hervordrin-
gende Kanäle, die Saamen-Kanälchen (Vasa seminifera). Die hervortreten-
*) Eine verwandte Bläschenform haben einige Zeit auch die letzten Enden der Luftwege, die doch
durch Ausstülpung entstehen.
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/161>, abgerufen am 16.02.2025.
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