Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.Vogel, so dass man auf der innern Fläche sehr deutlich die ansehnlichen Gruben Was nun die Art der Entwickelung anlangt, so habe ich an Schildkröten-Taf. IV. *) In Taf. IV. Fig. 8. sicht man den Durchschnitt der Rückenplatten bei a und den Durchschnitt der Bauchplatten bei b. Die darunter stehende Figur 9. soll aus dem Knochenbau der Sänge- U 2
Vogel, so daſs man auf der innern Fläche sehr deutlich die ansehnlichen Gruben Was nun die Art der Entwickelung anlangt, so habe ich an Schildkröten-Taf. IV. *) In Taf. IV. Fig. 8. sicht man den Durchschnitt der Rückenplatten bei a und den Durchschnitt der Bauchplatten bei b. Die darunter stehende Figur 9. soll aus dem Knochenbau der Sänge- U 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0165" n="155"/> Vogel, so daſs man auf der innern Fläche sehr deutlich die ansehnlichen Gruben<lb/> sehen kann, in welche Verlängerungen der Schaalenhaut eingehen. Auch ist die<lb/> Schaale immer brüchiger und häufig wenigstens dünner, als bei Vogeleiern von<lb/> derselben Gröſse. Im eben gelegten Eie der europäischen Schildkröte fand ich<lb/> noch keinen Embryo, auch der Keim erschien mir lange nicht so bestimmt aus-<lb/> gebildet, als im Vogel, obgleich deutlich auf dem Dotter eine weiſsere Masse auf-<lb/> lag. Von den ersten durch mich untersuchten Eiern konnte ich freilich nicht<lb/> mit voller Sicherheit wissen, ob sie befruchtet waren, doch sprach die Wahr-<lb/> scheinlichkeit dafür, denn die Schildkröte war gefangen worden, indem sie ihre<lb/> Eier einzuscharren beschäftigt war. Später aber haben bei mir Schildkröten Eier<lb/> gelegt, die sich ausbildeten. Auch von dieser zeigten die gleich nach dem Legen<lb/> geöffneten keinen ausgebildeten Keim, der doch nach einigen Tagen da war.<lb/> Hiernach zweifle ich nicht, daſs der Keim sich erst nach dem Legen vollständig<lb/> ausbildet. Auf diese Möglichkeit weist das sehr späte Auftreten eines erkennba-<lb/> ren Embryo hin. <hi rendition="#g">Carus</hi> fand (<hi rendition="#i">Hecker’s Annalen</hi> 1829 Febr. S. 150.) vom 14ten<lb/> Juni bis zum ersten Juli die Entwickelung nur bis zur Bildung eines Gefäſsehofes<lb/> vorgeschritten, und ich sah an der europäischen Schildkröte sechs Tage nach<lb/> dem Legen den Rücken des Embryo noch nicht einmal vollständig geschlossen.<lb/> Erst am achten Tage war dieser Schluſs erfolgt. Auch aus den von <hi rendition="#g">Tiedemann</hi><lb/> gesammelten Angaben über die Zeit, welche vom Legen der Eier bis zum Aus-<lb/> kriechen des Jungen verstreicht, geht hervor, daſs die Brütezeit länger währt<lb/> als bei Vögeln. Zu der Entwickelung bedürfen die Eier der Schildkröten nur<lb/> der Wärme des Erdbodens.</p><lb/> <p>Was nun die Art der Entwickelung anlangt, so habe ich an Schildkröten-<note place="right">Taf. IV.<lb/> Fig. 8.</note><lb/> Eiern aus der frühern Zeit gesehen, daſs auch hier der Embryo sich bildet, indem<lb/> der Keim sich in ein animalisches und ein vegetatives Blatt spaltet, daſs aus jenem<lb/> zwei Rückenwülste und zwei Bauchplatten sich ausbilden. Das Lagerungsver-<lb/> hältniſs ist jedoch in so fern verschieden, als sich die Rückenwülste beim Schlie-<lb/> ſsen so sehr nach unten drängen, daſs die Wirbelsaite tief unter die Ebene der<lb/> Bauchplatten zu liegen kommt. Damit hängt zusammen, daſs die Bauchplatten,<lb/> wenigstens im Rumpftheile, nah an der Schluſslinie der Rückenplatten angefügt<lb/> scheinen. Im Grunde aber ist die nächste Umgebung der Wirbelsaite beiden<lb/> Plattenpaaren gemeinschaftlich, und die freien Theile der Rückenwülste sind über-<lb/> aus schmal im Verhältniſs zu den sehr breiten Bauchplatten. Dieses Verhältniſs<lb/> scheint das Bedingende für die Verschiedenheit zwischen Vogel und Schildkröte <note xml:id="seg2pn_9_1" next="#seg2pn_9_2" place="foot" n="*)">In Taf. IV. Fig. 8. sicht man den Durchschnitt der Rückenplatten bei <hi rendition="#i">a</hi> und den Durchschnitt<lb/> der Bauchplatten bei <hi rendition="#i">b.</hi> Die darunter stehende Figur 9. soll aus dem Knochenbau der Sänge-</note>;<lb/> <fw place="bottom" type="sig">U 2</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [155/0165]
Vogel, so daſs man auf der innern Fläche sehr deutlich die ansehnlichen Gruben
sehen kann, in welche Verlängerungen der Schaalenhaut eingehen. Auch ist die
Schaale immer brüchiger und häufig wenigstens dünner, als bei Vogeleiern von
derselben Gröſse. Im eben gelegten Eie der europäischen Schildkröte fand ich
noch keinen Embryo, auch der Keim erschien mir lange nicht so bestimmt aus-
gebildet, als im Vogel, obgleich deutlich auf dem Dotter eine weiſsere Masse auf-
lag. Von den ersten durch mich untersuchten Eiern konnte ich freilich nicht
mit voller Sicherheit wissen, ob sie befruchtet waren, doch sprach die Wahr-
scheinlichkeit dafür, denn die Schildkröte war gefangen worden, indem sie ihre
Eier einzuscharren beschäftigt war. Später aber haben bei mir Schildkröten Eier
gelegt, die sich ausbildeten. Auch von dieser zeigten die gleich nach dem Legen
geöffneten keinen ausgebildeten Keim, der doch nach einigen Tagen da war.
Hiernach zweifle ich nicht, daſs der Keim sich erst nach dem Legen vollständig
ausbildet. Auf diese Möglichkeit weist das sehr späte Auftreten eines erkennba-
ren Embryo hin. Carus fand (Hecker’s Annalen 1829 Febr. S. 150.) vom 14ten
Juni bis zum ersten Juli die Entwickelung nur bis zur Bildung eines Gefäſsehofes
vorgeschritten, und ich sah an der europäischen Schildkröte sechs Tage nach
dem Legen den Rücken des Embryo noch nicht einmal vollständig geschlossen.
Erst am achten Tage war dieser Schluſs erfolgt. Auch aus den von Tiedemann
gesammelten Angaben über die Zeit, welche vom Legen der Eier bis zum Aus-
kriechen des Jungen verstreicht, geht hervor, daſs die Brütezeit länger währt
als bei Vögeln. Zu der Entwickelung bedürfen die Eier der Schildkröten nur
der Wärme des Erdbodens.
Was nun die Art der Entwickelung anlangt, so habe ich an Schildkröten-
Eiern aus der frühern Zeit gesehen, daſs auch hier der Embryo sich bildet, indem
der Keim sich in ein animalisches und ein vegetatives Blatt spaltet, daſs aus jenem
zwei Rückenwülste und zwei Bauchplatten sich ausbilden. Das Lagerungsver-
hältniſs ist jedoch in so fern verschieden, als sich die Rückenwülste beim Schlie-
ſsen so sehr nach unten drängen, daſs die Wirbelsaite tief unter die Ebene der
Bauchplatten zu liegen kommt. Damit hängt zusammen, daſs die Bauchplatten,
wenigstens im Rumpftheile, nah an der Schluſslinie der Rückenplatten angefügt
scheinen. Im Grunde aber ist die nächste Umgebung der Wirbelsaite beiden
Plattenpaaren gemeinschaftlich, und die freien Theile der Rückenwülste sind über-
aus schmal im Verhältniſs zu den sehr breiten Bauchplatten. Dieses Verhältniſs
scheint das Bedingende für die Verschiedenheit zwischen Vogel und Schildkröte *);
Taf. IV.
Fig. 8.
*) In Taf. IV. Fig. 8. sicht man den Durchschnitt der Rückenplatten bei a und den Durchschnitt
der Bauchplatten bei b. Die darunter stehende Figur 9. soll aus dem Knochenbau der Sänge-
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