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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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Uebereinstimmung) der Graaf'schen Bläschen mit den Dotterkugeln der Vögel zu
sprechen schien. Im ersten und zweiten Decennium des jetzigen Jahrhunderts be-
wiesen Oken*) und Meckel**), dass der Embryo der Säugethiere in der That
einen Dottersack habe, dass das Nabelbläschen des Menschen und die Erythrois
anderer Thiere nichts anders sein könnten und dass diese Theile in früherer Zeit
offen mit dem Darme communicirten, wie der Dottersack der Vögel. Auch die
andern Theile der Eihüllen zeigten eine Uebereinstimmung. Die Evidenz des Be-
weises wurde jedoch nicht allgemein anerkannt. Dutrochet und Cuvier führ-
ten die Analogie zwischen dem Säugethier-Ei und dem Vogel-Ei noch weiter
durch, und bewiesen insbesondere, dass die Allantois wie beim Vogel in Gemein-
schaft mit einer äussern Eihaut das Chorion bilde, Cuvier zweifelte aber (wie
schon früher Emmert und später Fleischmann) an der offenen Communication
des Nabelbläschens und der Erythrois mit dem Darme. Auch hatten beide die
Entstehungsweise der Allantois nicht auffinden können. ***) Ich verfolgte später
jene Bildungsweise der Allantois und des Chorions näher in ihrem Fortschreiten
nach den verschiedenen Formen, die sie annimmt, um zu beweisen, dass die Ver-
schiedenheit des Chorions durch den Fruchthälter bedingt werde +). Wie aber
die äussere Eihaut entstehe, hatten Dutrochet und Cuvier ganz unberührt
gelassen, eben so wie Prevost und Dumas, welche nicht nur wieder das Ei des
Hundes in den Eileitern gefunden, sondern die Aehnlichkeit des jüngern Säuge-
thier-Embryo mit dem Vogel-Embryo in vielen Einzelheiten nachgewiesen hat-
ten ++). Da ich das Ei im Graaf'schen Bläschen als sehr kleine Dotterkugel aufge-
funden hatte +++), war ich geneigt zu glauben, die äussere Eihaut sey eine ursprüng-
liche aus dem Eierstocke mitgenommene. Bald darauf aber gelang es mir an Huf-

*) Oken's und Kieser's Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Physiologie 1807. 4.
**) Wolff: Ueber die Bildung des Darmkanals im Hühnchen, übersetzt mit einleitender Abhand-
lung von
Meckel 1812. 8.
***) Cuvier, Memoires du Museum d'histoire naturelle Vol. III. (1817). Dutrochet
zuletzt in Mem. de la societe medicale d'emulation. Vol. IX. (1826).
+) Baer, Ueber die Gefässverbindung zwischen Mutter und Frucht. 1828. Gratulationsschrift zu
Sömmerrings Jubelfeier.
++) Annales des sciences naturelles. Tome III. p. 113. (1834).
+++) Baer, De ovi mammalium et hominis genesi Epistola 1827. XV. Dieses
Vorkommen des Eies innerhalb des Graaf'schen Bläschens ist seitdem von Sharpey,
Thomson
(Edinb. new philos. Journal 1830. Oct.) und Seiler (Die Gebärmutter und
das Ei des Menschen.
1832.) bestätigt worden. -- Auch darin findet es seine Bestätigung, dass
seit der Erscheinung meiner Schrift mehrere Naturforscher glauben, das Ei schon früher gesehen
und als solches erkannt zu haben. Herr Dr. Plagge hat zur Begründung seiner Ansprüche eine
besondere Abhandlung in Meckel's Archiv für Anat. u. Physiol. Jahrg. 1829. S. 193--202. ein-
gerückt, in welcher er nachzuweisen sich bestrebt, dass nicht nur von ihm das wahre Ei oder

Uebereinstimmung) der Graaf’schen Bläschen mit den Dotterkugeln der Vögel zu
sprechen schien. Im ersten und zweiten Decennium des jetzigen Jahrhunderts be-
wiesen Oken*) und Meckel**), daſs der Embryo der Säugethiere in der That
einen Dottersack habe, daſs das Nabelbläschen des Menschen und die Erythrois
anderer Thiere nichts anders sein könnten und daſs diese Theile in früherer Zeit
offen mit dem Darme communicirten, wie der Dottersack der Vögel. Auch die
andern Theile der Eihüllen zeigten eine Uebereinstimmung. Die Evidenz des Be-
weises wurde jedoch nicht allgemein anerkannt. Dutrochet und Cuvier führ-
ten die Analogie zwischen dem Säugethier-Ei und dem Vogel-Ei noch weiter
durch, und bewiesen insbesondere, daſs die Allantois wie beim Vogel in Gemein-
schaft mit einer äuſsern Eihaut das Chorion bilde, Cuvier zweifelte aber (wie
schon früher Emmert und später Fleischmann) an der offenen Communication
des Nabelbläschens und der Erythrois mit dem Darme. Auch hatten beide die
Entstehungsweise der Allantois nicht auffinden können. ***) Ich verfolgte später
jene Bildungsweise der Allantois und des Chorions näher in ihrem Fortschreiten
nach den verschiedenen Formen, die sie annimmt, um zu beweisen, daſs die Ver-
schiedenheit des Chorions durch den Fruchthälter bedingt werde †). Wie aber
die äuſsere Eihaut entstehe, hatten Dutrochet und Cuvier ganz unberührt
gelassen, eben so wie Prévost und Dumas, welche nicht nur wieder das Ei des
Hundes in den Eileitern gefunden, sondern die Aehnlichkeit des jüngern Säuge-
thier-Embryo mit dem Vogel-Embryo in vielen Einzelheiten nachgewiesen hat-
ten ††). Da ich das Ei im Graaf’schen Bläschen als sehr kleine Dotterkugel aufge-
funden hatte †††), war ich geneigt zu glauben, die äuſsere Eihaut sey eine ursprüng-
liche aus dem Eierstocke mitgenommene. Bald darauf aber gelang es mir an Huf-

*) Oken’s und Kieser’s Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Physiologie 1807. 4.
**) Wolff: Ueber die Bildung des Darmkanals im Hühnchen, übersetzt mit einleitender Abhand-
lung von
Meckel 1812. 8.
***) Cuvier, Mèmoires du Musèum d’histoire naturelle Vol. III. (1817). Dutrochet
zuletzt in Mem. de la socièté médicale d’émulation. Vol. IX. (1826).
†) Baer, Ueber die Gefäſsverbindung zwischen Mutter und Frucht. 1828. Gratulationsschrift zu
Sömmerrings Jubelfeier.
††) Annales des sciences naturelles. Tome III. p. 113. (1834).
†††) Baer, De ovi mammalium et hominis genesi Epistola 1827. XV. Dieses
Vorkommen des Eies innerhalb des Graaf’schen Bläschens ist seitdem von Sharpey,
Thomson
(Edinb. new philos. Journal 1830. Oct.) und Seiler (Die Gebärmutter und
das Ei des Menschen.
1832.) bestätigt worden. — Auch darin findet es seine Bestätigung, daſs
seit der Erscheinung meiner Schrift mehrere Naturforscher glauben, das Ei schon früher gesehen
und als solches erkannt zu haben. Herr Dr. Plagge hat zur Begründung seiner Ansprüche eine
besondere Abhandlung in Meckel’s Archiv für Anat. u. Physiol. Jahrg. 1829. S. 193—202. ein-
gerückt, in welcher er nachzuweisen sich bestrebt, daſs nicht nur von ihm das wahre Ei oder
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[173/0183] Uebereinstimmung) der Graaf’schen Bläschen mit den Dotterkugeln der Vögel zu sprechen schien. Im ersten und zweiten Decennium des jetzigen Jahrhunderts be- wiesen Oken *) und Meckel **), daſs der Embryo der Säugethiere in der That einen Dottersack habe, daſs das Nabelbläschen des Menschen und die Erythrois anderer Thiere nichts anders sein könnten und daſs diese Theile in früherer Zeit offen mit dem Darme communicirten, wie der Dottersack der Vögel. Auch die andern Theile der Eihüllen zeigten eine Uebereinstimmung. Die Evidenz des Be- weises wurde jedoch nicht allgemein anerkannt. Dutrochet und Cuvier führ- ten die Analogie zwischen dem Säugethier-Ei und dem Vogel-Ei noch weiter durch, und bewiesen insbesondere, daſs die Allantois wie beim Vogel in Gemein- schaft mit einer äuſsern Eihaut das Chorion bilde, Cuvier zweifelte aber (wie schon früher Emmert und später Fleischmann) an der offenen Communication des Nabelbläschens und der Erythrois mit dem Darme. Auch hatten beide die Entstehungsweise der Allantois nicht auffinden können. ***) Ich verfolgte später jene Bildungsweise der Allantois und des Chorions näher in ihrem Fortschreiten nach den verschiedenen Formen, die sie annimmt, um zu beweisen, daſs die Ver- schiedenheit des Chorions durch den Fruchthälter bedingt werde †). Wie aber die äuſsere Eihaut entstehe, hatten Dutrochet und Cuvier ganz unberührt gelassen, eben so wie Prévost und Dumas, welche nicht nur wieder das Ei des Hundes in den Eileitern gefunden, sondern die Aehnlichkeit des jüngern Säuge- thier-Embryo mit dem Vogel-Embryo in vielen Einzelheiten nachgewiesen hat- ten ††). Da ich das Ei im Graaf’schen Bläschen als sehr kleine Dotterkugel aufge- funden hatte †††), war ich geneigt zu glauben, die äuſsere Eihaut sey eine ursprüng- liche aus dem Eierstocke mitgenommene. Bald darauf aber gelang es mir an Huf- *) Oken’s und Kieser’s Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Physiologie 1807. 4. **) Wolff: Ueber die Bildung des Darmkanals im Hühnchen, übersetzt mit einleitender Abhand- lung von Meckel 1812. 8. ***) Cuvier, Mèmoires du Musèum d’histoire naturelle Vol. III. (1817). Dutrochet zuletzt in Mem. de la socièté médicale d’émulation. Vol. IX. (1826). †) Baer, Ueber die Gefäſsverbindung zwischen Mutter und Frucht. 1828. Gratulationsschrift zu Sömmerrings Jubelfeier. ††) Annales des sciences naturelles. Tome III. p. 113. (1834). †††) Baer, De ovi mammalium et hominis genesi Epistola 1827. XV. Dieses Vorkommen des Eies innerhalb des Graaf’schen Bläschens ist seitdem von Sharpey, Thomson (Edinb. new philos. Journal 1830. Oct.) und Seiler (Die Gebärmutter und das Ei des Menschen. 1832.) bestätigt worden. — Auch darin findet es seine Bestätigung, daſs seit der Erscheinung meiner Schrift mehrere Naturforscher glauben, das Ei schon früher gesehen und als solches erkannt zu haben. Herr Dr. Plagge hat zur Begründung seiner Ansprüche eine besondere Abhandlung in Meckel’s Archiv für Anat. u. Physiol. Jahrg. 1829. S. 193—202. ein- gerückt, in welcher er nachzuweisen sich bestrebt, daſs nicht nur von ihm das wahre Ei oder

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/183>, abgerufen am 21.11.2024.