Keimlager als die Kapseln sind, aber derber als in den genannten Thieren. Zum Theil aus diesem Grunde und zum Theil weil die Kapseln kleiner sind, und ihr Inhalt zur Zeit der Paarung lange nicht so sehr sich mehrt, als bei den Vögeln, kommt es, dass ein Eierstock von Säugethieren niemals ganz so das Ansehen einer Traube hat, als der reife Eierstock eines Vogels. Die reifen Kapseln treten zwar auch aus dem Keimlager, die Masse desselben zur Seite drängend, mehr hervor, als die unreifen, nie aber ziehen sie das zu feste Keimlager in einen wirklichen Stiel heraus. Sie haben also in dieser Hinsicht mehr das Ansehen von noch unent- wickelten Eierstöckeu von Vögeln und Reptilien. Indessen zeigen die Formen, welche die Eierstöcke in den einzelnen Familien annehmnn, eine allmählige Stu- fenfolge bis zu der im Menschen vorkommenden Form, wo alle äussere Unebenhei- ten schwinden und das an Masse vorherrschende Keimlager einen länglich runden etwas flach gedrückten Körper bildet. Bei Nagern und Insektenfressern ragen die Kapseln noch weit genug vor, um dem Eierstocke die Form einer Maulbeere zu geben. Etwas weniger sind sie in Schweinen vorragend, noch weniger in Raub- thieren und Wiederkäuern, in denen nur die reifen Kapseln mit einem Theile ihres Umfanges die Oberfläche des Keimlagers sich erheben. Am tiefsten sind nächst dem Menschen die Kapseln in dem Eierstocke der Affen eingesenkt. Man sieht, dass auch die Zahl der vorräthigen Kapseln oder die Productionsfähigkeit des Thiers auf die Form des Eierstockes Einfluss hat. -- Wie das Keimlager, so sind auch die Kapseln fester in dem Eierstocke der Säugethiere als der Vögel. Sie werden ebenfalls von einer doppelten Haut gebildet, einer äussern, sehr dünnen, aus flachgedrücktem Zellstoff bestehenden, und einer innern, dickern, die bei star- ker Vergrösserung Unebenheiten und ein weiches Gewebe mit verdünnten Stellen zeigt. In ihr endigen viele Blutgefässe, wie feine Injectionen zeigen. So sind also die Kapseln denen des Vogels ähnlich gebaut (§. 3. b.). Immer aber ist die Narbe, durch welche eine solche Kapsel sich öffnet, sehr viel kürzer als in Vögeln und Amphibien. Wenn man sie vor der Eröffung erkennt, so sieht sie wie ein kleiner unregelmässiger Flecken aus. Nach der Eröffung ist der Eingang immer sehr klein, meist gerissen, zuweilen etwas spaltförmig, doch immer kurz.
Wie bei den früher besprochenen Thierklassen sind auch bei den Säugethieren die das Ei fortleitenden Organe von den Eierstöcken getrennt. Die beiden Eileiter nämlich, hier gewöhnlich Muttertrompeten oder Fallopische Röhren genannt, mün- den mit trichterförmigen Oeffnungen frei in die Bauchhöhle. Dies ist wenigstens die Grundform, die freilich einige Variationen erleidet. Die Eileiter sind nämlich durch eine Falte des Bauchfelles, die sehr deutliche Muskelfasern enthält, an den Fruchthälter befestigt und mehr von der Bauchwand gesondert als dieselben Theile
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Keimlager als die Kapseln sind, aber derber als in den genannten Thieren. Zum Theil aus diesem Grunde und zum Theil weil die Kapseln kleiner sind, und ihr Inhalt zur Zeit der Paarung lange nicht so sehr sich mehrt, als bei den Vögeln, kommt es, daſs ein Eierstock von Säugethieren niemals ganz so das Ansehen einer Traube hat, als der reife Eierstock eines Vogels. Die reifen Kapseln treten zwar auch aus dem Keimlager, die Masse desselben zur Seite drängend, mehr hervor, als die unreifen, nie aber ziehen sie das zu feste Keimlager in einen wirklichen Stiel heraus. Sie haben also in dieser Hinsicht mehr das Ansehen von noch unent- wickelten Eierstöckeu von Vögeln und Reptilien. Indessen zeigen die Formen, welche die Eierstöcke in den einzelnen Familien annehmnn, eine allmählige Stu- fenfolge bis zu der im Menschen vorkommenden Form, wo alle äuſsere Unebenhei- ten schwinden und das an Masse vorherrschende Keimlager einen länglich runden etwas flach gedrückten Körper bildet. Bei Nagern und Insektenfressern ragen die Kapseln noch weit genug vor, um dem Eierstocke die Form einer Maulbeere zu geben. Etwas weniger sind sie in Schweinen vorragend, noch weniger in Raub- thieren und Wiederkäuern, in denen nur die reifen Kapseln mit einem Theile ihres Umfanges die Oberfläche des Keimlagers sich erheben. Am tiefsten sind nächst dem Menschen die Kapseln in dem Eierstocke der Affen eingesenkt. Man sieht, daſs auch die Zahl der vorräthigen Kapseln oder die Productionsfähigkeit des Thiers auf die Form des Eierstockes Einfluſs hat. — Wie das Keimlager, so sind auch die Kapseln fester in dem Eierstocke der Säugethiere als der Vögel. Sie werden ebenfalls von einer doppelten Haut gebildet, einer äuſsern, sehr dünnen, aus flachgedrücktem Zellstoff bestehenden, und einer innern, dickern, die bei star- ker Vergröſserung Unebenheiten und ein weiches Gewebe mit verdünnten Stellen zeigt. In ihr endigen viele Blutgefäſse, wie feine Injectionen zeigen. So sind also die Kapseln denen des Vogels ähnlich gebaut (§. 3. b.). Immer aber ist die Narbe, durch welche eine solche Kapsel sich öffnet, sehr viel kürzer als in Vögeln und Amphibien. Wenn man sie vor der Eröffung erkennt, so sieht sie wie ein kleiner unregelmäſsiger Flecken aus. Nach der Eröffung ist der Eingang immer sehr klein, meist gerissen, zuweilen etwas spaltförmig, doch immer kurz.
Wie bei den früher besprochenen Thierklassen sind auch bei den Säugethieren die das Ei fortleitenden Organe von den Eierstöcken getrennt. Die beiden Eileiter nämlich, hier gewöhnlich Muttertrompeten oder Fallopische Röhren genannt, mün- den mit trichterförmigen Oeffnungen frei in die Bauchhöhle. Dies ist wenigstens die Grundform, die freilich einige Variationen erleidet. Die Eileiter sind nämlich durch eine Falte des Bauchfelles, die sehr deutliche Muskelfasern enthält, an den Fruchthälter befestigt und mehr von der Bauchwand gesondert als dieselben Theile
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Keimlager als die Kapseln sind, aber derber als in den genannten Thieren. Zum
Theil aus diesem Grunde und zum Theil weil die Kapseln kleiner sind, und ihr
Inhalt zur Zeit der Paarung lange nicht so sehr sich mehrt, als bei den Vögeln,
kommt es, daſs ein Eierstock von Säugethieren niemals ganz so das Ansehen einer
Traube hat, als der reife Eierstock eines Vogels. Die reifen Kapseln treten zwar
auch aus dem Keimlager, die Masse desselben zur Seite drängend, mehr hervor,
als die unreifen, nie aber ziehen sie das zu feste Keimlager in einen wirklichen
Stiel heraus. Sie haben also in dieser Hinsicht mehr das Ansehen von noch unent-
wickelten Eierstöckeu von Vögeln und Reptilien. Indessen zeigen die Formen,
welche die Eierstöcke in den einzelnen Familien annehmnn, eine allmählige Stu-
fenfolge bis zu der im Menschen vorkommenden Form, wo alle äuſsere Unebenhei-
ten schwinden und das an Masse vorherrschende Keimlager einen länglich runden
etwas flach gedrückten Körper bildet. Bei Nagern und Insektenfressern ragen die
Kapseln noch weit genug vor, um dem Eierstocke die Form einer Maulbeere zu
geben. Etwas weniger sind sie in Schweinen vorragend, noch weniger in Raub-
thieren und Wiederkäuern, in denen nur die reifen Kapseln mit einem Theile
ihres Umfanges die Oberfläche des Keimlagers sich erheben. Am tiefsten sind
nächst dem Menschen die Kapseln in dem Eierstocke der Affen eingesenkt. Man
sieht, daſs auch die Zahl der vorräthigen Kapseln oder die Productionsfähigkeit
des Thiers auf die Form des Eierstockes Einfluſs hat. — Wie das Keimlager, so
sind auch die Kapseln fester in dem Eierstocke der Säugethiere als der Vögel. Sie
werden ebenfalls von einer doppelten Haut gebildet, einer äuſsern, sehr dünnen,
aus flachgedrücktem Zellstoff bestehenden, und einer innern, dickern, die bei star-
ker Vergröſserung Unebenheiten und ein weiches Gewebe mit verdünnten Stellen
zeigt. In ihr endigen viele Blutgefäſse, wie feine Injectionen zeigen. So sind
also die Kapseln denen des Vogels ähnlich gebaut (§. 3. b.). Immer aber ist die
Narbe, durch welche eine solche Kapsel sich öffnet, sehr viel kürzer als in Vögeln
und Amphibien. Wenn man sie vor der Eröffung erkennt, so sieht sie wie ein
kleiner unregelmäſsiger Flecken aus. Nach der Eröffung ist der Eingang immer
sehr klein, meist gerissen, zuweilen etwas spaltförmig, doch immer kurz.
Wie bei den früher besprochenen Thierklassen sind auch bei den Säugethieren
die das Ei fortleitenden Organe von den Eierstöcken getrennt. Die beiden Eileiter
nämlich, hier gewöhnlich Muttertrompeten oder Fallopische Röhren genannt, mün-
den mit trichterförmigen Oeffnungen frei in die Bauchhöhle. Dies ist wenigstens die
Grundform, die freilich einige Variationen erleidet. Die Eileiter sind nämlich
durch eine Falte des Bauchfelles, die sehr deutliche Muskelfasern enthält, an den
Fruchthälter befestigt und mehr von der Bauchwand gesondert als dieselben Theile
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/187>, abgerufen am 21.11.2024.
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