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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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chem das Blut in venösen Kanälen zurückkehrt, nachdem es in diesen Netzen
einige Zeit an den Gefässnetzen des Eies vorbeigeströmt ist. Ich habe sogar deut-
lich gesehen, dass Blutgefässe der Mutter bei Wiederkäuern in die Zotten des Eies,
so lange diese noch jung sind, eingehen, an der Oberfläche der Zotten einige Zeit
verlaufen, dann aber umkehren, ohne durch das Bildungsgewebe der Zotten bis
zu deren Blutgefässe vorgedrungen zu seyn.

Dass aber sonst die Blutgefässe des Fruchthälters die Fähigkeit haben, in Bil-
dungsgewebe, das nicht unmittelbar zur Substanz dieses Organes gehört, einzu-
dringen, haben wir bei Gelegenheit der sogenannten hinfälligen Haut gesehen.
Das eben Gesagte aber lehrt, dass diese Fähigkeit weiter zu dringen sogleich auf-
hört, wenn das mütterliche Blut ganz nah an das Blut des Embryo gekommen ist.
Erinnern wir uns nun, dass auch die Zotten des Eies nur da Blutnetze in sich aus-
bilden, wo sie eng an der innern Wand des Fruchthälters anliegen, so können
wir wohl aus der so eben gegebenen Darstellung den Schluss ziehen, dass das Blut
des Embryo und des Fruchthälters sich gegenseitig anzieht, dass aber jedes, so wie
es in die Nähe des andern gekommen ist, sich in dieser Nähe fortbewegt und bald
zurückgestossen wird. Es muss also wohl mit beiderlei Blut eine Veränderung
vorgegangen seyn, und diese Veränderung ist eine Athmung zu nennen, mag nun
das Embryonenblut entkohlt werden, was immer das Wahrscheinlichste ist, oder
nicht.

Als gewiss kann man also ansehen, dass die Nabelgefässe und ihre Entwik-
kelungen im Fruchtkuchen die Athmung des Embryo der Säugethiere bewirken,
wie denn auch der Augenschein an dem Eie der Vögel lehrt, dass die Nabelvene
helleres Blut zurückführt als die Nabelarterien aus dem Embryo geführt haben.
Ein solcher Unterschied ist in der Färbung des Bluts der Säugethier-Embryonen
nicht zu bemerken. Es hat sogar das Ansehen, als ob das Blut in den Arterien
dunkler wäre. Doch rührt dieses dunklere Ansehen wohl von den viel dickern
Wänden der Arterien her.

y. Ernäh-
rung des Eies.

Allein, ob auf demselben Wege auch der Nahrungsstoff aufgenommen wird,
ist eine Frage, die sich nicht mit solcher Zuversicht beantworten lässt. -- Zu-
vörderst ist unläugbar, dass das Ei rasch wächst, noch ehe es Blutgesässe auf sei-
ner Oberfläche hat. Es dringt also die Feuchtigkeit des Fruchthälters durch die
äussere Eihaut hindurch. Eben so dringt die Flüssigkeit, welche unter die äussere
Eihaut gelangt, weiter unter die seröse Hülle, die in kurzer Zeit sich weit von
dem eigentlichen Dottersacke abhebt. Bis hierher trifft die thierische Flüssigkeit
gar keine Kanäle, welche fortleiten könnten. Es dringt aber die Flüssigkeit offen-
bar auch in den Dotter, da die Quantität desselben sich mehrt und er flüssiger

chem das Blut in venösen Kanälen zurückkehrt, nachdem es in diesen Netzen
einige Zeit an den Gefäſsnetzen des Eies vorbeigeströmt ist. Ich habe sogar deut-
lich gesehen, daſs Blutgefäſse der Mutter bei Wiederkäuern in die Zotten des Eies,
so lange diese noch jung sind, eingehen, an der Oberfläche der Zotten einige Zeit
verlaufen, dann aber umkehren, ohne durch das Bildungsgewebe der Zotten bis
zu deren Blutgefäſse vorgedrungen zu seyn.

Daſs aber sonst die Blutgefäſse des Fruchthälters die Fähigkeit haben, in Bil-
dungsgewebe, das nicht unmittelbar zur Substanz dieses Organes gehört, einzu-
dringen, haben wir bei Gelegenheit der sogenannten hinfälligen Haut gesehen.
Das eben Gesagte aber lehrt, daſs diese Fähigkeit weiter zu dringen sogleich auf-
hört, wenn das mütterliche Blut ganz nah an das Blut des Embryo gekommen ist.
Erinnern wir uns nun, daſs auch die Zotten des Eies nur da Blutnetze in sich aus-
bilden, wo sie eng an der innern Wand des Fruchthälters anliegen, so können
wir wohl aus der so eben gegebenen Darstellung den Schluſs ziehen, daſs das Blut
des Embryo und des Fruchthälters sich gegenseitig anzieht, daſs aber jedes, so wie
es in die Nähe des andern gekommen ist, sich in dieser Nähe fortbewegt und bald
zurückgestoſsen wird. Es muſs also wohl mit beiderlei Blut eine Veränderung
vorgegangen seyn, und diese Veränderung ist eine Athmung zu nennen, mag nun
das Embryonenblut entkohlt werden, was immer das Wahrscheinlichste ist, oder
nicht.

Als gewiſs kann man also ansehen, daſs die Nabelgefäſse und ihre Entwik-
kelungen im Fruchtkuchen die Athmung des Embryo der Säugethiere bewirken,
wie denn auch der Augenschein an dem Eie der Vögel lehrt, daſs die Nabelvene
helleres Blut zurückführt als die Nabelarterien aus dem Embryo geführt haben.
Ein solcher Unterschied ist in der Färbung des Bluts der Säugethier-Embryonen
nicht zu bemerken. Es hat sogar das Ansehen, als ob das Blut in den Arterien
dunkler wäre. Doch rührt dieses dunklere Ansehen wohl von den viel dickern
Wänden der Arterien her.

y. Ernäh-
rung des Eies.

Allein, ob auf demselben Wege auch der Nahrungsstoff aufgenommen wird,
ist eine Frage, die sich nicht mit solcher Zuversicht beantworten läſst. — Zu-
vörderst ist unläugbar, daſs das Ei rasch wächst, noch ehe es Blutgeſäſse auf sei-
ner Oberfläche hat. Es dringt also die Feuchtigkeit des Fruchthälters durch die
äuſsere Eihaut hindurch. Eben so dringt die Flüssigkeit, welche unter die äuſsere
Eihaut gelangt, weiter unter die seröse Hülle, die in kurzer Zeit sich weit von
dem eigentlichen Dottersacke abhebt. Bis hierher trifft die thierische Flüssigkeit
gar keine Kanäle, welche fortleiten könnten. Es dringt aber die Flüssigkeit offen-
bar auch in den Dotter, da die Quantität desselben sich mehrt und er flüssiger

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[206/0216] chem das Blut in venösen Kanälen zurückkehrt, nachdem es in diesen Netzen einige Zeit an den Gefäſsnetzen des Eies vorbeigeströmt ist. Ich habe sogar deut- lich gesehen, daſs Blutgefäſse der Mutter bei Wiederkäuern in die Zotten des Eies, so lange diese noch jung sind, eingehen, an der Oberfläche der Zotten einige Zeit verlaufen, dann aber umkehren, ohne durch das Bildungsgewebe der Zotten bis zu deren Blutgefäſse vorgedrungen zu seyn. Daſs aber sonst die Blutgefäſse des Fruchthälters die Fähigkeit haben, in Bil- dungsgewebe, das nicht unmittelbar zur Substanz dieses Organes gehört, einzu- dringen, haben wir bei Gelegenheit der sogenannten hinfälligen Haut gesehen. Das eben Gesagte aber lehrt, daſs diese Fähigkeit weiter zu dringen sogleich auf- hört, wenn das mütterliche Blut ganz nah an das Blut des Embryo gekommen ist. Erinnern wir uns nun, daſs auch die Zotten des Eies nur da Blutnetze in sich aus- bilden, wo sie eng an der innern Wand des Fruchthälters anliegen, so können wir wohl aus der so eben gegebenen Darstellung den Schluſs ziehen, daſs das Blut des Embryo und des Fruchthälters sich gegenseitig anzieht, daſs aber jedes, so wie es in die Nähe des andern gekommen ist, sich in dieser Nähe fortbewegt und bald zurückgestoſsen wird. Es muſs also wohl mit beiderlei Blut eine Veränderung vorgegangen seyn, und diese Veränderung ist eine Athmung zu nennen, mag nun das Embryonenblut entkohlt werden, was immer das Wahrscheinlichste ist, oder nicht. Als gewiſs kann man also ansehen, daſs die Nabelgefäſse und ihre Entwik- kelungen im Fruchtkuchen die Athmung des Embryo der Säugethiere bewirken, wie denn auch der Augenschein an dem Eie der Vögel lehrt, daſs die Nabelvene helleres Blut zurückführt als die Nabelarterien aus dem Embryo geführt haben. Ein solcher Unterschied ist in der Färbung des Bluts der Säugethier-Embryonen nicht zu bemerken. Es hat sogar das Ansehen, als ob das Blut in den Arterien dunkler wäre. Doch rührt dieses dunklere Ansehen wohl von den viel dickern Wänden der Arterien her. Allein, ob auf demselben Wege auch der Nahrungsstoff aufgenommen wird, ist eine Frage, die sich nicht mit solcher Zuversicht beantworten läſst. — Zu- vörderst ist unläugbar, daſs das Ei rasch wächst, noch ehe es Blutgeſäſse auf sei- ner Oberfläche hat. Es dringt also die Feuchtigkeit des Fruchthälters durch die äuſsere Eihaut hindurch. Eben so dringt die Flüssigkeit, welche unter die äuſsere Eihaut gelangt, weiter unter die seröse Hülle, die in kurzer Zeit sich weit von dem eigentlichen Dottersacke abhebt. Bis hierher trifft die thierische Flüssigkeit gar keine Kanäle, welche fortleiten könnten. Es dringt aber die Flüssigkeit offen- bar auch in den Dotter, da die Quantität desselben sich mehrt und er flüssiger

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/216>, abgerufen am 21.11.2024.