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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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er einst, seiner Ansicht vom Durchlaufen durch die Bildung niederer Thiere zu
Liebe, vermuthete (Path. Anat. I. S. 513), dass auch der Magen des Menschen
in früher Zeit die Theilung des Magens der Wiederkäuer durchlaufe.

cc. Gefäss-
system.

Das Herz sah ich im Anfange wie im Vogel, auch als einen zweischenk-
ligen Kanal. Es treibt, indem es sich verkürzt, ebenfalls 5 Gefässbogen allmäh-
lig heraus, die in zwei Aortenwurzeln übergehen. Aber die weitere Umbildung
ist verschieden. Die Herzkammer schreitet in ihrer Ausbeugung nach rechts wei-
ter vor. Diess hat die Folge, dass, wenn die Scheidewand auftritt, beide nun
werdende Kammern gleich Anfangs mehr neben einander und mehr getrennt er-
scheinen und der Strom aus der rechten Herzkammer mehr gegen den 5ten Gefäss-
bogen der linken Seite als gegen den 4ten gerichtet ist, der Blutstrom aus der
linken Kammer mehr gegen den 4ten Bogen der linken Seite als gegen denselben
Bogen der rechten Seite, wie im Vogel. So wird hier der Uebergang des Blutes
nach der linken Seite immer stärker, und aus dem 4ten linken Gefässbogen und der
linken Wurzel der Aorta wird der Bogen der Aorta gebildet (beim Vogel aber aus
der rechten Seite). Auch glaubte ich mit ziemlicher Sicherheit zu sehen, dass
hier die beiden letzten Gefässbogen sich in die Lunge verzweigten und Lungen-
schlagadern wurden *), nachdem die Fortsetzung des linken 5ten Bogens wegen

*) Ich kann daher nicht ganz Allen Thomson beistimmen, der, mit einer bei Engländern noch
nicht gesehenen Kenntniss auch der schwierigern deutschen Untersuchungen, eine Darstellung von
der Bildungsgeschichte der Arterienstämme gegeben hat. In der ersten Arbeit, die der Verfasser
mir zu übersenden die Güte hatte, erklärt er sich nicht näher über die Entstehungsweise der Ar-
terienstämme der Säugethiere. In einer zweiten ausführlichern, welche sich in den Nummern
639, 640, 767, 768 und 769 von Froriep's Notizen findet, copirt er dieselbe Figur, welche ich
zu Burdach's Physiologie zum Verständniss der Umwandlung des Kiemen-Gefässsystems der Vö-
gel gegeben hatte, zuerst für diese, und dann giebt er sie für die Säugethiere, indem hier bloss
das links dargestellt wird, was dort rechts war. Da ich nun seitdem mich überzeugt habe, dass
die Arterie, welche ich als rücklaufende Aortenwurzel erkannt hatte, die Wirbelschlagader ist,
so gebe ich hier auf Taf. IV. Fig. 14 eine neue Darstellung von der Umwandlung des Kiemen-
Gefässsystems in die bleibenden Arterien der Säugethiere. Ich muss nur bedauern, dass eine
solche einzelne Abbildung nicht die ganze Umwandlungsweise anschaulich machen kann, da bei
der Lagenveränderung des Herzens immerfort die Richtung der Blutströme und selbst die äussere
Form der Gefässbogen verändert wird. So wird man diese Abbildung, wenn man sich die all-
mählige Umformung wie ich sie im ersten Bande bei Gelegenheit des Hühnchens ausführlich be-
schrieben habe, nicht geläufig gemacht hat, schwerlich ansehen, wie so lange beide Blutströme
noch in einem Kanale verliefen, der Strom aus der rechten Kammer auch den vierten Bogen (den
bleibenden Bogen der Aorta) so wie die vordern Arterienstämme unmittelbar gespeist hat. Doch
will ich die Erklärung versuchen: a also ist der ursprüngliche einzige Arterienstamm, der spä-
ter, indem er sich in zwei Kanäle ausfurcht, nach hinten ein sackförmiges Ansehen hat. Aus ihm
gehen fünf Paar Gefässbogen in zwei Wurzeln der Aorta (b und b) über. Was von diesen Bogen
sich sehr früh schliesst, ist mit punktirten Linien angedeutet; was länger bleibt, hat eine dünne
rothe Linie; was sich erhält, einen vollen rothen Strom. Nun ist aber das Bleibende verschieden

er einst, seiner Ansicht vom Durchlaufen durch die Bildung niederer Thiere zu
Liebe, vermuthete (Path. Anat. I. S. 513), daſs auch der Magen des Menschen
in früher Zeit die Theilung des Magens der Wiederkäuer durchlaufe.

cc. Gefäſs-
system.

Das Herz sah ich im Anfange wie im Vogel, auch als einen zweischenk-
ligen Kanal. Es treibt, indem es sich verkürzt, ebenfalls 5 Gefäſsbogen allmäh-
lig heraus, die in zwei Aortenwurzeln übergehen. Aber die weitere Umbildung
ist verschieden. Die Herzkammer schreitet in ihrer Ausbeugung nach rechts wei-
ter vor. Dieſs hat die Folge, daſs, wenn die Scheidewand auftritt, beide nun
werdende Kammern gleich Anfangs mehr neben einander und mehr getrennt er-
scheinen und der Strom aus der rechten Herzkammer mehr gegen den 5ten Gefäſs-
bogen der linken Seite als gegen den 4ten gerichtet ist, der Blutstrom aus der
linken Kammer mehr gegen den 4ten Bogen der linken Seite als gegen denselben
Bogen der rechten Seite, wie im Vogel. So wird hier der Uebergang des Blutes
nach der linken Seite immer stärker, und aus dem 4ten linken Gefäſsbogen und der
linken Wurzel der Aorta wird der Bogen der Aorta gebildet (beim Vogel aber aus
der rechten Seite). Auch glaubte ich mit ziemlicher Sicherheit zu sehen, daſs
hier die beiden letzten Gefäſsbogen sich in die Lunge verzweigten und Lungen-
schlagadern wurden *), nachdem die Fortsetzung des linken 5ten Bogens wegen

*) Ich kann daher nicht ganz Allen Thomson beistimmen, der, mit einer bei Engländern noch
nicht gesehenen Kenntniſs auch der schwierigern deutschen Untersuchungen, eine Darstellung von
der Bildungsgeschichte der Arterienstämme gegeben hat. In der ersten Arbeit, die der Verfasser
mir zu übersenden die Güte hatte, erklärt er sich nicht näher über die Entstehungsweise der Ar-
terienstämme der Säugethiere. In einer zweiten ausführlichern, welche sich in den Nummern
639, 640, 767, 768 und 769 von Froriep’s Notizen findet, copirt er dieselbe Figur, welche ich
zu Burdach’s Physiologie zum Verständniſs der Umwandlung des Kiemen-Gefäſssystems der Vö-
gel gegeben hatte, zuerst für diese, und dann giebt er sie für die Säugethiere, indem hier bloſs
das links dargestellt wird, was dort rechts war. Da ich nun seitdem mich überzeugt habe, daſs
die Arterie, welche ich als rücklaufende Aortenwurzel erkannt hatte, die Wirbelschlagader ist,
so gebe ich hier auf Taf. IV. Fig. 14 eine neue Darstellung von der Umwandlung des Kiemen-
Gefäſssystems in die bleibenden Arterien der Säugethiere. Ich muſs nur bedauern, daſs eine
solche einzelne Abbildung nicht die ganze Umwandlungsweise anschaulich machen kann, da bei
der Lagenveränderung des Herzens immerfort die Richtung der Blutströme und selbst die äuſsere
Form der Gefäſsbogen verändert wird. So wird man diese Abbildung, wenn man sich die all-
mählige Umformung wie ich sie im ersten Bande bei Gelegenheit des Hühnchens ausführlich be-
schrieben habe, nicht geläufig gemacht hat, schwerlich ansehen, wie so lange beide Blutströme
noch in einem Kanale verliefen, der Strom aus der rechten Kammer auch den vierten Bogen (den
bleibenden Bogen der Aorta) so wie die vordern Arterienstämme unmittelbar gespeist hat. Doch
will ich die Erklärung versuchen: a also ist der ursprüngliche einzige Arterienstamm, der spä-
ter, indem er sich in zwei Kanäle ausfurcht, nach hinten ein sackförmiges Ansehen hat. Aus ihm
gehen fünf Paar Gefäſsbogen in zwei Wurzeln der Aorta (b und b) über. Was von diesen Bogen
sich sehr früh schlieſst, ist mit punktirten Linien angedeutet; was länger bleibt, hat eine dünne
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[212/0222] er einst, seiner Ansicht vom Durchlaufen durch die Bildung niederer Thiere zu Liebe, vermuthete (Path. Anat. I. S. 513), daſs auch der Magen des Menschen in früher Zeit die Theilung des Magens der Wiederkäuer durchlaufe. Das Herz sah ich im Anfange wie im Vogel, auch als einen zweischenk- ligen Kanal. Es treibt, indem es sich verkürzt, ebenfalls 5 Gefäſsbogen allmäh- lig heraus, die in zwei Aortenwurzeln übergehen. Aber die weitere Umbildung ist verschieden. Die Herzkammer schreitet in ihrer Ausbeugung nach rechts wei- ter vor. Dieſs hat die Folge, daſs, wenn die Scheidewand auftritt, beide nun werdende Kammern gleich Anfangs mehr neben einander und mehr getrennt er- scheinen und der Strom aus der rechten Herzkammer mehr gegen den 5ten Gefäſs- bogen der linken Seite als gegen den 4ten gerichtet ist, der Blutstrom aus der linken Kammer mehr gegen den 4ten Bogen der linken Seite als gegen denselben Bogen der rechten Seite, wie im Vogel. So wird hier der Uebergang des Blutes nach der linken Seite immer stärker, und aus dem 4ten linken Gefäſsbogen und der linken Wurzel der Aorta wird der Bogen der Aorta gebildet (beim Vogel aber aus der rechten Seite). Auch glaubte ich mit ziemlicher Sicherheit zu sehen, daſs hier die beiden letzten Gefäſsbogen sich in die Lunge verzweigten und Lungen- schlagadern wurden *), nachdem die Fortsetzung des linken 5ten Bogens wegen *) Ich kann daher nicht ganz Allen Thomson beistimmen, der, mit einer bei Engländern noch nicht gesehenen Kenntniſs auch der schwierigern deutschen Untersuchungen, eine Darstellung von der Bildungsgeschichte der Arterienstämme gegeben hat. In der ersten Arbeit, die der Verfasser mir zu übersenden die Güte hatte, erklärt er sich nicht näher über die Entstehungsweise der Ar- terienstämme der Säugethiere. In einer zweiten ausführlichern, welche sich in den Nummern 639, 640, 767, 768 und 769 von Froriep’s Notizen findet, copirt er dieselbe Figur, welche ich zu Burdach’s Physiologie zum Verständniſs der Umwandlung des Kiemen-Gefäſssystems der Vö- gel gegeben hatte, zuerst für diese, und dann giebt er sie für die Säugethiere, indem hier bloſs das links dargestellt wird, was dort rechts war. Da ich nun seitdem mich überzeugt habe, daſs die Arterie, welche ich als rücklaufende Aortenwurzel erkannt hatte, die Wirbelschlagader ist, so gebe ich hier auf Taf. IV. Fig. 14 eine neue Darstellung von der Umwandlung des Kiemen- Gefäſssystems in die bleibenden Arterien der Säugethiere. Ich muſs nur bedauern, daſs eine solche einzelne Abbildung nicht die ganze Umwandlungsweise anschaulich machen kann, da bei der Lagenveränderung des Herzens immerfort die Richtung der Blutströme und selbst die äuſsere Form der Gefäſsbogen verändert wird. So wird man diese Abbildung, wenn man sich die all- mählige Umformung wie ich sie im ersten Bande bei Gelegenheit des Hühnchens ausführlich be- schrieben habe, nicht geläufig gemacht hat, schwerlich ansehen, wie so lange beide Blutströme noch in einem Kanale verliefen, der Strom aus der rechten Kammer auch den vierten Bogen (den bleibenden Bogen der Aorta) so wie die vordern Arterienstämme unmittelbar gespeist hat. Doch will ich die Erklärung versuchen: a also ist der ursprüngliche einzige Arterienstamm, der spä- ter, indem er sich in zwei Kanäle ausfurcht, nach hinten ein sackförmiges Ansehen hat. Aus ihm gehen fünf Paar Gefäſsbogen in zwei Wurzeln der Aorta (b und b) über. Was von diesen Bogen sich sehr früh schlieſst, ist mit punktirten Linien angedeutet; was länger bleibt, hat eine dünne rothe Linie; was sich erhält, einen vollen rothen Strom. Nun ist aber das Bleibende verschieden

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/222>, abgerufen am 21.11.2024.