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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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vielen Säugethieren der Dottergang mit den Gefässen des Dottersackes früh ab-
stirbt. --

Der Nabelstrang ist offenbar am längsten beim Menschen, nächst diesem
bei den Affen, und so fort ziemlich nach dem Verhältnisse der Menschenähnlich-
keit, doch ist er bei Nagern kürzer zu nennen, als bei Hufthieren.

Der Nabelstrang ist mehr oder weniger gedreht, und diese Bemerkung nö-
thigt mich noch etwas von der Lage des Embryo zu sagen, was ich bisher ab-
sichtlich vermieden habe, um Ihnen die Vergleichung des Vogel-Eies mit dem
Ei der Säugethiere zu erleichtern.

nn. Lage des
Embryo.

Vor allen Dingen liegt der Embryo der Säugethiere im Mitteltheile oder
Körper des Fruchthälters, wenn dieser ansehnlich ist. Ist dagegen der Mittel-
theil unbedeutend gegen die Hörner, so liegt der Embryo in einem Horne, wie in
den Wiederkäuern, und die Eihäute gehen durch den Mittelkörper tief in das an-
dere Horn hinein, oder, was bei stark getheiltem Fruchthälter viel gewöhnlicher
Statt findet, es bilden sich mehrere Früchte in den Hörnern. Das ist nur allzu
bekannt. Dagegen scheint es mir noch unberücksichtigt, dass in Einer Hinsicht
alle Embryonen (mit Ausnahmen) der frühesten Zeit normal so liegen, dass ihr
Rücken in der grossen Curvatur des Fruchthälters und seiner Hörner liegt. Die
grosse Curvatur des Fruchthälters ist aber der Bauchseite des Mutterthiers zuge-
kehrt. Alle Säugethier-Embryonen kehren also ihre Rückenseite gegen die
Bauchseite der Mutter. Eben so der menschliche Embryo in normaler Lage, ob-
gleich dieser am meisten seine Lage zu verändern im Stande ist. Damit stimmt
es, dass bei allen Embryonen mit kurzem Nabelstrange und beschränktem Frucht-
kuchen, die ich untersuchen konnte, der Fruchtkuchen an der kleinen Curva-
tur, wo äusserlich das Fruchthälter-Gekröse ansitzt, befestigt ist, es mag übri-
gens dieser Fruchtkuchen getheilt seyn oder nicht.

Der Embryo liegt ferner, sobald er nicht mehr ganz klein ist, immer mit
seiner Längendimension in der Längendimension des Fruchthälters; allein man
würde sich irren, wenn man glaubte, dass alle Embryonen von Säugethieren mit
dem Kopfe nach der Scheide gekehrt liegen, wie der Embryo des Menschen in
normaler Lage. Die Embryonen der übrigen Säugethiere sind bald mit dem Kopf
nach dem Eierstocke, bald nach der Scheide gekehrt.

Diese Lage ist jedoch nicht die ursprüngliche, sondern alle Embryonen der
Säugethiere, die ich in sehr früher Zeit fand, lagen in der Queerachse des Eies,
und die Queerachse des Eies ist auch immer die Queerachse des Fruchthälters.
Sie drehen sich also später entweder mit dem Kopfe nach dem Eierstocke oder
nach dem Ausgange des Geschlechts-Apparates.

Was

vielen Säugethieren der Dottergang mit den Gefäſsen des Dottersackes früh ab-
stirbt. —

Der Nabelstrang ist offenbar am längsten beim Menschen, nächst diesem
bei den Affen, und so fort ziemlich nach dem Verhältnisse der Menschenähnlich-
keit, doch ist er bei Nagern kürzer zu nennen, als bei Hufthieren.

Der Nabelstrang ist mehr oder weniger gedreht, und diese Bemerkung nö-
thigt mich noch etwas von der Lage des Embryo zu sagen, was ich bisher ab-
sichtlich vermieden habe, um Ihnen die Vergleichung des Vogel-Eies mit dem
Ei der Säugethiere zu erleichtern.

nn. Lage des
Embryo.

Vor allen Dingen liegt der Embryo der Säugethiere im Mitteltheile oder
Körper des Fruchthälters, wenn dieser ansehnlich ist. Ist dagegen der Mittel-
theil unbedeutend gegen die Hörner, so liegt der Embryo in einem Horne, wie in
den Wiederkäuern, und die Eihäute gehen durch den Mittelkörper tief in das an-
dere Horn hinein, oder, was bei stark getheiltem Fruchthälter viel gewöhnlicher
Statt findet, es bilden sich mehrere Früchte in den Hörnern. Das ist nur allzu
bekannt. Dagegen scheint es mir noch unberücksichtigt, daſs in Einer Hinsicht
alle Embryonen (mit Ausnahmen) der frühesten Zeit normal so liegen, daſs ihr
Rücken in der groſsen Curvatur des Fruchthälters und seiner Hörner liegt. Die
groſse Curvatur des Fruchthälters ist aber der Bauchseite des Mutterthiers zuge-
kehrt. Alle Säugethier-Embryonen kehren also ihre Rückenseite gegen die
Bauchseite der Mutter. Eben so der menschliche Embryo in normaler Lage, ob-
gleich dieser am meisten seine Lage zu verändern im Stande ist. Damit stimmt
es, daſs bei allen Embryonen mit kurzem Nabelstrange und beschränktem Frucht-
kuchen, die ich untersuchen konnte, der Fruchtkuchen an der kleinen Curva-
tur, wo äuſserlich das Fruchthälter-Gekröse ansitzt, befestigt ist, es mag übri-
gens dieser Fruchtkuchen getheilt seyn oder nicht.

Der Embryo liegt ferner, sobald er nicht mehr ganz klein ist, immer mit
seiner Längendimension in der Längendimension des Fruchthälters; allein man
würde sich irren, wenn man glaubte, daſs alle Embryonen von Säugethieren mit
dem Kopfe nach der Scheide gekehrt liegen, wie der Embryo des Menschen in
normaler Lage. Die Embryonen der übrigen Säugethiere sind bald mit dem Kopf
nach dem Eierstocke, bald nach der Scheide gekehrt.

Diese Lage ist jedoch nicht die ursprüngliche, sondern alle Embryonen der
Säugethiere, die ich in sehr früher Zeit fand, lagen in der Queerachse des Eies,
und die Queerachse des Eies ist auch immer die Queerachse des Fruchthälters.
Sie drehen sich also später entweder mit dem Kopfe nach dem Eierstocke oder
nach dem Ausgange des Geschlechts-Apparates.

Was
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[232/0242] vielen Säugethieren der Dottergang mit den Gefäſsen des Dottersackes früh ab- stirbt. — Der Nabelstrang ist offenbar am längsten beim Menschen, nächst diesem bei den Affen, und so fort ziemlich nach dem Verhältnisse der Menschenähnlich- keit, doch ist er bei Nagern kürzer zu nennen, als bei Hufthieren. Der Nabelstrang ist mehr oder weniger gedreht, und diese Bemerkung nö- thigt mich noch etwas von der Lage des Embryo zu sagen, was ich bisher ab- sichtlich vermieden habe, um Ihnen die Vergleichung des Vogel-Eies mit dem Ei der Säugethiere zu erleichtern. Vor allen Dingen liegt der Embryo der Säugethiere im Mitteltheile oder Körper des Fruchthälters, wenn dieser ansehnlich ist. Ist dagegen der Mittel- theil unbedeutend gegen die Hörner, so liegt der Embryo in einem Horne, wie in den Wiederkäuern, und die Eihäute gehen durch den Mittelkörper tief in das an- dere Horn hinein, oder, was bei stark getheiltem Fruchthälter viel gewöhnlicher Statt findet, es bilden sich mehrere Früchte in den Hörnern. Das ist nur allzu bekannt. Dagegen scheint es mir noch unberücksichtigt, daſs in Einer Hinsicht alle Embryonen (mit Ausnahmen) der frühesten Zeit normal so liegen, daſs ihr Rücken in der groſsen Curvatur des Fruchthälters und seiner Hörner liegt. Die groſse Curvatur des Fruchthälters ist aber der Bauchseite des Mutterthiers zuge- kehrt. Alle Säugethier-Embryonen kehren also ihre Rückenseite gegen die Bauchseite der Mutter. Eben so der menschliche Embryo in normaler Lage, ob- gleich dieser am meisten seine Lage zu verändern im Stande ist. Damit stimmt es, daſs bei allen Embryonen mit kurzem Nabelstrange und beschränktem Frucht- kuchen, die ich untersuchen konnte, der Fruchtkuchen an der kleinen Curva- tur, wo äuſserlich das Fruchthälter-Gekröse ansitzt, befestigt ist, es mag übri- gens dieser Fruchtkuchen getheilt seyn oder nicht. Der Embryo liegt ferner, sobald er nicht mehr ganz klein ist, immer mit seiner Längendimension in der Längendimension des Fruchthälters; allein man würde sich irren, wenn man glaubte, daſs alle Embryonen von Säugethieren mit dem Kopfe nach der Scheide gekehrt liegen, wie der Embryo des Menschen in normaler Lage. Die Embryonen der übrigen Säugethiere sind bald mit dem Kopf nach dem Eierstocke, bald nach der Scheide gekehrt. Diese Lage ist jedoch nicht die ursprüngliche, sondern alle Embryonen der Säugethiere, die ich in sehr früher Zeit fand, lagen in der Queerachse des Eies, und die Queerachse des Eies ist auch immer die Queerachse des Fruchthälters. Sie drehen sich also später entweder mit dem Kopfe nach dem Eierstocke oder nach dem Ausgange des Geschlechts-Apparates. Was

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/242>, abgerufen am 21.11.2024.