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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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die genaue Kenntniss der verschiedenen Formen der Säugethier-Eihüllen uns beim
Verständniss der Hüllen des Menschen-Eies leiten kann, dessen erste Bildungs-
Momente für die Untersuchung fast unerreichbar sind. Ferner kann nur die Kennt-
niss des Einzelnen Das bewähren, was wir als die allgemeine Geschichte derselben
gegeben haben, wie denn jene allgemeine Darstellung eben aus den speciellen
Beobachtungen, über die ich unserm Zwecke gemäss immer noch ziemlich sum-
marisch werde berichten müssen, hervorgegangen ist. Auch kann nur die Betrach-
tung des Einzelnen auf die Fragepunkte hinweisen, die noch einer festen Entschei-
dung harren.

Wohl weiss ich, dass schon früher Wiederholungen nicht selten vorgekom-
men sind. Sie liegen nur zu sehr in der Entwickelungsgeschichte, da nach einiger
Zeit die alten Theile in ganz neuen Verhältnissen stehen, welche man nur ver-
ständlich machen kann, wenn man auf die gleichzeitige Umbildung anderer Theile
aufmerksam macht. Die ganze jetzt folgende Darstellung wird eine Art Wieder-
holung der allgemeinen Darstellung der Hüllen des Säugethier-Eies seyn. Allein
eine solche Wiederholung schien mir unvermeidlich, wenn ich Ihnen eine feste
Ueberzeugung vom Bau der Eier der Säugethiere geben wollte. Entweder muss-
ten wir den Bau und die Entwickelungsgeschichte der einzelnen Formen durchge-
hen, um daraus die allgemeine Geschichte der Eier zu entwickeln, oder wir müss-
ten diese voranschicken, um Gründe zu erhalten, nach denen wir jeden einzelnen
Theil deuten. Wäre die Kenntniss allgemeiner, vollständiger eingebürgert und
nirgends streitig, so würde man freilich einer solchen Wiederholung nicht be-
dürfen.

Wir wollen uns für diesen neuen Abschnitt einer Reihe schematischer Um-Taf. IV.
Fig. 19--24.
26. 27.

risse bedienen, welche die verschiedenen Eiformen übersichtlich darstellen. Die
fünf ersten Abbildungen (Taf. IV. Fig. 19 -- 24.) sind Queerdurchschnitte der Eier.
In allen ist diejenige Lage der Theile angenommen, die ich für die normale halte.
Um die Abbildungen schon für den ersten Anblick belehrend zu machen, habe ich
überall die Theile auf gleiche Weise ausgedrückt. So ist immer der Durchschnitt
der Gefässschicht roth, der Schleimhaut gelb; Durchschnitte, welche beide
Schichten an einander haftend enthalten, wie die des unveränderten Harnsackes,
zeigen daher beide gefärbten Linien. Um aber den Harnsack vom Dottersacke so-
gleich unterscheiden zu können, ist die ganze Durchschnittsfläche des letztern gelb
gefärbt, ja ich habe überdiess, wenn er nicht sehr lang ist, Gefässvertheilungen
auf ihm gezeichnet, als ob man ihn nicht eigentlich im Durchschnitte, sondern per-
spectivisch sähe. Wo aber der Dottersack sehr lang ist und die Durschschnitts-
fläche also sehr weit von der gefässreichen Bekleidung absteht, würde eine solche

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die genaue Kenntniſs der verschiedenen Formen der Säugethier-Eihüllen uns beim
Verständniſs der Hüllen des Menschen-Eies leiten kann, dessen erste Bildungs-
Momente für die Untersuchung fast unerreichbar sind. Ferner kann nur die Kennt-
niſs des Einzelnen Das bewähren, was wir als die allgemeine Geschichte derselben
gegeben haben, wie denn jene allgemeine Darstellung eben aus den speciellen
Beobachtungen, über die ich unserm Zwecke gemäſs immer noch ziemlich sum-
marisch werde berichten müssen, hervorgegangen ist. Auch kann nur die Betrach-
tung des Einzelnen auf die Fragepunkte hinweisen, die noch einer festen Entschei-
dung harren.

Wohl weiſs ich, daſs schon früher Wiederholungen nicht selten vorgekom-
men sind. Sie liegen nur zu sehr in der Entwickelungsgeschichte, da nach einiger
Zeit die alten Theile in ganz neuen Verhältnissen stehen, welche man nur ver-
ständlich machen kann, wenn man auf die gleichzeitige Umbildung anderer Theile
aufmerksam macht. Die ganze jetzt folgende Darstellung wird eine Art Wieder-
holung der allgemeinen Darstellung der Hüllen des Säugethier-Eies seyn. Allein
eine solche Wiederholung schien mir unvermeidlich, wenn ich Ihnen eine feste
Ueberzeugung vom Bau der Eier der Säugethiere geben wollte. Entweder muſs-
ten wir den Bau und die Entwickelungsgeschichte der einzelnen Formen durchge-
hen, um daraus die allgemeine Geschichte der Eier zu entwickeln, oder wir müſs-
ten diese voranschicken, um Gründe zu erhalten, nach denen wir jeden einzelnen
Theil deuten. Wäre die Kenntniſs allgemeiner, vollständiger eingebürgert und
nirgends streitig, so würde man freilich einer solchen Wiederholung nicht be-
dürfen.

Wir wollen uns für diesen neuen Abschnitt einer Reihe schematischer Um-Taf. IV.
Fig. 19—24.
26. 27.

risse bedienen, welche die verschiedenen Eiformen übersichtlich darstellen. Die
fünf ersten Abbildungen (Taf. IV. Fig. 19 — 24.) sind Queerdurchschnitte der Eier.
In allen ist diejenige Lage der Theile angenommen, die ich für die normale halte.
Um die Abbildungen schon für den ersten Anblick belehrend zu machen, habe ich
überall die Theile auf gleiche Weise ausgedrückt. So ist immer der Durchschnitt
der Gefäſsschicht roth, der Schleimhaut gelb; Durchschnitte, welche beide
Schichten an einander haftend enthalten, wie die des unveränderten Harnsackes,
zeigen daher beide gefärbten Linien. Um aber den Harnsack vom Dottersacke so-
gleich unterscheiden zu können, ist die ganze Durchschnittsfläche des letztern gelb
gefärbt, ja ich habe überdieſs, wenn er nicht sehr lang ist, Gefäſsvertheilungen
auf ihm gezeichnet, als ob man ihn nicht eigentlich im Durchschnitte, sondern per-
spectivisch sähe. Wo aber der Dottersack sehr lang ist und die Durschschnitts-
fläche also sehr weit von der gefäſsreichen Bekleidung absteht, würde eine solche

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[235/0245] die genaue Kenntniſs der verschiedenen Formen der Säugethier-Eihüllen uns beim Verständniſs der Hüllen des Menschen-Eies leiten kann, dessen erste Bildungs- Momente für die Untersuchung fast unerreichbar sind. Ferner kann nur die Kennt- niſs des Einzelnen Das bewähren, was wir als die allgemeine Geschichte derselben gegeben haben, wie denn jene allgemeine Darstellung eben aus den speciellen Beobachtungen, über die ich unserm Zwecke gemäſs immer noch ziemlich sum- marisch werde berichten müssen, hervorgegangen ist. Auch kann nur die Betrach- tung des Einzelnen auf die Fragepunkte hinweisen, die noch einer festen Entschei- dung harren. Wohl weiſs ich, daſs schon früher Wiederholungen nicht selten vorgekom- men sind. Sie liegen nur zu sehr in der Entwickelungsgeschichte, da nach einiger Zeit die alten Theile in ganz neuen Verhältnissen stehen, welche man nur ver- ständlich machen kann, wenn man auf die gleichzeitige Umbildung anderer Theile aufmerksam macht. Die ganze jetzt folgende Darstellung wird eine Art Wieder- holung der allgemeinen Darstellung der Hüllen des Säugethier-Eies seyn. Allein eine solche Wiederholung schien mir unvermeidlich, wenn ich Ihnen eine feste Ueberzeugung vom Bau der Eier der Säugethiere geben wollte. Entweder muſs- ten wir den Bau und die Entwickelungsgeschichte der einzelnen Formen durchge- hen, um daraus die allgemeine Geschichte der Eier zu entwickeln, oder wir müſs- ten diese voranschicken, um Gründe zu erhalten, nach denen wir jeden einzelnen Theil deuten. Wäre die Kenntniſs allgemeiner, vollständiger eingebürgert und nirgends streitig, so würde man freilich einer solchen Wiederholung nicht be- dürfen. Wir wollen uns für diesen neuen Abschnitt einer Reihe schematischer Um- risse bedienen, welche die verschiedenen Eiformen übersichtlich darstellen. Die fünf ersten Abbildungen (Taf. IV. Fig. 19 — 24.) sind Queerdurchschnitte der Eier. In allen ist diejenige Lage der Theile angenommen, die ich für die normale halte. Um die Abbildungen schon für den ersten Anblick belehrend zu machen, habe ich überall die Theile auf gleiche Weise ausgedrückt. So ist immer der Durchschnitt der Gefäſsschicht roth, der Schleimhaut gelb; Durchschnitte, welche beide Schichten an einander haftend enthalten, wie die des unveränderten Harnsackes, zeigen daher beide gefärbten Linien. Um aber den Harnsack vom Dottersacke so- gleich unterscheiden zu können, ist die ganze Durchschnittsfläche des letztern gelb gefärbt, ja ich habe überdieſs, wenn er nicht sehr lang ist, Gefäſsvertheilungen auf ihm gezeichnet, als ob man ihn nicht eigentlich im Durchschnitte, sondern per- spectivisch sähe. Wo aber der Dottersack sehr lang ist und die Durschschnitts- fläche also sehr weit von der gefäſsreichen Bekleidung absteht, würde eine solche Taf. IV. Fig. 19—24. 26. 27. G g 2

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/245>, abgerufen am 24.11.2024.