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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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nen Sitz hat, noch zu erkennen war, aber, wie es mir schien, kleiner und mit
unregelmässigem, zerrissenem Rande, als ob das Keimbläschen so eben geschwun-
den, die Lücke aber noch nicht ausgefüllt wäre. Das Schwinden des Keimbläs-
chens scheint hiernach in nächster Beziehung mit dem Austritte des Eies zu ste-
hen, welches der Ausdruck einer gewissen Reife ist und nur mittelbar von der
Befruchtung abhängt *).

Eine unmittelbare Folge hat aber die Befruchtung in der Bildung des Kei-
mes, der sich nie ohne vorhergegangene Befruchtung zeigt. Da diese Bildung im
Eileiter erfolgt, so werden wir später darauf zurückkommen (§. 4. f.).

§. 4.
Weiterbildung des Eies im Eileiter.
d. Eileiter.

Endlich folgen wir der Dotterkugel des Huhns auf ihrem fernern Wege.
Dieser Weg ist in allen Vögeln ein einzelner auf der linken Seite liegender Ei-
leiter, dem nur zuweilen ein unentwickelter auf der rechten Seite gegenüber liegt.
Der ausgebildete Eileiter der linken Seite ist ein ziemlich langer und daher ge-
wundener Kanal, im Innern von einer Schleimhaut gebildet, äusserlich mit einer
Muskelschicht bedeckt und an einem muskelreichen Gekröse hängend. Das vor-
dere Ende ist sehr dünn und geht mit trichterförmiger, schief abgeschnittener Oeff-
nung in die Bauchhöhle. Dieser sogenannte Trichter geht nach hinten in einen
langen darmförmigen Abschnitt mit vielen innern Falten über, den wir den Ei-
leiter
im engern Sinne nennen wollen. Darauf folgt eine kurze gerundete muskel-
reiche Abtheilung, welche Eihälter heissen mag, da das Ei längere Zeit in ihm
verweilt. Er ist im Innern mit vielen und grossen Zotten besetzt. Zuletzt folgt
der engere Eiergang, der offen in die Kloake eingeht **).

b. Aufnah-
me der Dot-
terkugel.

In allen Thieren scheint die Reife des Eies oder das stärkere Andrängen
der Dotterkugel gegen den Kelch, wodurch die Narbe desselben endlich sich öff-
net, eine besondere Erregung im weiblichen Geschlechtsapparate hervorzubrin-
gen, indem in allen Thieren, wo ein vom Eierstocke getrennter Eileiter da ist,
dieser mit seiner offenen, in die Bauchhöhle gehenden Mündung, sich dem Eier-

*) Hierzu kommt noch ein viel wichtigerer Grund aus andern Thieren (siehe unten §. 8), wo
das Keimbläschen früher schwindet.
**) Die vier hier bezeichneten Abschnitte wurden von den Alten unter verschiedenen Namen auf-
geführt, als: Infundibulum, Oviductus, Uterus und Vagina. In neuerer Zeit ist man mehr
gewohnt, das Ganze Eileiter zu nennen und in demselben vier Gegenden zu unterscheiden.

nen Sitz hat, noch zu erkennen war, aber, wie es mir schien, kleiner und mit
unregelmäſsigem, zerrissenem Rande, als ob das Keimbläschen so eben geschwun-
den, die Lücke aber noch nicht ausgefüllt wäre. Das Schwinden des Keimbläs-
chens scheint hiernach in nächster Beziehung mit dem Austritte des Eies zu ste-
hen, welches der Ausdruck einer gewissen Reife ist und nur mittelbar von der
Befruchtung abhängt *).

Eine unmittelbare Folge hat aber die Befruchtung in der Bildung des Kei-
mes, der sich nie ohne vorhergegangene Befruchtung zeigt. Da diese Bildung im
Eileiter erfolgt, so werden wir später darauf zurückkommen (§. 4. f.).

§. 4.
Weiterbildung des Eies im Eileiter.
d. Eileiter.

Endlich folgen wir der Dotterkugel des Huhns auf ihrem fernern Wege.
Dieser Weg ist in allen Vögeln ein einzelner auf der linken Seite liegender Ei-
leiter, dem nur zuweilen ein unentwickelter auf der rechten Seite gegenüber liegt.
Der ausgebildete Eileiter der linken Seite ist ein ziemlich langer und daher ge-
wundener Kanal, im Innern von einer Schleimhaut gebildet, äuſserlich mit einer
Muskelschicht bedeckt und an einem muskelreichen Gekröse hängend. Das vor-
dere Ende ist sehr dünn und geht mit trichterförmiger, schief abgeschnittener Oeff-
nung in die Bauchhöhle. Dieser sogenannte Trichter geht nach hinten in einen
langen darmförmigen Abschnitt mit vielen innern Falten über, den wir den Ei-
leiter
im engern Sinne nennen wollen. Darauf folgt eine kurze gerundete muskel-
reiche Abtheilung, welche Eihälter heiſsen mag, da das Ei längere Zeit in ihm
verweilt. Er ist im Innern mit vielen und groſsen Zotten besetzt. Zuletzt folgt
der engere Eiergang, der offen in die Kloake eingeht **).

b. Aufnah-
me der Dot-
terkugel.

In allen Thieren scheint die Reife des Eies oder das stärkere Andrängen
der Dotterkugel gegen den Kelch, wodurch die Narbe desselben endlich sich öff-
net, eine besondere Erregung im weiblichen Geschlechtsapparate hervorzubrin-
gen, indem in allen Thieren, wo ein vom Eierstocke getrennter Eileiter da ist,
dieser mit seiner offenen, in die Bauchhöhle gehenden Mündung, sich dem Eier-

*) Hierzu kommt noch ein viel wichtigerer Grund aus andern Thieren (siehe unten §. 8), wo
das Keimbläschen früher schwindet.
**) Die vier hier bezeichneten Abschnitte wurden von den Alten unter verschiedenen Namen auf-
geführt, als: Infundibulum, Oviductus, Uterus und Vagina. In neuerer Zeit ist man mehr
gewohnt, das Ganze Eileiter zu nennen und in demselben vier Gegenden zu unterscheiden.
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[28/0038] nen Sitz hat, noch zu erkennen war, aber, wie es mir schien, kleiner und mit unregelmäſsigem, zerrissenem Rande, als ob das Keimbläschen so eben geschwun- den, die Lücke aber noch nicht ausgefüllt wäre. Das Schwinden des Keimbläs- chens scheint hiernach in nächster Beziehung mit dem Austritte des Eies zu ste- hen, welches der Ausdruck einer gewissen Reife ist und nur mittelbar von der Befruchtung abhängt *). Eine unmittelbare Folge hat aber die Befruchtung in der Bildung des Kei- mes, der sich nie ohne vorhergegangene Befruchtung zeigt. Da diese Bildung im Eileiter erfolgt, so werden wir später darauf zurückkommen (§. 4. f.). §. 4. Weiterbildung des Eies im Eileiter. Endlich folgen wir der Dotterkugel des Huhns auf ihrem fernern Wege. Dieser Weg ist in allen Vögeln ein einzelner auf der linken Seite liegender Ei- leiter, dem nur zuweilen ein unentwickelter auf der rechten Seite gegenüber liegt. Der ausgebildete Eileiter der linken Seite ist ein ziemlich langer und daher ge- wundener Kanal, im Innern von einer Schleimhaut gebildet, äuſserlich mit einer Muskelschicht bedeckt und an einem muskelreichen Gekröse hängend. Das vor- dere Ende ist sehr dünn und geht mit trichterförmiger, schief abgeschnittener Oeff- nung in die Bauchhöhle. Dieser sogenannte Trichter geht nach hinten in einen langen darmförmigen Abschnitt mit vielen innern Falten über, den wir den Ei- leiter im engern Sinne nennen wollen. Darauf folgt eine kurze gerundete muskel- reiche Abtheilung, welche Eihälter heiſsen mag, da das Ei längere Zeit in ihm verweilt. Er ist im Innern mit vielen und groſsen Zotten besetzt. Zuletzt folgt der engere Eiergang, der offen in die Kloake eingeht **). In allen Thieren scheint die Reife des Eies oder das stärkere Andrängen der Dotterkugel gegen den Kelch, wodurch die Narbe desselben endlich sich öff- net, eine besondere Erregung im weiblichen Geschlechtsapparate hervorzubrin- gen, indem in allen Thieren, wo ein vom Eierstocke getrennter Eileiter da ist, dieser mit seiner offenen, in die Bauchhöhle gehenden Mündung, sich dem Eier- *) Hierzu kommt noch ein viel wichtigerer Grund aus andern Thieren (siehe unten §. 8), wo das Keimbläschen früher schwindet. **) Die vier hier bezeichneten Abschnitte wurden von den Alten unter verschiedenen Namen auf- geführt, als: Infundibulum, Oviductus, Uterus und Vagina. In neuerer Zeit ist man mehr gewohnt, das Ganze Eileiter zu nennen und in demselben vier Gegenden zu unterscheiden.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/38>, abgerufen am 21.11.2024.