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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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Masse. Obgleich dieser Gegensatz in beiden Flächen des gesammten Keimes be-
steht, so entwickelt sich doch ein ähnlicher in der Breite des Keimes, seine Mitte
nämlich wird heller *), die Peripherie dunkler **): ein Gegensatz, der oft schon
vor dem Legen eingeleitet war.

Taf. IV.
Fig. 7. +)

Der Gegensatz beider Oberflächen entwickelt sich weiter, und man kann
nun von einer obern und einer untern Schicht sprechen; jene wollen wir die
Hautschicht ***), diese die Schleimhautschicht nennen. Die Masse, die zwischen
beiden liegt, hängt zum Theil mehr an der untern Schicht, zum Theil mehr an
der obern an. So entwickeln sich allmählig zwei innere Schichten, eine untere
und eine obere. In der untern von ihnen werden die Körner heller, lösen sich in
Bläschen auf, und endlich fängt der Inhalt dieser Schicht zum Theil an zu fliessen.
Sie wird eine Gefässschicht. In der obern werden die Körner dunkler, sie wird
eine Fleischschicht ****).

*) Der "durchsichtige Hof" (Area pellucida) bei Wolff. Harvey und Malpighi hielten
diese durchsichtige Stelle von Anfang an oder wenigstens nach der Erscheinung des Embryo
für das Amnion und benannten sie so. Im Appendix hält Malpighi ihn auch mitunter für
das Chorion, indem er in der Kopfscheide den Anfang des Amnions erkennt. Er kommt aber
zu keiner bestimmten Ansicht. Haller hatte Malpighi's erste Ansicht angenommen,
nannte diese Gegend aber auch Nidus pulli in den Beschreibungen. Malpighi's Benen-
nung Colliquamentum, die man gewöhnlich als Synonyme hierher zieht, geht doch wohl
mehr auf die Flüssigkeit unter dem Keime, von der Malpighi glaubte, dass sie in einem
eigenen Sacke eingeschlossen sey -- doch auch wieder ohne zu einer Bestimmtheit im Irr-
thume zu kommen. Den Namen Fruchthof gab Pander in der deutschen Arbeit; in der
lateinischen ist die Wolff'sche Benennung beibehalten.
**) Area opaca nach Pander.
+) In der angezogenen Abbildung ist die Hautschicht weiss, begrenzt durch einen schwarzen
Strich, die Fleischschicht dunkel, die Gefässschicht roth und die Schleimhautschicht gelb in
Uebereinstimmung mit den Abbildungen der drei ersten Tafeln.
***) Ich habe lange einen Namen für diese Schicht gewählt und wieder verworfen. Die Benen-
nung "sensible Schicht" würde den Charakter derselben am besten ausgesprochen haben.
Dann müsste ich aber auch die folgenden Schichten nach ihrem vitalen Charakter benamen.
Ich versuchte die zweite Schicht die irritable zu nennen. Theils würde jedoch schon diese
Benennung den Physiologen gezwungen geschienen haben, da man nur die Theile irritabel
nennt, welche auf einwirkende Reize (irritamenta) sich selbst bewegen, nicht aber dieje-
nigen Theile, welche nur durch andere bewegt werden, wie die Knochen; theils fand ich
beim Weitergehen noch grössere Schwierigkeiten, wenn ich der Gefässschicht auf analoge
Weise einen Namen geben wollte. Ich habe daher vorgezogen, alle Schichten nach den Thei-
len zu benennen, in welche sie sich bei der Entwickelung ausbilden, oder aus welcher man
sie darstellt, wenn man, wie hier, umgekehrt das Wirbelthier auf seine ursprüngliche Form
reducirt. Eine nicht zu vermeidende Unbequemlichkeit ist es, dass wir kein Wort haben,
welches die Indifferenz von Haut und Centraltheil des Nervensystems in sich schliesst. Da
diese Schicht aber doch ursprünglich mehr den Charakter einer bekleidenden Haut hat, so
mag sie darnach heissen.
****) Die ausführliche Darstellung aller dieser Sonderungen im Keime siehe in §. 1. des ersten
Bandes, wo die Schichten nach Pander Blätter genannt werden. Vergl. besonders die An-

Masse. Obgleich dieser Gegensatz in beiden Flächen des gesammten Keimes be-
steht, so entwickelt sich doch ein ähnlicher in der Breite des Keimes, seine Mitte
nämlich wird heller *), die Peripherie dunkler **): ein Gegensatz, der oft schon
vor dem Legen eingeleitet war.

Taf. IV.
Fig. 7. †)

Der Gegensatz beider Oberflächen entwickelt sich weiter, und man kann
nun von einer obern und einer untern Schicht sprechen; jene wollen wir die
Hautschicht ***), diese die Schleimhautschicht nennen. Die Masse, die zwischen
beiden liegt, hängt zum Theil mehr an der untern Schicht, zum Theil mehr an
der obern an. So entwickeln sich allmählig zwei innere Schichten, eine untere
und eine obere. In der untern von ihnen werden die Körner heller, lösen sich in
Bläschen auf, und endlich fängt der Inhalt dieser Schicht zum Theil an zu flieſsen.
Sie wird eine Gefäſsschicht. In der obern werden die Körner dunkler, sie wird
eine Fleischschicht ****).

*) Der „durchsichtige Hof“ (Area pellucida) bei Wolff. Harvey und Malpighi hielten
diese durchsichtige Stelle von Anfang an oder wenigstens nach der Erscheinung des Embryo
für das Amnion und benannten sie so. Im Appendix hält Malpighi ihn auch mitunter für
das Chorion, indem er in der Kopfscheide den Anfang des Amnions erkennt. Er kommt aber
zu keiner bestimmten Ansicht. Haller hatte Malpighi’s erste Ansicht angenommen,
nannte diese Gegend aber auch Nidus pulli in den Beschreibungen. Malpighi’s Benen-
nung Colliquamentum, die man gewöhnlich als Synonyme hierher zieht, geht doch wohl
mehr auf die Flüssigkeit unter dem Keime, von der Malpighi glaubte, daſs sie in einem
eigenen Sacke eingeschlossen sey — doch auch wieder ohne zu einer Bestimmtheit im Irr-
thume zu kommen. Den Namen Fruchthof gab Pander in der deutschen Arbeit; in der
lateinischen ist die Wolff’sche Benennung beibehalten.
**) Area opaca nach Pander.
†) In der angezogenen Abbildung ist die Hautschicht weiſs, begrenzt durch einen schwarzen
Strich, die Fleischschicht dunkel, die Gefäſsschicht roth und die Schleimhautschicht gelb in
Uebereinstimmung mit den Abbildungen der drei ersten Tafeln.
***) Ich habe lange einen Namen für diese Schicht gewählt und wieder verworfen. Die Benen-
nung „sensible Schicht“ würde den Charakter derselben am besten ausgesprochen haben.
Dann müſste ich aber auch die folgenden Schichten nach ihrem vitalen Charakter benamen.
Ich versuchte die zweite Schicht die irritable zu nennen. Theils würde jedoch schon diese
Benennung den Physiologen gezwungen geschienen haben, da man nur die Theile irritabel
nennt, welche auf einwirkende Reize (irritamenta) sich selbst bewegen, nicht aber dieje-
nigen Theile, welche nur durch andere bewegt werden, wie die Knochen; theils fand ich
beim Weitergehen noch gröſsere Schwierigkeiten, wenn ich der Gefäſsschicht auf analoge
Weise einen Namen geben wollte. Ich habe daher vorgezogen, alle Schichten nach den Thei-
len zu benennen, in welche sie sich bei der Entwickelung ausbilden, oder aus welcher man
sie darstellt, wenn man, wie hier, umgekehrt das Wirbelthier auf seine ursprüngliche Form
reducirt. Eine nicht zu vermeidende Unbequemlichkeit ist es, daſs wir kein Wort haben,
welches die Indifferenz von Haut und Centraltheil des Nervensystems in sich schlieſst. Da
diese Schicht aber doch ursprünglich mehr den Charakter einer bekleidenden Haut hat, so
mag sie darnach heiſsen.
****) Die ausführliche Darstellung aller dieser Sonderungen im Keime siehe in §. 1. des ersten
Bandes, wo die Schichten nach Pander Blätter genannt werden. Vergl. besonders die An-
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[68/0078] Masse. Obgleich dieser Gegensatz in beiden Flächen des gesammten Keimes be- steht, so entwickelt sich doch ein ähnlicher in der Breite des Keimes, seine Mitte nämlich wird heller *), die Peripherie dunkler **): ein Gegensatz, der oft schon vor dem Legen eingeleitet war. Der Gegensatz beider Oberflächen entwickelt sich weiter, und man kann nun von einer obern und einer untern Schicht sprechen; jene wollen wir die Hautschicht ***), diese die Schleimhautschicht nennen. Die Masse, die zwischen beiden liegt, hängt zum Theil mehr an der untern Schicht, zum Theil mehr an der obern an. So entwickeln sich allmählig zwei innere Schichten, eine untere und eine obere. In der untern von ihnen werden die Körner heller, lösen sich in Bläschen auf, und endlich fängt der Inhalt dieser Schicht zum Theil an zu flieſsen. Sie wird eine Gefäſsschicht. In der obern werden die Körner dunkler, sie wird eine Fleischschicht ****). *) Der „durchsichtige Hof“ (Area pellucida) bei Wolff. Harvey und Malpighi hielten diese durchsichtige Stelle von Anfang an oder wenigstens nach der Erscheinung des Embryo für das Amnion und benannten sie so. Im Appendix hält Malpighi ihn auch mitunter für das Chorion, indem er in der Kopfscheide den Anfang des Amnions erkennt. Er kommt aber zu keiner bestimmten Ansicht. Haller hatte Malpighi’s erste Ansicht angenommen, nannte diese Gegend aber auch Nidus pulli in den Beschreibungen. Malpighi’s Benen- nung Colliquamentum, die man gewöhnlich als Synonyme hierher zieht, geht doch wohl mehr auf die Flüssigkeit unter dem Keime, von der Malpighi glaubte, daſs sie in einem eigenen Sacke eingeschlossen sey — doch auch wieder ohne zu einer Bestimmtheit im Irr- thume zu kommen. Den Namen Fruchthof gab Pander in der deutschen Arbeit; in der lateinischen ist die Wolff’sche Benennung beibehalten. **) Area opaca nach Pander. †) In der angezogenen Abbildung ist die Hautschicht weiſs, begrenzt durch einen schwarzen Strich, die Fleischschicht dunkel, die Gefäſsschicht roth und die Schleimhautschicht gelb in Uebereinstimmung mit den Abbildungen der drei ersten Tafeln. ***) Ich habe lange einen Namen für diese Schicht gewählt und wieder verworfen. Die Benen- nung „sensible Schicht“ würde den Charakter derselben am besten ausgesprochen haben. Dann müſste ich aber auch die folgenden Schichten nach ihrem vitalen Charakter benamen. Ich versuchte die zweite Schicht die irritable zu nennen. Theils würde jedoch schon diese Benennung den Physiologen gezwungen geschienen haben, da man nur die Theile irritabel nennt, welche auf einwirkende Reize (irritamenta) sich selbst bewegen, nicht aber dieje- nigen Theile, welche nur durch andere bewegt werden, wie die Knochen; theils fand ich beim Weitergehen noch gröſsere Schwierigkeiten, wenn ich der Gefäſsschicht auf analoge Weise einen Namen geben wollte. Ich habe daher vorgezogen, alle Schichten nach den Thei- len zu benennen, in welche sie sich bei der Entwickelung ausbilden, oder aus welcher man sie darstellt, wenn man, wie hier, umgekehrt das Wirbelthier auf seine ursprüngliche Form reducirt. Eine nicht zu vermeidende Unbequemlichkeit ist es, daſs wir kein Wort haben, welches die Indifferenz von Haut und Centraltheil des Nervensystems in sich schlieſst. Da diese Schicht aber doch ursprünglich mehr den Charakter einer bekleidenden Haut hat, so mag sie darnach heiſsen. ****) Die ausführliche Darstellung aller dieser Sonderungen im Keime siehe in §. 1. des ersten Bandes, wo die Schichten nach Pander Blätter genannt werden. Vergl. besonders die An-

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/78>, abgerufen am 24.11.2024.