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Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

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nen -- weil ja nichts "geschehen" ist? (Ernst.) Sonder-
bar. Wenn eine Frau einen anderen liebt, der sie aber
nicht, nicht "erhört", dann ist nichts "geschehen", alles in
schönster Ordnung. Wenn aber eine Frau, setzen wir den
Fall, ihren Mann liebte, noch immer innerlich sein wäre
und nur, von ihren Sinnen überwältigt, irgend einer Ver-
wirrung, Betörung erläge, dann, ja dann wäre was "ge-
schehen" und -- (zitierend) "darüber kann kein Mann
hinweg." (Achselzuckend.) Geschmacksache. -- Nein, für
mich wäre das nicht der richtige Trost, aber -- (langsam
eindringlich)
was anderes ist mir klar geworden. Ich habe
nämlich entdeckt, daß meine Frau -- (hält ein und blickt
ihn schadenfroh lächelnd an; dann)
ich muß Ihnen eine be-
trübende Mitteilung machen. Nehmen Sie sich's nicht
zu sehr zu Herzen! Und sagen Sie ihr noch nichts davon,
ich muß sie erst schonend vorbereiten. Nämlich: sie liebt
Sie gar nicht.
Kuno (verblüfft, sehr rasch). Wie können Sie daran
zweifeln?
Fidelis (mit Humor). Ich kann Ihnen nicht helfen.
Kuno (rasch; mit der Hand auf die Lade des Schreibtisches
deutend).
Soll ich Ihnen ihre Briefe --?
Fidelis (dazwischen sprechend). Ich kann Ihnen nicht
helfen.
Kuno (sich allmählich wieder fassend). Mir wär das ja,
ich würde mir's ja natürlich nur wünschen, es wäre ja
die beste Lösung! Aber wie können Sie nur denken?
Ich glaube doch die Frauen ein bißchen zu kennen --
Fidelis (rasch einfallend; trocken). Glauben wir alle.
Langt aber nicht. -- (Tonwechsel; nun rasch erzählend.) Sie
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nen — weil ja nichts „geſchehen“ iſt? (Ernſt.) Sonder-
bar. Wenn eine Frau einen anderen liebt, der ſie aber
nicht, nicht „erhört“, dann iſt nichts „geſchehen“, alles in
ſchönſter Ordnung. Wenn aber eine Frau, ſetzen wir den
Fall, ihren Mann liebte, noch immer innerlich ſein wäre
und nur, von ihren Sinnen überwältigt, irgend einer Ver-
wirrung, Betörung erläge, dann, ja dann wäre was „ge-
ſchehen“ und — (zitierend) „darüber kann kein Mann
hinweg.“ (Achſelzuckend.) Geſchmackſache. — Nein, für
mich wäre das nicht der richtige Troſt, aber — (langſam
eindringlich)
was anderes iſt mir klar geworden. Ich habe
nämlich entdeckt, daß meine Frau — (haͤlt ein und blickt
ihn ſchadenfroh laͤchelnd an; dann)
ich muß Ihnen eine be-
trübende Mitteilung machen. Nehmen Sie ſich's nicht
zu ſehr zu Herzen! Und ſagen Sie ihr noch nichts davon,
ich muß ſie erſt ſchonend vorbereiten. Nämlich: ſie liebt
Sie gar nicht.
Kuno (verbluͤfft, ſehr raſch). Wie können Sie daran
zweifeln?
Fidelis (mit Humor). Ich kann Ihnen nicht helfen.
Kuno (raſch; mit der Hand auf die Lade des Schreibtiſches
deutend).
Soll ich Ihnen ihre Briefe —?
Fidelis (dazwiſchen ſprechend). Ich kann Ihnen nicht
helfen.
Kuno (ſich allmaͤhlich wieder faſſend). Mir wär das ja,
ich würde mir's ja natürlich nur wünſchen, es wäre ja
die beſte Löſung! Aber wie können Sie nur denken?
Ich glaube doch die Frauen ein bißchen zu kennen —
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[97/0103] nen — weil ja nichts „geſchehen“ iſt? (Ernſt.) Sonder- bar. Wenn eine Frau einen anderen liebt, der ſie aber nicht, nicht „erhört“, dann iſt nichts „geſchehen“, alles in ſchönſter Ordnung. Wenn aber eine Frau, ſetzen wir den Fall, ihren Mann liebte, noch immer innerlich ſein wäre und nur, von ihren Sinnen überwältigt, irgend einer Ver- wirrung, Betörung erläge, dann, ja dann wäre was „ge- ſchehen“ und — (zitierend) „darüber kann kein Mann hinweg.“ (Achſelzuckend.) Geſchmackſache. — Nein, für mich wäre das nicht der richtige Troſt, aber — (langſam eindringlich) was anderes iſt mir klar geworden. Ich habe nämlich entdeckt, daß meine Frau — (haͤlt ein und blickt ihn ſchadenfroh laͤchelnd an; dann) ich muß Ihnen eine be- trübende Mitteilung machen. Nehmen Sie ſich's nicht zu ſehr zu Herzen! Und ſagen Sie ihr noch nichts davon, ich muß ſie erſt ſchonend vorbereiten. Nämlich: ſie liebt Sie gar nicht. Kuno (verbluͤfft, ſehr raſch). Wie können Sie daran zweifeln? Fidelis (mit Humor). Ich kann Ihnen nicht helfen. Kuno (raſch; mit der Hand auf die Lade des Schreibtiſches deutend). Soll ich Ihnen ihre Briefe —? Fidelis (dazwiſchen ſprechend). Ich kann Ihnen nicht helfen. Kuno (ſich allmaͤhlich wieder faſſend). Mir wär das ja, ich würde mir's ja natürlich nur wünſchen, es wäre ja die beſte Löſung! Aber wie können Sie nur denken? Ich glaube doch die Frauen ein bißchen zu kennen — Fidelis (raſch einfallend; trocken). Glauben wir alle. Langt aber nicht. — (Tonwechſel; nun raſch erzaͤhlend.) Sie 7

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Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/103>, abgerufen am 28.11.2024.