Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite
Fidelis (rasch). Ich weiß heute noch nicht warum.
Eva (ungeduldig, rasch). Wenn eine Frau sich wünscht,
seelisch verstanden zu werden --
Fidelis (ihr rasch ins Wort fallend, sich naiv stellend). So
denk ich doch zunächst an ihren Mann?
Eva (sehr rasch, unbedacht, fast heftig). Ich nicht! (Sie
muß selbst darüber lachen und sieht ihn lachend an, der mit-
lacht, was sie nun anregt, noch mehr zu lachen; dann.)
Das
heißt, natürlich, ich denk schon an ihn, aber das Richtige
ist das nicht!
Fidelis (setzt sich auf den Schreibstuhl links vom Tisch). Ja
wer wüßte, was das Richtige -- !
Eva (rasch einfallend, lebhaft). Das kann ich Ihnen ge-
nau sagen! Nämlich -- (Tonwechsel; nun wieder schwer,
schmachtend, schwärmerisch)
jede Frau träumt doch von Er-
lösung. Es ist das Kundrymotiv unseres ganzen Ge-
schlechts!
Fidelis. Aber das gehört doch gerade, soviel ich weiß,
so recht in das Ressort Ihres Mannes, nicht?
Eva (rasch, in einem geringschätzigen Ton, mit einem bösen
Zug um den Mund).
Die Weiber rennen ihm ja auch alle
nach! Aber -- (seufzend, mit dem Ton auf dem nächsten
Wort)
lieber Freund, das sieht von außen alles ganz anders
aus! (Nun rasch erzählend.) Ja! Als wir heirateten, glaubt
ich auch! Gott, ein junges Mädchen glaubt ja bald!,
aber nein, ich war doch sehr verwöhnt, mein Vater fand
nichts gut genug für mich, ich mußte immer überall nur
das Feinste haben, das war sein Stolz.
Fidelis (dem man ansieht und anhört, daß er sich amüsiert).
Und da mußte Ihr Gatte natürlich auch -- prima sein?
Fidelis (raſch). Ich weiß heute noch nicht warum.
Eva (ungeduldig, raſch). Wenn eine Frau ſich wünſcht,
ſeeliſch verſtanden zu werden —
Fidelis (ihr raſch ins Wort fallend, ſich naiv ſtellend). So
denk ich doch zunächſt an ihren Mann?
Eva (ſehr raſch, unbedacht, faſt heftig). Ich nicht! (Sie
muß ſelbſt daruͤber lachen und ſieht ihn lachend an, der mit-
lacht, was ſie nun anregt, noch mehr zu lachen; dann.)
Das
heißt, natürlich, ich denk ſchon an ihn, aber das Richtige
iſt das nicht!
Fidelis (ſetzt ſich auf den Schreibſtuhl links vom Tiſch). Ja
wer wüßte, was das Richtige — !
Eva (raſch einfallend, lebhaft). Das kann ich Ihnen ge-
nau ſagen! Nämlich — (Tonwechſel; nun wieder ſchwer,
ſchmachtend, ſchwaͤrmeriſch)
jede Frau träumt doch von Er-
löſung. Es iſt das Kundrymotiv unſeres ganzen Ge-
ſchlechts!
Fidelis. Aber das gehört doch gerade, ſoviel ich weiß,
ſo recht in das Reſſort Ihres Mannes, nicht?
Eva (raſch, in einem geringſchaͤtzigen Ton, mit einem boͤſen
Zug um den Mund).
Die Weiber rennen ihm ja auch alle
nach! Aber — (ſeufzend, mit dem Ton auf dem naͤchſten
Wort)
lieber Freund, das ſieht von außen alles ganz anders
aus! (Nun raſch erzaͤhlend.) Ja! Als wir heirateten, glaubt
ich auch! Gott, ein junges Mädchen glaubt ja bald!,
aber nein, ich war doch ſehr verwöhnt, mein Vater fand
nichts gut genug für mich, ich mußte immer überall nur
das Feinſte haben, das war ſein Stolz.
Fidelis (dem man anſieht und anhoͤrt, daß er ſich amuͤſiert).
Und da mußte Ihr Gatte natürlich auch — prima ſein?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="act">
        <pb facs="#f0077" n="71"/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(ra&#x017F;ch).</stage>
          <p>Ich weiß heute noch nicht warum.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#EVA">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Eva</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(ungeduldig, ra&#x017F;ch).</stage>
          <p>Wenn eine Frau &#x017F;ich wün&#x017F;cht,<lb/>
&#x017F;eeli&#x017F;ch ver&#x017F;tanden zu werden &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(ihr ra&#x017F;ch ins Wort fallend, &#x017F;ich naiv &#x017F;tellend).</stage>
          <p>So<lb/>
denk ich doch zunäch&#x017F;t an ihren Mann?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#EVA">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Eva</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(&#x017F;ehr ra&#x017F;ch, unbedacht, fa&#x017F;t heftig).</stage>
          <p>Ich nicht! <stage>(Sie<lb/>
muß &#x017F;elb&#x017F;t daru&#x0364;ber lachen und &#x017F;ieht ihn lachend an, der mit-<lb/>
lacht, was &#x017F;ie nun anregt, noch mehr zu lachen; dann.)</stage> Das<lb/>
heißt, natürlich, ich denk &#x017F;chon an ihn, aber das Richtige<lb/>
i&#x017F;t das nicht!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(&#x017F;etzt &#x017F;ich auf den Schreib&#x017F;tuhl links vom Ti&#x017F;ch).</stage>
          <p>Ja<lb/>
wer wüßte, was das Richtige &#x2014; !</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#EVA">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Eva</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(ra&#x017F;ch einfallend, lebhaft).</stage>
          <p>Das kann ich Ihnen ge-<lb/>
nau &#x017F;agen! Nämlich &#x2014; <stage>(Tonwech&#x017F;el; nun wieder &#x017F;chwer,<lb/>
&#x017F;chmachtend, &#x017F;chwa&#x0364;rmeri&#x017F;ch)</stage> jede Frau träumt doch von Er-<lb/>&#x017F;ung. Es i&#x017F;t das Kundrymotiv un&#x017F;eres ganzen Ge-<lb/>
&#x017F;chlechts!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Aber das gehört doch gerade, &#x017F;oviel ich weiß,<lb/>
&#x017F;o recht in das Re&#x017F;&#x017F;ort Ihres Mannes, nicht?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#EVA">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Eva</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(ra&#x017F;ch, in einem gering&#x017F;cha&#x0364;tzigen Ton, mit einem bo&#x0364;&#x017F;en<lb/>
Zug um den Mund).</stage>
          <p>Die Weiber rennen ihm ja auch alle<lb/>
nach! Aber &#x2014; <stage>(&#x017F;eufzend, mit dem Ton auf dem na&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Wort)</stage> lieber Freund, das &#x017F;ieht von außen alles ganz anders<lb/>
aus! <stage>(Nun ra&#x017F;ch erza&#x0364;hlend.)</stage> Ja! Als wir heirateten, glaubt<lb/>
ich auch! Gott, ein junges Mädchen glaubt ja bald!,<lb/>
aber nein, ich war doch &#x017F;ehr verwöhnt, mein Vater fand<lb/>
nichts gut genug für mich, ich mußte immer überall nur<lb/>
das Fein&#x017F;te haben, das war &#x017F;ein Stolz.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(dem man an&#x017F;ieht und anho&#x0364;rt, daß er &#x017F;ich amu&#x0364;&#x017F;iert).</stage><lb/>
          <p>Und da mußte Ihr Gatte natürlich auch &#x2014; prima &#x017F;ein?</p>
        </sp><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0077] Fidelis (raſch). Ich weiß heute noch nicht warum. Eva (ungeduldig, raſch). Wenn eine Frau ſich wünſcht, ſeeliſch verſtanden zu werden — Fidelis (ihr raſch ins Wort fallend, ſich naiv ſtellend). So denk ich doch zunächſt an ihren Mann? Eva (ſehr raſch, unbedacht, faſt heftig). Ich nicht! (Sie muß ſelbſt daruͤber lachen und ſieht ihn lachend an, der mit- lacht, was ſie nun anregt, noch mehr zu lachen; dann.) Das heißt, natürlich, ich denk ſchon an ihn, aber das Richtige iſt das nicht! Fidelis (ſetzt ſich auf den Schreibſtuhl links vom Tiſch). Ja wer wüßte, was das Richtige — ! Eva (raſch einfallend, lebhaft). Das kann ich Ihnen ge- nau ſagen! Nämlich — (Tonwechſel; nun wieder ſchwer, ſchmachtend, ſchwaͤrmeriſch) jede Frau träumt doch von Er- löſung. Es iſt das Kundrymotiv unſeres ganzen Ge- ſchlechts! Fidelis. Aber das gehört doch gerade, ſoviel ich weiß, ſo recht in das Reſſort Ihres Mannes, nicht? Eva (raſch, in einem geringſchaͤtzigen Ton, mit einem boͤſen Zug um den Mund). Die Weiber rennen ihm ja auch alle nach! Aber — (ſeufzend, mit dem Ton auf dem naͤchſten Wort) lieber Freund, das ſieht von außen alles ganz anders aus! (Nun raſch erzaͤhlend.) Ja! Als wir heirateten, glaubt ich auch! Gott, ein junges Mädchen glaubt ja bald!, aber nein, ich war doch ſehr verwöhnt, mein Vater fand nichts gut genug für mich, ich mußte immer überall nur das Feinſte haben, das war ſein Stolz. Fidelis (dem man anſieht und anhoͤrt, daß er ſich amuͤſiert). Und da mußte Ihr Gatte natürlich auch — prima ſein?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/77
Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/77>, abgerufen am 25.11.2024.