Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919.24) Seine Freigeisterei kam nur Bismarck und dessen Nach- folgern zustatten. Allerhand Sottisen gegen die Religion vorbringen zu dürfen, war in Preussen seit Friedrich II. gerne erlaubt. Dieser Umstand allein hätte genügen sollen, gegen die Freigeisterei und den Atheismus skeptisch zu stimmen. Es charakterisiert die Freiheit, dass sie zur Sklaverei führt, wenn sie sich gegen die Gottesidee richtet. 25) Protektor dieser Kampagne war Karl Marx. 26) Vergl. die beiden von Marx verfassten und klandestin ver- breiteten Schriften "Confidentielle Mitteilung International Working mens Assoziation Central Council London" nebst Brief an Kugel- mann, vom 28. März 1870, (mitgeteilt und in ihrem unerhörten Inhalt glossiert von Dr. Fritz Brupbacher, "Marx und Bakunin". S. Birk & Co, München, S. 79 ff.) und "Angebliche Spaltungen in der Internationale" (Mai 1872), deren Richtigstellung und Kom- mentar James Guillaume in seinen Erinnerungen gegeben hat. Vergl. auch James Guillaume, "Karl Marx Pangermaniste et l'Association Internationale des Travailleurs de 1864 a 1870", Armand Colin, Paris, 1915. "Um sich eine rechte Vorstellung zu machen", schreibt Brupbacher von der zweiten Schrift, "lese man die "Konfidentielle Mitteilung" nochmals nach und erhebe sie in die zehnte Potenz". 27) Es ist sehr naheliegend anzunehmen, dass Nietzsche beide Schriften Bakunins gekannt hat. In "Federalisme Socialisme et Antitheologisme" (1867) finden sich Gedankengänge zur Gene- alogie der Moral, die fast wörtlich bei Nietzsche wiederkehren. Und die Lektüre von "Dieu et l'Etat" kann Nietzsche durch eine gemeinsame Freundin, Malvida von Meysenbug, vermittelt worden sein. "Dieu et l'Etat" wurde nach der ersten Veröffentlichung (1882) in fast alle wichtigeren Sprachen übersetzt. 28) Im Jahre 1864. Die ersten Aufzeichnungen zu "Anti- theologisme" und "Dieu et l'Etat" entstanden als Antwort auf einen päpstlichen Syllabus vom Winter 1864. Gerade die toskanische Freimaurerei, an die Bakunin Empfehlungen von Mazzini hatte, führte damals einen heftigen Kampf gegen das Papsttum. 29) "Franz von Baader als Begründer der Philosophie der Zukunft", herausg. von Dr. Franz Hoffmann, Verlag H. Bethmann, Leipzig, 1856, S. 12, 18. 30) Ebendort, S. 17, 19. 31) Ebendort, S. 13. 32) Wo diese Worte sich in Baaders Werken finden, weiss ich nicht. Sie wurden mir von einer Schwester des Ordo templi 24) Seine Freigeisterei kam nur Bismarck und dessen Nach- folgern zustatten. Allerhand Sottisen gegen die Religion vorbringen zu dürfen, war in Preussen seit Friedrich II. gerne erlaubt. Dieser Umstand allein hätte genügen sollen, gegen die Freigeisterei und den Atheismus skeptisch zu stimmen. Es charakterisiert die Freiheit, dass sie zur Sklaverei führt, wenn sie sich gegen die Gottesidee richtet. 25) Protektor dieser Kampagne war Karl Marx. 26) Vergl. die beiden von Marx verfassten und klandestin ver- breiteten Schriften „Confidentielle Mitteilung International Working mens Assoziation Central Council London“ nebst Brief an Kugel- mann, vom 28. März 1870, (mitgeteilt und in ihrem unerhörten Inhalt glossiert von Dr. Fritz Brupbacher, „Marx und Bakunin“. S. Birk & Co, München, S. 79 ff.) und „Angebliche Spaltungen in der Internationale“ (Mai 1872), deren Richtigstellung und Kom- mentar James Guillaume in seinen Erinnerungen gegeben hat. Vergl. auch James Guillaume, „Karl Marx Pangermaniste et l'Association Internationale des Travailleurs de 1864 à 1870“, Armand Colin, Paris, 1915. „Um sich eine rechte Vorstellung zu machen“, schreibt Brupbacher von der zweiten Schrift, „lese man die „Konfidentielle Mitteilung“ nochmals nach und erhebe sie in die zehnte Potenz“. 27) Es ist sehr naheliegend anzunehmen, dass Nietzsche beide Schriften Bakunins gekannt hat. In „Fédéralisme Socialisme et Antithéologisme“ (1867) finden sich Gedankengänge zur Gene- alogie der Moral, die fast wörtlich bei Nietzsche wiederkehren. Und die Lektüre von „Dieu et l'Etat“ kann Nietzsche durch eine gemeinsame Freundin, Malvida von Meysenbug, vermittelt worden sein. „Dieu et l'Etat“ wurde nach der ersten Veröffentlichung (1882) in fast alle wichtigeren Sprachen übersetzt. 28) Im Jahre 1864. Die ersten Aufzeichnungen zu „Anti- théologisme“ und „Dieu et l'Etat“ entstanden als Antwort auf einen päpstlichen Syllabus vom Winter 1864. Gerade die toskanische Freimaurerei, an die Bakunin Empfehlungen von Mazzini hatte, führte damals einen heftigen Kampf gegen das Papsttum. 29) „Franz von Baader als Begründer der Philosophie der Zukunft“, herausg. von Dr. Franz Hoffmann, Verlag H. Bethmann, Leipzig, 1856, S. 12, 18. 30) Ebendort, S. 17, 19. 31) Ebendort, S. 13. 32) Wo diese Worte sich in Baaders Werken finden, weiss ich nicht. Sie wurden mir von einer Schwester des Ordo templi <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0284" n="276"/> <note xml:id="id24b24c" prev="id24c" place="end" n="24)"> Seine Freigeisterei kam nur Bismarck und dessen Nach-<lb/> folgern zustatten. Allerhand Sottisen gegen die Religion vorbringen<lb/> zu dürfen, war in Preussen seit Friedrich II. gerne erlaubt. Dieser<lb/> Umstand allein hätte genügen sollen, gegen die Freigeisterei<lb/> und den Atheismus skeptisch zu stimmen. 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²⁴⁾ Seine Freigeisterei kam nur Bismarck und dessen Nach-
folgern zustatten. Allerhand Sottisen gegen die Religion vorbringen
zu dürfen, war in Preussen seit Friedrich II. gerne erlaubt. Dieser
Umstand allein hätte genügen sollen, gegen die Freigeisterei
und den Atheismus skeptisch zu stimmen. Es charakterisiert die
Freiheit, dass sie zur Sklaverei führt, wenn sie sich gegen die
Gottesidee richtet.
²⁵⁾ Protektor dieser Kampagne war Karl Marx.
²⁶⁾ Vergl. die beiden von Marx verfassten und klandestin ver-
breiteten Schriften „Confidentielle Mitteilung International Working
mens Assoziation Central Council London“ nebst Brief an Kugel-
mann, vom 28. März 1870, (mitgeteilt und in ihrem unerhörten
Inhalt glossiert von Dr. Fritz Brupbacher, „Marx und Bakunin“.
S. Birk & Co, München, S. 79 ff.) und „Angebliche Spaltungen in
der Internationale“ (Mai 1872), deren Richtigstellung und Kom-
mentar James Guillaume in seinen Erinnerungen gegeben hat.
Vergl. auch James Guillaume, „Karl Marx Pangermaniste et
l'Association Internationale des Travailleurs de 1864 à 1870“,
Armand Colin, Paris, 1915. „Um sich eine rechte Vorstellung
zu machen“, schreibt Brupbacher von der zweiten Schrift, „lese
man die „Konfidentielle Mitteilung“ nochmals nach und erhebe
sie in die zehnte Potenz“.
²⁷⁾ Es ist sehr naheliegend anzunehmen, dass Nietzsche
beide Schriften Bakunins gekannt hat. In „Fédéralisme Socialisme
et Antithéologisme“ (1867) finden sich Gedankengänge zur Gene-
alogie der Moral, die fast wörtlich bei Nietzsche wiederkehren.
Und die Lektüre von „Dieu et l'Etat“ kann Nietzsche durch eine
gemeinsame Freundin, Malvida von Meysenbug, vermittelt worden
sein. „Dieu et l'Etat“ wurde nach der ersten Veröffentlichung
(1882) in fast alle wichtigeren Sprachen übersetzt.
²⁸⁾ Im Jahre 1864. Die ersten Aufzeichnungen zu „Anti-
théologisme“ und „Dieu et l'Etat“ entstanden als Antwort auf
einen päpstlichen Syllabus vom Winter 1864. Gerade die toskanische
Freimaurerei, an die Bakunin Empfehlungen von Mazzini hatte,
führte damals einen heftigen Kampf gegen das Papsttum.
²⁹⁾ „Franz von Baader als Begründer der Philosophie der
Zukunft“, herausg. von Dr. Franz Hoffmann, Verlag H. Bethmann,
Leipzig, 1856, S. 12, 18.
³⁰⁾ Ebendort, S. 17, 19.
³¹⁾ Ebendort, S. 13.
³²⁾ Wo diese Worte sich in Baaders Werken finden, weiss
ich nicht. Sie wurden mir von einer Schwester des Ordo templi
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