Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919.

Bild:
<< vorherige Seite
einander zu einem edlen und wichtigen Unternehmen... Vereint
wird es den Völkern gelingen... Alle Streitigkeiten und Feind-
seligkeiten gegen einander müssen die Völker unterdrücken, allen
Unwillen gegen die gemeinsamen Feinde, gegen die übermütigen,
überstolzen... Menschen wenden, die sie elend machen und
ihnen die besten Früchte ihrer Arbeit rauben". (Jahrbuch der
Freien Generation für 1914, redigiert von Pierre Ramus, 5. Band,
Zürich, S. 30.)
47) Mehring, Bd. I, S. 216.
48) Ebendort.
49) Mehring, Bd. I, S. 325, Marx gegen Proudhon.
50) Franz Mehring, "Sozialistische Lyrik", Archiv für die
Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, herausg.
von Dr. Karl Grünberg, IV. Jahrgang, Leipzig 1913, S. 112.
51) "Das Kommunistische Manifest", Vorwort von Karl
Kautsky, Vorwärts, Berlin, 1917, S. 45.
52) Ebendort, S. 31.
53) In der Vorrede zur Ausgabe von 1872 (!) erklärten die
Autoren des "Kommunistischen Manifestes", dass sie auf prak-
tische Forderungen kein besonderes Gewicht mehr legten, sich
vielmehr "im Grossen und Ganzen mit allgemeinen Grundsätzen"
begnügen wollten, und in der Ausgabe von 1883 setzte Engels
auseinander, "der durchgehende Grundgedanke" des Manifestes
sei der historische Materialismus. Erst in der Vorrede von 1890
(zur Zeit der Entlassung Bismarcks und des Eisenacher Programms)
kann man wieder lesen, dass Marx an den endlichen Sieg der
im Manifest niedergelegten "Grundsätze" glaube. Jetzt wurde
auch der Streit zwischen den beiden durch die Namen Lassalle
und Marx gekennzeichneten sozialdemokratischen Richtungen
endgiltig beigelegt. (Erfurter Parteitag 1891.) Der Halle'sche
Parteitag (1890) hatte beschlossen, dass die "Wissenschaft" im
Programm zu vollen Ehren gelangen solle. Die Wissenschaft:
das war in der Hauptsache das "Kommunistische Manifest",
Elaborat eines deutschen Gelehrten, verschroben, utopisch und
doktrinär.
54) Man hat diese Tatsache wenig beachtet und unterschätzt
sie noch heute. Das deutsche "Proletariat" unterschied sich vor
dem Krieg und unterscheidet sich noch heute nicht nur ökono-
misch und ideell, sondern vor allem in seiner Stellung zur preus-
sisch-protestantischen Staatsidee so ungeheuer von jedem anderen
Proletariat der Welt, dass der internationale Begriff Sozialdemo-
kratie dieses Proletariat mit den andern wirklich nur durch die
einander zu einem edlen und wichtigen Unternehmen... Vereint
wird es den Völkern gelingen... Alle Streitigkeiten und Feind-
seligkeiten gegen einander müssen die Völker unterdrücken, allen
Unwillen gegen die gemeinsamen Feinde, gegen die übermütigen,
überstolzen... Menschen wenden, die sie elend machen und
ihnen die besten Früchte ihrer Arbeit rauben“. (Jahrbuch der
Freien Generation für 1914, redigiert von Pierre Ramus, 5. Band,
Zürich, S. 30.)
47) Mehring, Bd. I, S. 216.
48) Ebendort.
49) Mehring, Bd. I, S. 325, Marx gegen Proudhon.
50) Franz Mehring, „Sozialistische Lyrik“, Archiv für die
Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, herausg.
von Dr. Karl Grünberg, IV. Jahrgang, Leipzig 1913, S. 112.
51) „Das Kommunistische Manifest“, Vorwort von Karl
Kautsky, Vorwärts, Berlin, 1917, S. 45.
52) Ebendort, S. 31.
53) In der Vorrede zur Ausgabe von 1872 (!) erklärten die
Autoren des „Kommunistischen Manifestes“, dass sie auf prak-
tische Forderungen kein besonderes Gewicht mehr legten, sich
vielmehr „im Grossen und Ganzen mit allgemeinen Grundsätzen“
begnügen wollten, und in der Ausgabe von 1883 setzte Engels
auseinander, „der durchgehende Grundgedanke“ des Manifestes
sei der historische Materialismus. Erst in der Vorrede von 1890
(zur Zeit der Entlassung Bismarcks und des Eisenacher Programms)
kann man wieder lesen, dass Marx an den endlichen Sieg der
im Manifest niedergelegten „Grundsätze“ glaube. Jetzt wurde
auch der Streit zwischen den beiden durch die Namen Lassalle
und Marx gekennzeichneten sozialdemokratischen Richtungen
endgiltig beigelegt. (Erfurter Parteitag 1891.) Der Halle'sche
Parteitag (1890) hatte beschlossen, dass die „Wissenschaft“ im
Programm zu vollen Ehren gelangen solle. Die Wissenschaft:
das war in der Hauptsache das „Kommunistische Manifest“,
Elaborat eines deutschen Gelehrten, verschroben, utopisch und
doktrinär.
54) Man hat diese Tatsache wenig beachtet und unterschätzt
sie noch heute. Das deutsche „Proletariat“ unterschied sich vor
dem Krieg und unterscheidet sich noch heute nicht nur ökono-
misch und ideell, sondern vor allem in seiner Stellung zur preus-
sisch-protestantischen Staatsidee so ungeheuer von jedem anderen
Proletariat der Welt, dass der internationale Begriff Sozialdemo-
kratie dieses Proletariat mit den andern wirklich nur durch die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <note xml:id="id46b46d" prev="id46d" place="end" n="46)"><pb facs="#f0312" n="304"/>
einander zu einem edlen und wichtigen Unternehmen... Vereint<lb/>
wird es den Völkern gelingen... Alle Streitigkeiten und Feind-<lb/>
seligkeiten gegen einander müssen die Völker unterdrücken, allen<lb/>
Unwillen gegen die gemeinsamen Feinde, gegen die übermütigen,<lb/>
überstolzen... Menschen wenden, die sie elend machen und<lb/>
ihnen die besten Früchte ihrer Arbeit rauben&#x201C;. (Jahrbuch der<lb/>
Freien Generation für 1914, redigiert von Pierre Ramus, 5. Band,<lb/>
Zürich, S. 30.)</note><lb/>
            <note xml:id="id47b47d" prev="id47d" place="end" n="47)"> Mehring, Bd. I, S. 216.</note><lb/>
            <note xml:id="id48b48d" prev="id48d" place="end" n="48)"> Ebendort.</note><lb/>
            <note xml:id="id49b49d" prev="id49d" place="end" n="49)"> Mehring, Bd. I, S. 325, Marx gegen Proudhon.</note><lb/>
            <note xml:id="id50b50d" prev="id50d" place="end" n="50)"> Franz Mehring, &#x201E;Sozialistische Lyrik&#x201C;, Archiv für die<lb/>
Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, herausg.<lb/>
von Dr. Karl Grünberg, IV. Jahrgang, Leipzig 1913, S. 112.</note><lb/>
            <note xml:id="id51b51d" prev="id51d" place="end" n="51)"> &#x201E;Das Kommunistische Manifest&#x201C;, Vorwort von Karl<lb/>
Kautsky, Vorwärts, Berlin, 1917, S. 45.</note><lb/>
            <note xml:id="id52b52d" prev="id52d" place="end" n="52)"> Ebendort, S. 31.</note><lb/>
            <note xml:id="id53b53d" prev="id53d" place="end" n="53)"> In der Vorrede zur Ausgabe von 1872 (!) erklärten die<lb/>
Autoren des &#x201E;Kommunistischen Manifestes&#x201C;, dass sie auf prak-<lb/>
tische Forderungen kein besonderes Gewicht mehr legten, sich<lb/>
vielmehr &#x201E;im Grossen und Ganzen mit <hi rendition="#i">allgemeinen</hi> Grundsätzen&#x201C;<lb/>
begnügen wollten, und in der Ausgabe von 1883 setzte Engels<lb/>
auseinander, &#x201E;der durchgehende Grundgedanke&#x201C; des Manifestes<lb/>
sei der historische Materialismus. Erst in der Vorrede von 1890<lb/>
(zur Zeit der Entlassung Bismarcks und des Eisenacher Programms)<lb/>
kann man wieder lesen, dass Marx an den endlichen Sieg der<lb/>
im Manifest niedergelegten &#x201E;Grundsätze&#x201C; glaube. Jetzt wurde<lb/>
auch der Streit zwischen den beiden durch die Namen Lassalle<lb/>
und Marx gekennzeichneten sozialdemokratischen Richtungen<lb/>
endgiltig beigelegt. (Erfurter Parteitag 1891.) Der Halle'sche<lb/>
Parteitag (1890) hatte beschlossen, dass die &#x201E;Wissenschaft&#x201C; im<lb/>
Programm zu vollen Ehren gelangen solle. Die Wissenschaft:<lb/>
das war in der Hauptsache das &#x201E;Kommunistische Manifest&#x201C;,<lb/>
Elaborat eines deutschen Gelehrten, verschroben, utopisch und<lb/>
doktrinär.</note><lb/>
            <note xml:id="id54b54d" prev="id54d" place="end" n="54)"> Man hat diese Tatsache wenig beachtet und unterschätzt<lb/>
sie noch heute. Das deutsche &#x201E;Proletariat&#x201C; unterschied sich vor<lb/>
dem Krieg und unterscheidet sich noch heute nicht nur ökono-<lb/>
misch und ideell, sondern vor allem in seiner Stellung zur preus-<lb/>
sisch-protestantischen Staatsidee so ungeheuer von jedem anderen<lb/>
Proletariat der Welt, dass der internationale Begriff Sozialdemo-<lb/>
kratie dieses Proletariat mit den andern wirklich nur durch die<lb/></note>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[304/0312] ⁴⁶⁾ einander zu einem edlen und wichtigen Unternehmen... Vereint wird es den Völkern gelingen... Alle Streitigkeiten und Feind- seligkeiten gegen einander müssen die Völker unterdrücken, allen Unwillen gegen die gemeinsamen Feinde, gegen die übermütigen, überstolzen... Menschen wenden, die sie elend machen und ihnen die besten Früchte ihrer Arbeit rauben“. (Jahrbuch der Freien Generation für 1914, redigiert von Pierre Ramus, 5. Band, Zürich, S. 30.) ⁴⁷⁾ Mehring, Bd. I, S. 216. ⁴⁸⁾ Ebendort. ⁴⁹⁾ Mehring, Bd. I, S. 325, Marx gegen Proudhon. ⁵⁰⁾ Franz Mehring, „Sozialistische Lyrik“, Archiv für die Geschichte des Sozialismus und der Arbeiterbewegung, herausg. von Dr. Karl Grünberg, IV. Jahrgang, Leipzig 1913, S. 112. ⁵¹⁾ „Das Kommunistische Manifest“, Vorwort von Karl Kautsky, Vorwärts, Berlin, 1917, S. 45. ⁵²⁾ Ebendort, S. 31. ⁵³⁾ In der Vorrede zur Ausgabe von 1872 (!) erklärten die Autoren des „Kommunistischen Manifestes“, dass sie auf prak- tische Forderungen kein besonderes Gewicht mehr legten, sich vielmehr „im Grossen und Ganzen mit allgemeinen Grundsätzen“ begnügen wollten, und in der Ausgabe von 1883 setzte Engels auseinander, „der durchgehende Grundgedanke“ des Manifestes sei der historische Materialismus. Erst in der Vorrede von 1890 (zur Zeit der Entlassung Bismarcks und des Eisenacher Programms) kann man wieder lesen, dass Marx an den endlichen Sieg der im Manifest niedergelegten „Grundsätze“ glaube. Jetzt wurde auch der Streit zwischen den beiden durch die Namen Lassalle und Marx gekennzeichneten sozialdemokratischen Richtungen endgiltig beigelegt. (Erfurter Parteitag 1891.) Der Halle'sche Parteitag (1890) hatte beschlossen, dass die „Wissenschaft“ im Programm zu vollen Ehren gelangen solle. Die Wissenschaft: das war in der Hauptsache das „Kommunistische Manifest“, Elaborat eines deutschen Gelehrten, verschroben, utopisch und doktrinär. ⁵⁴⁾ Man hat diese Tatsache wenig beachtet und unterschätzt sie noch heute. Das deutsche „Proletariat“ unterschied sich vor dem Krieg und unterscheidet sich noch heute nicht nur ökono- misch und ideell, sondern vor allem in seiner Stellung zur preus- sisch-protestantischen Staatsidee so ungeheuer von jedem anderen Proletariat der Welt, dass der internationale Begriff Sozialdemo- kratie dieses Proletariat mit den andern wirklich nur durch die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Schulz, Dienstleister (Muttersprachler): Bereitstellung der Texttranskription nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-02-17T09:20:45Z)
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Akademiebibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-02-17T09:20:45Z)

Weitere Informationen:

  • Nach den Richtlinien des Deutschen Textarchivs (DTA) transkribiert und ausgezeichnet.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919/312
Zitationshilfe: Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919/312>, abgerufen am 24.11.2024.