stereotype Formel: "der Knabe wuchs ohne jeden Unterricht auf" 103). Lockeres Leben mit Jagd, Wein, Weib, Spiel und Raufhändeln, so lautet sein Leumundszeugnis. An Gneisenau schreibt er: "Grüssen Sie meinen Freund Scharnhorst und sagen ihm, dass ich es ihm an's Herz lege, vor eine National- Armee zu sorgen" (1807). An Scharnhorst: "Ich kan alle- weile nich still sitzen und nich die zene zusammen Beissen wen ess Sich um dass Vatterlandt und die freyheit Handelln duht. lasst das lausse und sch .. Zeugh von denen Diploh- mahtiker zu Allen teuffeln faren; warum soll nich alles Auff- sitzen und loss auff die frantzossen wie das Heyllige donner- wetther... dahrum so sag Ich, marrsch und auff und mitt den Degen den feindt in die ribben" 104).
Clausewitz hatte, wie Gneisenau, Scharnhorst und Blücher, eine mangelhafte Schulbildung 105). Seine "Bekennt- nisse" geschrieben 1812, veröffentlicht 1867, bestätigen die Tatsache, dass sein Grossvater Theologieprofessor gewesen. Im übrigen sind sie ebenso langweilig wie anspruchsvoll. Nicht mit ihnen ist Clausewitz weltberüchtigt geworden. Er wurde es mit seinem Werk "Vom Kriege", zu dem Generalfeldmarschall Graf Schlieffen, Chef des Generalstabs der Armee, eine Einleitung geschrieben hat. Ich kann es mir nicht versagen, wenigstens einen Satz dieser Einleitung zu zitieren. Er lautet: "Der dauernde Wert des Werkes liegt neben seinem hohen ethischen und psychologischen Gehalt in der nachdrücklichen Betonung des Vernichtungs- gedankens" 106).
Ethischer Wert und Vernichtungsgedanke? Clausewitz hat viel meditiert über jenen Augenblick, in dem das Gewissen des Soldaten mit seinem blutigen Handwerk in Widerspruch gerät. Er ist der Jesuit unter den Pastorensöhnen, die den Krieg heilig sprachen und ihren entsetzlichen Zynismus mit Argumenten noch zu decken suchten. Er kommt in einem Kauderwelsch, das Kantische Aspirationen hat, zu dem Resultat, dass die Entschlossenheit, das Gegen-
stereotype Formel: „der Knabe wuchs ohne jeden Unterricht auf“ 103). Lockeres Leben mit Jagd, Wein, Weib, Spiel und Raufhändeln, so lautet sein Leumundszeugnis. An Gneisenau schreibt er: „Grüssen Sie meinen Freund Scharnhorst und sagen ihm, dass ich es ihm an's Herz lege, vor eine National- Armee zu sorgen“ (1807). An Scharnhorst: „Ich kan alle- weile nich still sitzen und nich die zene zusammen Beissen wen ess Sich um dass Vatterlandt und die freyheit Handelln duht. lasst das lausse und sch .. Zeugh von denen Diploh- mahtiker zu Allen teuffeln faren; warum soll nich alles Auff- sitzen und loss auff die frantzossen wie das Heyllige donner- wetther... dahrum so sag Ich, marrsch und auff und mitt den Degen den feindt in die ribben“ 104).
Clausewitz hatte, wie Gneisenau, Scharnhorst und Blücher, eine mangelhafte Schulbildung 105). Seine „Bekennt- nisse“ geschrieben 1812, veröffentlicht 1867, bestätigen die Tatsache, dass sein Grossvater Theologieprofessor gewesen. Im übrigen sind sie ebenso langweilig wie anspruchsvoll. Nicht mit ihnen ist Clausewitz weltberüchtigt geworden. Er wurde es mit seinem Werk „Vom Kriege“, zu dem Generalfeldmarschall Graf Schlieffen, Chef des Generalstabs der Armee, eine Einleitung geschrieben hat. Ich kann es mir nicht versagen, wenigstens einen Satz dieser Einleitung zu zitieren. Er lautet: „Der dauernde Wert des Werkes liegt neben seinem hohen ethischen und psychologischen Gehalt in der nachdrücklichen Betonung des Vernichtungs- gedankens“ 106).
Ethischer Wert und Vernichtungsgedanke? Clausewitz hat viel meditiert über jenen Augenblick, in dem das Gewissen des Soldaten mit seinem blutigen Handwerk in Widerspruch gerät. Er ist der Jesuit unter den Pastorensöhnen, die den Krieg heilig sprachen und ihren entsetzlichen Zynismus mit Argumenten noch zu decken suchten. Er kommt in einem Kauderwelsch, das Kantische Aspirationen hat, zu dem Resultat, dass die Entschlossenheit, das Gegen-
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stereotype Formel: „der Knabe wuchs ohne jeden Unterricht
auf“
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. Lockeres Leben mit Jagd, Wein, Weib, Spiel und
Raufhändeln, so lautet sein Leumundszeugnis. An Gneisenau
schreibt er: „Grüssen Sie meinen Freund Scharnhorst und
sagen ihm, dass ich es ihm an's Herz lege, vor eine National-
Armee zu sorgen“ (1807). An Scharnhorst: „Ich kan alle-
weile nich still sitzen und nich die zene zusammen Beissen
wen ess Sich um dass Vatterlandt und die freyheit Handelln
duht. lasst das lausse und sch .. Zeugh von denen Diploh-
mahtiker zu Allen teuffeln faren; warum soll nich alles Auff-
sitzen und loss auff die frantzossen wie das Heyllige donner-
wetther... dahrum so sag Ich, marrsch und auff und mitt
den Degen den feindt in die ribben“
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Clausewitz hatte, wie Gneisenau, Scharnhorst und
Blücher, eine mangelhafte Schulbildung
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nisse“ geschrieben 1812, veröffentlicht 1867, bestätigen die
Tatsache, dass sein Grossvater Theologieprofessor gewesen.
Im übrigen sind sie ebenso langweilig wie anspruchsvoll.
Nicht mit ihnen ist Clausewitz weltberüchtigt geworden.
Er wurde es mit seinem Werk „Vom Kriege“, zu dem
Generalfeldmarschall Graf Schlieffen, Chef des Generalstabs
der Armee, eine Einleitung geschrieben hat. Ich kann es
mir nicht versagen, wenigstens einen Satz dieser Einleitung
zu zitieren. Er lautet: „Der dauernde Wert des Werkes
liegt neben seinem hohen ethischen und psychologischen
Gehalt in der nachdrücklichen Betonung des Vernichtungs-
gedankens“
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Ethischer Wert und Vernichtungsgedanke? Clausewitz
hat viel meditiert über jenen Augenblick, in dem das
Gewissen des Soldaten mit seinem blutigen Handwerk in
Widerspruch gerät. Er ist der Jesuit unter den Pastorensöhnen,
die den Krieg heilig sprachen und ihren entsetzlichen
Zynismus mit Argumenten noch zu decken suchten. Er
kommt in einem Kauderwelsch, das Kantische Aspirationen
hat, zu dem Resultat, dass die Entschlossenheit, das Gegen-
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Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919/98>, abgerufen am 27.11.2024.
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