Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

Bild:
<< vorherige Seite

Joh. Barclayens Argenis/
von blödem Verstande fället/ ist auch wol etwas er-
bärmlichers als eine solche elende Nachfolgung im
Regimente? Der Vnterthanen Mutwille wartet
so lange nicht biß ein solcher König zu vollkomme-
nen Jahren gereichet; sondern/ in dem das einfältige
vnd vnerfahrene Alter verachtet wird/ so erregen
sich solche allgemeine Vbel/ daß hernach der Scha-
den durch langer Zeit Wolstand kaum ersetzet wer-
den kan. Dann es regieret damals ein jedweder: ein
jedweder beraubet die Vnterthanen; so das ob sie
gleich nicht nur von den Königen vnterdruckt wer-
den/ sie dennoch sich trösten können vnter dem An-
sehen der jenigen die jhnen Verdrang thun: Lassen
wir eines nur etwas erfahrenen Schiffmannes
Sohn der keinen Bescheid weiß an deß Vattern
Stelle nicht kommen/ auß Furchte daß dieser die/
welche jener erhalten hat/ möchte vmbstürtzen; vnd
wird in der Schulen der Welt Weißheit nach Ab-
sterben deß Lehrmeisters nicht der genommen der
jhm am nechsten/ sondern der jhm an Geschicklig-
keit am ähnlichsten ist: warumb gehen wir mit der
Kunst zu regieren/ welche voller Lehren stecket/ vnd
an derer Mängel einen allgemeinen Schaden ver-
vrsachen/ anders vmb/ vnd vbergeben sie Knaben/
welche wann sie die Kron durch das Recht der Erb-
schafft erlangen/ so erlangen wir eben durch dasselbe
Recht vnsern endlichen Vntergang? Ich wolt die-
sen Gebrauch entschüldigen/ wann wir darfür hiel-
ten daß gantze Völcker vnd Stätte der Könige we-

gen er-

Joh. Barclayens Argenis/
von bloͤdem Verſtande faͤllet/ iſt auch wol etwas er-
baͤrmlichers als eine ſolche elende Nachfolgung im
Regimente? Der Vnterthanen Mutwille wartet
ſo lange nicht biß ein ſolcher Koͤnig zu vollkomme-
nen Jahren gereichet; ſondern/ in dem das einfaͤltige
vnd vnerfahrene Alter verachtet wird/ ſo erregen
ſich ſolche allgemeine Vbel/ daß hernach der Scha-
den durch langer Zeit Wolſtand kaum erſetzet wer-
den kan. Dann es regieret damals ein jedweder: ein
jedweder beraubet die Vnterthanen; ſo das ob ſie
gleich nicht nur von den Koͤnigen vnterdruckt wer-
den/ ſie dennoch ſich troͤſten koͤnnen vnter dem An-
ſehen der jenigen die jhnen Verdrang thun: Laſſen
wir eines nur etwas erfahrenen Schiffmannes
Sohn der keinen Beſcheid weiß an deß Vattern
Stelle nicht kommen/ auß Furchte daß dieſer die/
welche jener erhalten hat/ moͤchte vmbſtuͤrtzen; vnd
wird in der Schulen der Welt Weißheit nach Ab-
ſterben deß Lehrmeiſters nicht der genommen der
jhm am nechſten/ ſondern der jhm an Geſchicklig-
keit am aͤhnlichſten iſt: warumb gehen wir mit der
Kunſt zu regieren/ welche voller Lehren ſtecket/ vnd
an derer Maͤngel einen allgemeinen Schaden ver-
vrſachen/ anders vmb/ vnd vbergeben ſie Knaben/
welche wann ſie die Kron durch das Recht der Erb-
ſchafft erlangen/ ſo erlangen wir eben durch daſſelbe
Recht vnſern endlichen Vntergang? Ich wolt die-
ſen Gebrauch entſchuͤldigen/ wann wir darfuͤr hiel-
ten daß gantze Voͤlcker vnd Staͤtte der Koͤnige we-

gen er-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0188" n="144"/><fw place="top" type="header">Joh. Barclayens Argenis/</fw><lb/>
von blo&#x0364;dem Ver&#x017F;tande fa&#x0364;llet/ i&#x017F;t auch wol etwas er-<lb/>
ba&#x0364;rmlichers als eine &#x017F;olche elende Nachfolgung im<lb/>
Regimente? Der Vnterthanen Mutwille wartet<lb/>
&#x017F;o lange nicht biß ein &#x017F;olcher Ko&#x0364;nig zu vollkomme-<lb/>
nen Jahren gereichet; &#x017F;ondern/ in dem das einfa&#x0364;ltige<lb/>
vnd vnerfahrene Alter verachtet wird/ &#x017F;o erregen<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;olche allgemeine Vbel/ daß hernach der Scha-<lb/>
den durch langer Zeit Wol&#x017F;tand kaum er&#x017F;etzet wer-<lb/>
den kan. Dann es regieret damals ein jedweder: ein<lb/>
jedweder beraubet die Vnterthanen; &#x017F;o das ob &#x017F;ie<lb/>
gleich nicht nur von den Ko&#x0364;nigen vnterdruckt wer-<lb/>
den/ &#x017F;ie dennoch &#x017F;ich tro&#x0364;&#x017F;ten ko&#x0364;nnen vnter dem An-<lb/>
&#x017F;ehen der jenigen die jhnen Verdrang thun: La&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wir eines nur etwas erfahrenen Schiffmannes<lb/>
Sohn der keinen Be&#x017F;cheid weiß an deß Vattern<lb/>
Stelle nicht kommen/ auß Furchte daß die&#x017F;er die/<lb/>
welche jener erhalten hat/ mo&#x0364;chte vmb&#x017F;tu&#x0364;rtzen; vnd<lb/>
wird in der Schulen der Welt Weißheit nach Ab-<lb/>
&#x017F;terben deß Lehrmei&#x017F;ters nicht der genommen der<lb/>
jhm am nech&#x017F;ten/ &#x017F;ondern der jhm an Ge&#x017F;chicklig-<lb/>
keit am a&#x0364;hnlich&#x017F;ten i&#x017F;t: warumb gehen wir mit der<lb/>
Kun&#x017F;t zu regieren/ welche voller Lehren &#x017F;tecket/ vnd<lb/>
an derer Ma&#x0364;ngel einen allgemeinen Schaden ver-<lb/>
vr&#x017F;achen/ anders vmb/ vnd vbergeben &#x017F;ie Knaben/<lb/>
welche wann &#x017F;ie die Kron durch das Recht der Erb-<lb/>
&#x017F;chafft erlangen/ &#x017F;o erlangen wir eben durch da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
Recht vn&#x017F;ern endlichen Vntergang? Ich wolt die-<lb/>
&#x017F;en Gebrauch ent&#x017F;chu&#x0364;ldigen/ wann wir darfu&#x0364;r hiel-<lb/>
ten daß gantze Vo&#x0364;lcker vnd Sta&#x0364;tte der Ko&#x0364;nige we-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen er-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0188] Joh. Barclayens Argenis/ von bloͤdem Verſtande faͤllet/ iſt auch wol etwas er- baͤrmlichers als eine ſolche elende Nachfolgung im Regimente? Der Vnterthanen Mutwille wartet ſo lange nicht biß ein ſolcher Koͤnig zu vollkomme- nen Jahren gereichet; ſondern/ in dem das einfaͤltige vnd vnerfahrene Alter verachtet wird/ ſo erregen ſich ſolche allgemeine Vbel/ daß hernach der Scha- den durch langer Zeit Wolſtand kaum erſetzet wer- den kan. Dann es regieret damals ein jedweder: ein jedweder beraubet die Vnterthanen; ſo das ob ſie gleich nicht nur von den Koͤnigen vnterdruckt wer- den/ ſie dennoch ſich troͤſten koͤnnen vnter dem An- ſehen der jenigen die jhnen Verdrang thun: Laſſen wir eines nur etwas erfahrenen Schiffmannes Sohn der keinen Beſcheid weiß an deß Vattern Stelle nicht kommen/ auß Furchte daß dieſer die/ welche jener erhalten hat/ moͤchte vmbſtuͤrtzen; vnd wird in der Schulen der Welt Weißheit nach Ab- ſterben deß Lehrmeiſters nicht der genommen der jhm am nechſten/ ſondern der jhm an Geſchicklig- keit am aͤhnlichſten iſt: warumb gehen wir mit der Kunſt zu regieren/ welche voller Lehren ſtecket/ vnd an derer Maͤngel einen allgemeinen Schaden ver- vrſachen/ anders vmb/ vnd vbergeben ſie Knaben/ welche wann ſie die Kron durch das Recht der Erb- ſchafft erlangen/ ſo erlangen wir eben durch daſſelbe Recht vnſern endlichen Vntergang? Ich wolt die- ſen Gebrauch entſchuͤldigen/ wann wir darfuͤr hiel- ten daß gantze Voͤlcker vnd Staͤtte der Koͤnige we- gen er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/188
Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/188>, abgerufen am 23.11.2024.