Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

Bild:
<< vorherige Seite

Das dritte Buch.
wiß ich habe wegen jhrer Einbildung eine vnruhige
Nacht gehabt; weil wir sie gestern/ wo jhr euch erin-
nert/ in einer vngleichen Schlacht gelassen haben.
Was mich aber am sorgfältigsten macht/ wie geht
es der Argenis? vermeinet jhr/ daß sie werde mit jhr
vmbgehen lassen? Selenisse sagte; die Götter ha-
ben euch erhöret/ Gnädigster König; ich kan euch
meiner Beredtsamkeit vnd Kunst versichern/ daß
Argenis anfängt zu erkennen/ sie gehe härter mit
euch vmb als sie wol solte. Dann was wöllet jhr
weiter? Ich habe sie mit meinen Worten zur Be-
rewung gebracht: sie hat verheissen/ mit ewerem bes-
seren Vergnügen hieher zukommen. Aber indessen
daß sie sich anleget/ so last mich hienauß führen was
ich angefangen habe. Dann es ist euch daran gele-
gen/ daß jhr die Theocrine kennet. Sie stritte/ wie ich
sagte/ vnd kriegte wegen deß Raubes der Feinde ein
besser Hertze; gebrauchte sich also deß Schildes vnd
Degens. Ihr hettet gesagt/ sie were im Kriege/ vnd
die Mörder im Frawen Zimmer erzogen worden.
Zwene von jnen lagen schon darnider; vnd so viel wa-
ren jhrer auch noch vbrig. Sie hatten alle Wunden.
Dann/ weil Theocrine nach den einen schmeisset/ wardt
sie von deß andern Degen ein wenig auff die Stirne
berühret. Alsbald lieff das Blutt hernach/ vnd färbe-
te jhr Schneeweisses Gesichte. Da verwandte sie die
Augen/ vnd schrie sie mit erschütterung deß Haü-
ptes vnd der Waffen dermassen an (ich fürchte mich
noch/ Herr) daß es nicht schiene menschlich zuseyn.

Wir
L l ij

Das dritte Buch.
wiß ich habe wegen jhrer Einbildung eine vnruhige
Nacht gehabt; weil wir ſie geſtern/ wo jhr euch erin-
nert/ in einer vngleichen Schlacht gelaſſen haben.
Was mich aber am ſorgfaͤltigſten macht/ wie geht
es der Argenis? vermeinet jhr/ daß ſie werde mit jhr
vmbgehen laſſen? Seleniſſe ſagte; die Goͤtter ha-
ben euch erhoͤret/ Gnaͤdigſter Koͤnig; ich kan euch
meiner Beredtſamkeit vnd Kunſt verſichern/ daß
Argenis anfaͤngt zu erkennen/ ſie gehe haͤrter mit
euch vmb als ſie wol ſolte. Dann was woͤllet jhr
weiter? Ich habe ſie mit meinen Worten zur Be-
rewung gebracht: ſie hat verheiſſen/ mit ewerem beſ-
ſeren Vergnuͤgen hieher zukommen. Aber indeſſen
daß ſie ſich anleget/ ſo laſt mich hienauß fuͤhren was
ich angefangen habe. Dann es iſt euch daran gele-
gen/ daß jhr die Theocrine kennet. Sie ſtritte/ wie ich
ſagte/ vnd kriegte wegen deß Raubes der Feinde ein
beſſer Hertze; gebrauchte ſich alſo deß Schildes vnd
Degens. Ihr hettet geſagt/ ſie were im Kriege/ vnd
die Moͤrder im Frawen Zimmer erzogen worden.
Zwene von jnen lagen ſchon darnider; vñ ſo viel wa-
ren jhrer auch noch vbrig. Sie hatten alle Wunden.
Dañ/ weil Theocrine nach dẽ einẽ ſchmeiſſet/ wardt
ſie von deß andern Degen ein wenig auff die Stirne
beruͤhret. Alsbald lieff das Blutt hernach/ vnd faͤrbe-
te jhr Schneeweiſſes Geſichte. Da verwandte ſie die
Augen/ vnd ſchrie ſie mit erſchuͤtterung deß Hauͤ-
ptes vnd der Waffen dermaſſen an (ich fuͤrchte mich
noch/ Herꝛ) daß es nicht ſchiene menſchlich zuſeyn.

Wir
L l ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0575" n="531"/><fw place="top" type="header">Das dritte Buch.</fw><lb/>
wiß ich habe wegen jhrer Einbildung eine vnruhige<lb/>
Nacht gehabt; weil wir &#x017F;ie ge&#x017F;tern/ wo jhr euch erin-<lb/>
nert/ in einer vngleichen Schlacht gela&#x017F;&#x017F;en haben.<lb/>
Was mich aber am &#x017F;orgfa&#x0364;ltig&#x017F;ten macht/ wie geht<lb/>
es der Argenis? vermeinet jhr/ daß &#x017F;ie werde mit jhr<lb/>
vmbgehen la&#x017F;&#x017F;en? Seleni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;agte; die Go&#x0364;tter ha-<lb/>
ben euch erho&#x0364;ret/ Gna&#x0364;dig&#x017F;ter Ko&#x0364;nig; ich kan euch<lb/>
meiner Beredt&#x017F;amkeit vnd Kun&#x017F;t ver&#x017F;ichern/ daß<lb/>
Argenis anfa&#x0364;ngt zu erkennen/ &#x017F;ie gehe ha&#x0364;rter mit<lb/>
euch vmb als &#x017F;ie wol &#x017F;olte. Dann was wo&#x0364;llet jhr<lb/>
weiter? Ich habe &#x017F;ie mit meinen Worten zur Be-<lb/>
rewung gebracht: &#x017F;ie hat verhei&#x017F;&#x017F;en/ mit ewerem be&#x017F;-<lb/>
&#x017F;eren Vergnu&#x0364;gen hieher zukommen. Aber inde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
daß &#x017F;ie &#x017F;ich anleget/ &#x017F;o la&#x017F;t mich hienauß fu&#x0364;hren was<lb/>
ich angefangen habe. Dann es i&#x017F;t euch daran gele-<lb/>
gen/ daß jhr die Theocrine kennet. Sie &#x017F;tritte/ wie ich<lb/>
&#x017F;agte/ vnd kriegte wegen deß Raubes der Feinde ein<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er Hertze; gebrauchte &#x017F;ich al&#x017F;o deß Schildes vnd<lb/>
Degens. Ihr hettet ge&#x017F;agt/ &#x017F;ie were im Kriege/ vnd<lb/>
die Mo&#x0364;rder im Frawen Zimmer erzogen worden.<lb/>
Zwene von jnen lagen &#x017F;chon darnider; vn&#x0303; &#x017F;o viel wa-<lb/>
ren jhrer auch noch vbrig. Sie hatten alle Wunden.<lb/>
Dan&#x0303;/ weil Theocrine nach de&#x0303; eine&#x0303; &#x017F;chmei&#x017F;&#x017F;et/ wardt<lb/>
&#x017F;ie von deß andern Degen ein wenig auff die Stirne<lb/>
beru&#x0364;hret. Alsbald lieff das Blutt hernach/ vnd fa&#x0364;rbe-<lb/>
te jhr Schneewei&#x017F;&#x017F;es Ge&#x017F;ichte. Da verwandte &#x017F;ie die<lb/>
Augen/ vnd &#x017F;chrie &#x017F;ie mit er&#x017F;chu&#x0364;tterung deß Hau&#x0364;-<lb/>
ptes vnd der Waffen derma&#x017F;&#x017F;en an (ich fu&#x0364;rchte mich<lb/>
noch/ Her&#xA75B;) daß es nicht &#x017F;chiene men&#x017F;chlich zu&#x017F;eyn.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l ij</fw><fw place="bottom" type="catch">Wir</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[531/0575] Das dritte Buch. wiß ich habe wegen jhrer Einbildung eine vnruhige Nacht gehabt; weil wir ſie geſtern/ wo jhr euch erin- nert/ in einer vngleichen Schlacht gelaſſen haben. Was mich aber am ſorgfaͤltigſten macht/ wie geht es der Argenis? vermeinet jhr/ daß ſie werde mit jhr vmbgehen laſſen? Seleniſſe ſagte; die Goͤtter ha- ben euch erhoͤret/ Gnaͤdigſter Koͤnig; ich kan euch meiner Beredtſamkeit vnd Kunſt verſichern/ daß Argenis anfaͤngt zu erkennen/ ſie gehe haͤrter mit euch vmb als ſie wol ſolte. Dann was woͤllet jhr weiter? Ich habe ſie mit meinen Worten zur Be- rewung gebracht: ſie hat verheiſſen/ mit ewerem beſ- ſeren Vergnuͤgen hieher zukommen. Aber indeſſen daß ſie ſich anleget/ ſo laſt mich hienauß fuͤhren was ich angefangen habe. Dann es iſt euch daran gele- gen/ daß jhr die Theocrine kennet. Sie ſtritte/ wie ich ſagte/ vnd kriegte wegen deß Raubes der Feinde ein beſſer Hertze; gebrauchte ſich alſo deß Schildes vnd Degens. Ihr hettet geſagt/ ſie were im Kriege/ vnd die Moͤrder im Frawen Zimmer erzogen worden. Zwene von jnen lagen ſchon darnider; vñ ſo viel wa- ren jhrer auch noch vbrig. Sie hatten alle Wunden. Dañ/ weil Theocrine nach dẽ einẽ ſchmeiſſet/ wardt ſie von deß andern Degen ein wenig auff die Stirne beruͤhret. Alsbald lieff das Blutt hernach/ vnd faͤrbe- te jhr Schneeweiſſes Geſichte. Da verwandte ſie die Augen/ vnd ſchrie ſie mit erſchuͤtterung deß Hauͤ- ptes vnd der Waffen dermaſſen an (ich fuͤrchte mich noch/ Herꝛ) daß es nicht ſchiene menſchlich zuſeyn. Wir L l ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/575
Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 531. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/575>, abgerufen am 25.11.2024.