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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Joh. Barclayens Argenis/
Du bedenckest es zulangsam/ Selenisse. Es were
eine Tugend gewesen/ wann du dein Hertze für V-
belthat verschlossen hettest. Weil du nun so vn-
glückselig gesündiget hast/ so ist deine Klage nicht
besser als der Mörder. Hat mich dann Radirobanes
mit so feindlicher Beklagung vmbringen wöllen:
welchen ich mit nichts beleydiget habe/ außgenom-
men das/ wie andere Sachen/ auch zu grosse Gunst
einen Eckel zukriegen pfleget? Ach dem Vbel? wen
werde ich dürffen anschawen? zu wem werde ich
fliehen? oder wer wird mich hören von Verrähte-
rey klagen/ derer ich ein Exempel bin? Warumb
eile ich nicht mich deß Tagesliechtes zuberauben?
Bedecke ich nicht die Schande meines jetzigen La-
sters mit einem Ende daß meiner ersten Tugend
gemässe ist? Auff was warte ich länger? Arge-
nis hasset mich/ den Meineyd kan ich nicht ent-
schüldigen. Vielleicht wird auch der König sei-
ne Rache vnter anderer Beschönung sättigen/ den
mein Verdienst/ vnd der Tochter Klage so sehr ge-
reitzet hat. Man weiß noch nicht/ wie ich verstehen
können/ daß ich den Radirobanes zu der Entfüh-
rung durch meinen Rhat auffgefrischet habe. Im
Fall dieses wird außkommen (dann was kan ich
hoffen daß es werde verschwiegen bleiben?) welche
Verfliessung der Zeit/ welche Götter werden das
Gedächtnüß solchen Verbrechens meiner Herr-
schafft auß dem Gemüte können bringen? Ich mag
sie auch erweichen wie ich wil/ so werden sie mir doch

befeh-

Joh. Barclayens Argenis/
Du bedenckeſt es zulangſam/ Seleniſſe. Es were
eine Tugend geweſen/ wann du dein Hertze fuͤr V-
belthat verſchloſſen hetteſt. Weil du nun ſo vn-
gluͤckſelig geſuͤndiget haſt/ ſo iſt deine Klage nicht
beſſer als der Moͤrder. Hat mich dañ Radirobanes
mit ſo feindlicher Beklagung vmbringen woͤllen:
welchen ich mit nichts beleydiget habe/ außgenom-
men das/ wie andere Sachen/ auch zu groſſe Gunſt
einen Eckel zukriegen pfleget? Ach dem Vbel? wen
werde ich duͤrffen anſchawen? zu wem werde ich
fliehen? oder wer wird mich hoͤren von Verꝛaͤhte-
rey klagen/ derer ich ein Exempel bin? Warumb
eile ich nicht mich deß Tagesliechtes zuberauben?
Bedecke ich nicht die Schande meines jetzigen La-
ſters mit einem Ende daß meiner erſten Tugend
gemaͤſſe iſt? Auff was warte ich laͤnger? Arge-
nis haſſet mich/ den Meineyd kan ich nicht ent-
ſchuͤldigen. Vielleicht wird auch der Koͤnig ſei-
ne Rache vnter anderer Beſchoͤnung ſaͤttigen/ den
mein Verdienſt/ vnd der Tochter Klage ſo ſehr ge-
reitzet hat. Man weiß noch nicht/ wie ich verſtehen
koͤnnen/ daß ich den Radirobanes zu der Entfuͤh-
rung durch meinen Rhat auffgefriſchet habe. Im
Fall dieſes wird außkommen (dann was kan ich
hoffen daß es werde verſchwiegen bleiben?) welche
Verflieſſung der Zeit/ welche Goͤtter werden das
Gedaͤchtnuͤß ſolchen Verbrechens meiner Herꝛ-
ſchafft auß dem Gemuͤte koͤnnen bringen? Ich mag
ſie auch erweichẽ wie ich wil/ ſo werden ſie mir doch

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[628/0672] Joh. Barclayens Argenis/ Du bedenckeſt es zulangſam/ Seleniſſe. Es were eine Tugend geweſen/ wann du dein Hertze fuͤr V- belthat verſchloſſen hetteſt. Weil du nun ſo vn- gluͤckſelig geſuͤndiget haſt/ ſo iſt deine Klage nicht beſſer als der Moͤrder. Hat mich dañ Radirobanes mit ſo feindlicher Beklagung vmbringen woͤllen: welchen ich mit nichts beleydiget habe/ außgenom- men das/ wie andere Sachen/ auch zu groſſe Gunſt einen Eckel zukriegen pfleget? Ach dem Vbel? wen werde ich duͤrffen anſchawen? zu wem werde ich fliehen? oder wer wird mich hoͤren von Verꝛaͤhte- rey klagen/ derer ich ein Exempel bin? Warumb eile ich nicht mich deß Tagesliechtes zuberauben? Bedecke ich nicht die Schande meines jetzigen La- ſters mit einem Ende daß meiner erſten Tugend gemaͤſſe iſt? Auff was warte ich laͤnger? Arge- nis haſſet mich/ den Meineyd kan ich nicht ent- ſchuͤldigen. Vielleicht wird auch der Koͤnig ſei- ne Rache vnter anderer Beſchoͤnung ſaͤttigen/ den mein Verdienſt/ vnd der Tochter Klage ſo ſehr ge- reitzet hat. Man weiß noch nicht/ wie ich verſtehen koͤnnen/ daß ich den Radirobanes zu der Entfuͤh- rung durch meinen Rhat auffgefriſchet habe. Im Fall dieſes wird außkommen (dann was kan ich hoffen daß es werde verſchwiegen bleiben?) welche Verflieſſung der Zeit/ welche Goͤtter werden das Gedaͤchtnuͤß ſolchen Verbrechens meiner Herꝛ- ſchafft auß dem Gemuͤte koͤnnen bringen? Ich mag ſie auch erweichẽ wie ich wil/ ſo werden ſie mir doch befeh-

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 628. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/672>, abgerufen am 22.11.2024.