Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.Joh Barclayens Argenis/ ling freundtlich an/ vnd fragte nach seinem Namen.Er gab mir zur Antwort/ das erstemal als er gefan- gen worden/ hette er Scordanes geheissen; dieses jtzi- ge mal wisse er nicht/ wie jhn seine Herren nennen möchten. So seydt jhr/ sagte ich/ vor diesem auch gefangen gewesen? Freylich/ hub er an. Wannher seyd jhr mein Sohn? vnd wie war ewerer erster Na- men? Ich weiß mich ein wenig zuer innern/ sprach er/ daß ich durch gerüstete Leute als ich noch klei- ne war/ auß meines Vattern Hause entführet wardt. Dessen bin ich noch ingedenck/ daß wir auff dem Lande gewohnet/ vnd die Mutter mich Astioristes genennet habe. Nachmals hat mich der König Aneroest/ auß Verehrung derer dien mich geraubet bekommen/ nebenst dessen Kindern ich mit gleichmässiger Zier vnd grosser Gnaden etliche Jahre stattlich erzogen worden. Er hat auch gewolt/ daß ich zu Versuchung im Kriegeswe- sen bey jetziger Gelegenheit seyn solte; darinnen ich/ ach/ nicht weiß wohin er kommen sey/ vnd selber in einen andern/ zweiffels ohn ärgerern/ Zustandt gerahten bin. Vnter diesen Worten geriehte er in grosse Wehmuth. Ich aber/ der nunmehr aller Sachen gewiß war/ danckte den Göttern; denen ich vielmehr als dem Glück den Verlauff deß gantzen Wesens zuschrieb. Die Götter/ mein Sohn/ sagte ich/ haben euch nicht vbel gemeinet: Ihr sollet auch dem Glück danckbar seyn/ daß euch durch so viel Zufälle in der Königin Hauß hat bringen wöllen. Ihr
Joh Barclayens Argenis/ ling freundtlich an/ vnd fragte nach ſeinem Namẽ.Er gab mir zur Antwort/ das erſtemal als er gefan- gen worden/ hette er Scordanes geheiſſen; dieſes jtzi- ge mal wiſſe er nicht/ wie jhn ſeine Herꝛen nennen moͤchten. So ſeydt jhr/ ſagte ich/ vor dieſem auch gefangen geweſen? Freylich/ hub er an. Wannher ſeyd jhr mein Sohn? vnd wie war ewerer erſter Na- men? Ich weiß mich ein wenig zuer innern/ ſprach er/ daß ich durch geruͤſtete Leute als ich noch klei- ne war/ auß meines Vattern Hauſe entfuͤhret wardt. Deſſen bin ich noch ingedenck/ daß wir auff dem Lande gewohnet/ vnd die Mutter mich Aſtioriſtes genennet habe. Nachmals hat mich der Koͤnig Aneroeſt/ auß Verehrung derer diẽ mich geraubet bekommen/ nebenſt deſſen Kindern ich mit gleichmaͤſſiger Zier vnd groſſer Gnaden etliche Jahre ſtattlich erzogen worden. Er hat auch gewolt/ daß ich zu Verſuchung im Kriegeswe- ſen bey jetziger Gelegenheit ſeyn ſolte; darinnen ich/ ach/ nicht weiß wohin er kommen ſey/ vnd ſelber in einen andern/ zweiffels ohn aͤrgerern/ Zuſtandt gerahten bin. Vnter dieſen Worten geriehte er in groſſe Wehmuth. Ich aber/ der nunmehr aller Sachen gewiß war/ danckte den Goͤttern; denen ich vielmehr als dem Gluͤck den Verlauff deß gantzen Weſens zuſchrieb. Die Goͤtter/ mein Sohn/ ſagte ich/ haben euch nicht vbel gemeinet: Ihr ſollet auch dem Gluͤck danckbar ſeyn/ daß euch durch ſo viel Zufaͤlle in der Koͤnigin Hauß hat bringen woͤllen. Ihr
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Joh Barclayens Argenis/
ling freundtlich an/ vnd fragte nach ſeinem Namẽ.
Er gab mir zur Antwort/ das erſtemal als er gefan-
gen worden/ hette er Scordanes geheiſſen; dieſes jtzi-
ge mal wiſſe er nicht/ wie jhn ſeine Herꝛen nennen
moͤchten. So ſeydt jhr/ ſagte ich/ vor dieſem auch
gefangen geweſen? Freylich/ hub er an. Wannher
ſeyd jhr mein Sohn? vnd wie war ewerer erſter Na-
men? Ich weiß mich ein wenig zuer innern/ ſprach
er/ daß ich durch geruͤſtete Leute als ich noch klei-
ne war/ auß meines Vattern Hauſe entfuͤhret
wardt. Deſſen bin ich noch ingedenck/ daß wir
auff dem Lande gewohnet/ vnd die Mutter mich
Aſtioriſtes genennet habe. Nachmals hat mich
der Koͤnig Aneroeſt/ auß Verehrung derer diẽ
mich geraubet bekommen/ nebenſt deſſen Kindern
ich mit gleichmaͤſſiger Zier vnd groſſer Gnaden
etliche Jahre ſtattlich erzogen worden. Er hat auch
gewolt/ daß ich zu Verſuchung im Kriegeswe-
ſen bey jetziger Gelegenheit ſeyn ſolte; darinnen
ich/ ach/ nicht weiß wohin er kommen ſey/ vnd ſelber
in einen andern/ zweiffels ohn aͤrgerern/ Zuſtandt
gerahten bin. Vnter dieſen Worten geriehte er in
groſſe Wehmuth. Ich aber/ der nunmehr aller
Sachen gewiß war/ danckte den Goͤttern; denen ich
vielmehr als dem Gluͤck den Verlauff deß gantzen
Weſens zuſchrieb. Die Goͤtter/ mein Sohn/ ſagte
ich/ haben euch nicht vbel gemeinet: Ihr ſollet auch
dem Gluͤck danckbar ſeyn/ daß euch durch ſo viel
Zufaͤlle in der Koͤnigin Hauß hat bringen woͤllen.
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