Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774.Von dem Grundbau ohne erhebliche Befördrung der Sacherkenntniß,gewendet. Von den so unterrichteten Schülern aber kömmt dennoch kein Vierthel zu der Fertigkeit, lateinische Bücher ohne Mühe und Verdruß zu lesen, so daß, wenn dies nicht geändert werden könnte, es besser wäre, selbst nicht einmal von den Studirenden (ausser nur nach Bestimmung zu ge- wissen Aemtern) ein Lateinischstottern und eine Lexicalübersetzung zu verlangen. Es kann aber diese Sprache jetzund noch geredet werden, denn es wird von allen Sachen, die im Unterrichte vor- kommen, lateinisch geschrieben. Das Neue kann man durch Generalnamen ausdrücken. Ja ich weis ein der Reinigkeit der Sprache unschädliches Hülfsmittel, sich in Benennung neuer Gegen- stände, ohne Weitläuftigkeit, ohne Verzögerung und ohne unnöthiges Nachschlagen zu helfen. Doch davon künftig ein Mehres! Wenn man aber ein halb Jahr von zufälligen Dingen, und im unschul- digen Scherze, nach einer im Elementarwerke an- gezeigten Weise, sehr viel mit einem Lernenden redet: so kann man hernach ernsthaft im Umgange und im Realunterrichte desselben sich der lateinischen Sprache und Bücher bedienen. So lernt er fer- ner ohne Zeitaufwand auf die Sprache, alle Re- dende und Bücher sehr fertig verstehen; auch selbst sehr fertig reden und schreiben; und ohngefähr mit solcher Richtigkeit, als ein belesener unstudirter Kaufmann in seiner Landessprache. Wie nun die- ser alsdann, wenn er ganz genaue Richtigkeit sucht, und wenn er einen lehrhaften Lehrer hat, nur ein halb
Von dem Grundbau ohne erhebliche Befoͤrdrung der Sacherkenntniß,gewendet. Von den ſo unterrichteten Schuͤlern aber koͤmmt dennoch kein Vierthel zu der Fertigkeit, lateiniſche Buͤcher ohne Muͤhe und Verdruß zu leſen, ſo daß, wenn dies nicht geaͤndert werden koͤnnte, es beſſer waͤre, ſelbſt nicht einmal von den Studirenden (auſſer nur nach Beſtimmung zu ge- wiſſen Aemtern) ein Lateiniſchſtottern und eine Lexicaluͤberſetzung zu verlangen. Es kann aber dieſe Sprache jetzund noch geredet werden, denn es wird von allen Sachen, die im Unterrichte vor- kommen, lateiniſch geſchrieben. Das Neue kann man durch Generalnamen ausdruͤcken. Ja ich weis ein der Reinigkeit der Sprache unſchaͤdliches Huͤlfsmittel, ſich in Benennung neuer Gegen- ſtaͤnde, ohne Weitlaͤuftigkeit, ohne Verzoͤgerung und ohne unnoͤthiges Nachſchlagen zu helfen. Doch davon kuͤnftig ein Mehres! Wenn man aber ein halb Jahr von zufaͤlligen Dingen, und im unſchul- digen Scherze, nach einer im Elementarwerke an- gezeigten Weiſe, ſehr viel mit einem Lernenden redet: ſo kann man hernach ernſthaft im Umgange und im Realunterrichte deſſelben ſich der lateiniſchen Sprache und Buͤcher bedienen. So lernt er fer- ner ohne Zeitaufwand auf die Sprache, alle Re- dende und Buͤcher ſehr fertig verſtehen; auch ſelbſt ſehr fertig reden und ſchreiben; und ohngefaͤhr mit ſolcher Richtigkeit, als ein beleſener unſtudirter Kaufmann in ſeiner Landesſprache. Wie nun die- ſer alsdann, wenn er ganz genaue Richtigkeit ſucht, und wenn er einen lehrhaften Lehrer hat, nur ein halb
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Von dem Grundbau
ohne erhebliche Befoͤrdrung der Sacherkenntniß,
gewendet. Von den ſo unterrichteten Schuͤlern
aber koͤmmt dennoch kein Vierthel zu der Fertigkeit,
lateiniſche Buͤcher ohne Muͤhe und Verdruß zu
leſen, ſo daß, wenn dies nicht geaͤndert werden
koͤnnte, es beſſer waͤre, ſelbſt nicht einmal von den
Studirenden (auſſer nur nach Beſtimmung zu ge-
wiſſen Aemtern) ein Lateiniſchſtottern und eine
Lexicaluͤberſetzung zu verlangen. Es kann aber
dieſe Sprache jetzund noch geredet werden, denn
es wird von allen Sachen, die im Unterrichte vor-
kommen, lateiniſch geſchrieben. Das Neue kann
man durch Generalnamen ausdruͤcken. Ja ich
weis ein der Reinigkeit der Sprache unſchaͤdliches
Huͤlfsmittel, ſich in Benennung neuer Gegen-
ſtaͤnde, ohne Weitlaͤuftigkeit, ohne Verzoͤgerung
und ohne unnoͤthiges Nachſchlagen zu helfen. Doch
davon kuͤnftig ein Mehres! Wenn man aber ein
halb Jahr von zufaͤlligen Dingen, und im unſchul-
digen Scherze, nach einer im Elementarwerke an-
gezeigten Weiſe, ſehr viel mit einem Lernenden redet:
ſo kann man hernach ernſthaft im Umgange und im
Realunterrichte deſſelben ſich der lateiniſchen
Sprache und Buͤcher bedienen. So lernt er fer-
ner ohne Zeitaufwand auf die Sprache, alle Re-
dende und Buͤcher ſehr fertig verſtehen; auch ſelbſt
ſehr fertig reden und ſchreiben; und ohngefaͤhr mit
ſolcher Richtigkeit, als ein beleſener unſtudirter
Kaufmann in ſeiner Landesſprache. Wie nun die-
ſer alsdann, wenn er ganz genaue Richtigkeit ſucht,
und wenn er einen lehrhaften Lehrer hat, nur ein
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