Basedow, Johann Bernhard: Das in Dessau errichtete Philanthropinum. Leipzig, 1774.Von Pensionisten sern Menschenfreunde zu erfüllen, arbeitet das Phi-lanthropinum in Dessau. Es werden also eingela- den Pensionisten aus vornehmen Ständen, die wenigstens 6 Jahre alt seyn müssen, aber auch viel älter (ja 18 Jahr alt) seyn können, und in der Absicht hergeschickt werden, in Tugenden, Wissen- schaften und Sprachen durch Beyspiel, Uebung und Lehre eine Fertigkeit zu erwerben. Die Spra- chen sind die teutsche, lateinische und französische. Sobald zehen da sind, die auch Englisch lernen wollen, wird man dafür gleichfalls sorgen. Alle Sprachen aber werden anfangs als Mutter- sprachen in dem Umgange und dem Realunterrichte bey uns gelernet. Wenn die Fertigkeit im Ver- stehn, Reden und Schreiben erworben ist, alsdann erst wird für die genaue grammatikalische Richtig- keit gesorgt werden. Jn dem Seminare wird die lateinische und französische Sprache gleichsam herr- schen. Denn in Teutschland hat die teutsche nicht so viel Schwierigkeit. Die Wissenschaften, die man hier lernen und Jugend
Von Penſioniſten ſern Menſchenfreunde zu erfuͤllen, arbeitet das Phi-lanthropinum in Deſſau. Es werden alſo eingela- den Penſioniſten aus vornehmen Staͤnden, die wenigſtens 6 Jahre alt ſeyn muͤſſen, aber auch viel aͤlter (ja 18 Jahr alt) ſeyn koͤnnen, und in der Abſicht hergeſchickt werden, in Tugenden, Wiſſen- ſchaften und Sprachen durch Beyſpiel, Uebung und Lehre eine Fertigkeit zu erwerben. Die Spra- chen ſind die teutſche, lateiniſche und franzoͤſiſche. Sobald zehen da ſind, die auch Engliſch lernen wollen, wird man dafuͤr gleichfalls ſorgen. Alle Sprachen aber werden anfangs als Mutter- ſprachen in dem Umgange und dem Realunterrichte bey uns gelernet. Wenn die Fertigkeit im Ver- ſtehn, Reden und Schreiben erworben iſt, alsdann erſt wird fuͤr die genaue grammatikaliſche Richtig- keit geſorgt werden. Jn dem Seminare wird die lateiniſche und franzoͤſiſche Sprache gleichſam herr- ſchen. Denn in Teutſchland hat die teutſche nicht ſo viel Schwierigkeit. Die Wiſſenſchaften, die man hier lernen und Jugend
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0046" n="10"/><fw place="top" type="header">Von Penſioniſten</fw><lb/> ſern Menſchenfreunde zu erfuͤllen, arbeitet das Phi-<lb/> lanthropinum in Deſſau. Es werden alſo eingela-<lb/> den <hi rendition="#fr">Penſioniſten</hi> aus vornehmen Staͤnden, die<lb/> wenigſtens 6 Jahre alt ſeyn muͤſſen, aber auch viel<lb/> aͤlter (ja 18 Jahr alt) ſeyn koͤnnen, und in der<lb/> Abſicht hergeſchickt werden, in Tugenden, Wiſſen-<lb/> ſchaften und Sprachen durch Beyſpiel, Uebung<lb/> und Lehre eine Fertigkeit zu erwerben. Die Spra-<lb/> chen ſind die teutſche, lateiniſche und franzoͤſiſche.<lb/> Sobald zehen da ſind, die auch Engliſch lernen<lb/> wollen, wird man dafuͤr gleichfalls ſorgen. Alle<lb/> Sprachen aber werden anfangs als Mutter-<lb/> ſprachen in dem Umgange und dem Realunterrichte<lb/> bey uns gelernet. Wenn die Fertigkeit im Ver-<lb/> ſtehn, Reden und Schreiben erworben iſt, alsdann<lb/> erſt wird fuͤr die genaue grammatikaliſche Richtig-<lb/> keit geſorgt werden. Jn dem Seminare wird die<lb/> lateiniſche und franzoͤſiſche Sprache gleichſam herr-<lb/> ſchen. Denn in Teutſchland hat die teutſche nicht ſo<lb/> viel Schwierigkeit.</p><lb/> <p>Die Wiſſenſchaften, die man hier lernen und<lb/> uͤben kann, ſind ohne Ausnahme alle, welche fuͤr<lb/> die geſitteten Staͤnde und fuͤr die Studirende,<lb/><hi rendition="#fr">wenn ihre kuͤnftige beſondere Lebensart<lb/> noch nicht beſtimmt iſt,</hi> gemeinnuͤtzig ſind.<lb/> Folglich muß man ausnehmen die <hi rendition="#fr">eigentliche<lb/> Gelahrtheit</hi> in der Theologie, in den buͤrgerlichen<lb/> beſondern Rechten und in der Arzneywiſſenſchaft,<lb/> eben ſowohl als dasjenige, was nur fuͤr einen kuͤnf-<lb/> tigen Officier, Stallmeiſter, Jaͤgermeiſter, Finanz-<lb/> rath, Handelsmann, Baumeiſter, u. ſ. w. der<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jugend</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0046]
Von Penſioniſten
ſern Menſchenfreunde zu erfuͤllen, arbeitet das Phi-
lanthropinum in Deſſau. Es werden alſo eingela-
den Penſioniſten aus vornehmen Staͤnden, die
wenigſtens 6 Jahre alt ſeyn muͤſſen, aber auch viel
aͤlter (ja 18 Jahr alt) ſeyn koͤnnen, und in der
Abſicht hergeſchickt werden, in Tugenden, Wiſſen-
ſchaften und Sprachen durch Beyſpiel, Uebung
und Lehre eine Fertigkeit zu erwerben. Die Spra-
chen ſind die teutſche, lateiniſche und franzoͤſiſche.
Sobald zehen da ſind, die auch Engliſch lernen
wollen, wird man dafuͤr gleichfalls ſorgen. Alle
Sprachen aber werden anfangs als Mutter-
ſprachen in dem Umgange und dem Realunterrichte
bey uns gelernet. Wenn die Fertigkeit im Ver-
ſtehn, Reden und Schreiben erworben iſt, alsdann
erſt wird fuͤr die genaue grammatikaliſche Richtig-
keit geſorgt werden. Jn dem Seminare wird die
lateiniſche und franzoͤſiſche Sprache gleichſam herr-
ſchen. Denn in Teutſchland hat die teutſche nicht ſo
viel Schwierigkeit.
Die Wiſſenſchaften, die man hier lernen und
uͤben kann, ſind ohne Ausnahme alle, welche fuͤr
die geſitteten Staͤnde und fuͤr die Studirende,
wenn ihre kuͤnftige beſondere Lebensart
noch nicht beſtimmt iſt, gemeinnuͤtzig ſind.
Folglich muß man ausnehmen die eigentliche
Gelahrtheit in der Theologie, in den buͤrgerlichen
beſondern Rechten und in der Arzneywiſſenſchaft,
eben ſowohl als dasjenige, was nur fuͤr einen kuͤnf-
tigen Officier, Stallmeiſter, Jaͤgermeiſter, Finanz-
rath, Handelsmann, Baumeiſter, u. ſ. w. der
Jugend
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |