Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

Bild:
<< vorherige Seite

Die Sittenlehre
so suche Ergötzlichkeiten, welche im Sitzen möglich
sind und den Verstand üben.

Mußt du spielen; so lerne auf die Affecte
der Menschen merken, aber verbirg diese Aufmerk-
samkeit. Hüte dich selbst dabey vor allen Affecten,
vornehmlich vor Zank. Gib allezeit nach; aber
verhüte das Spiel mit solchen, mit welchen das
Nachgeben zu deinem Schaden oft nöthig ist.

Wenn du ein gutes Buch kennen lernest,
von gesellschaftlichen Ergötzlichkeiten, die vom
Spiele unterschieden sind, als von Scherzen, zu-
fälligen Reimen, muntern Liedern und Sinn-
sprüchen, Räthseln, ermunternden Erzählungen,
Comödien aus dem Stegreife u. s. w., so kaufe das-
selbe, und lerne daraus die Mittel, in Gesellschaft
ermuntert zu seyn. Vors erste kannst du vieles
aus dem Vade-Mecum für lustige Leute,
und aus dem natürlichen Zauberlexicon neh-
men. Vermehre eine solche Sammlung durch
Anzeichnung der dazu brauchbaren Dinge, welche
du anderswo liesest, oder selbst erfährest. Dieses
dein selbstgemachtes Buch nenne Beytrag zu
gesellschaftlichen Ermunterungen und Ge-
sprächen.

Wenn es deine Zeit und nöthige Sparsamkeit
leidet, so versäume keine Gelegenheit, das Ausser-
ordentliche und Ungewöhnliche in der Natur
und in der Kunst der Menschen
zu besehen.

Denn

Die Sittenlehre
ſo ſuche Ergoͤtzlichkeiten, welche im Sitzen moͤglich
ſind und den Verſtand uͤben.

Mußt du ſpielen; ſo lerne auf die Affecte
der Menſchen merken, aber verbirg dieſe Aufmerk-
ſamkeit. Huͤte dich ſelbſt dabey vor allen Affecten,
vornehmlich vor Zank. Gib allezeit nach; aber
verhuͤte das Spiel mit ſolchen, mit welchen das
Nachgeben zu deinem Schaden oft noͤthig iſt.

Wenn du ein gutes Buch kennen lerneſt,
von geſellſchaftlichen Ergötzlichkeiten, die vom
Spiele unterſchieden ſind, als von Scherzen, zu-
faͤlligen Reimen, muntern Liedern und Sinn-
ſpruͤchen, Raͤthſeln, ermunternden Erzaͤhlungen,
Comoͤdien aus dem Stegreife u. ſ. w., ſo kaufe daſ-
ſelbe, und lerne daraus die Mittel, in Geſellſchaft
ermuntert zu ſeyn. Vors erſte kannſt du vieles
aus dem Vade-Mecum für luſtige Leute,
und aus dem natuͤrlichen Zauberlexicon neh-
men. Vermehre eine ſolche Sammlung durch
Anzeichnung der dazu brauchbaren Dinge, welche
du anderswo lieſeſt, oder ſelbſt erfaͤhreſt. Dieſes
dein ſelbſtgemachtes Buch nenne Beytrag zu
geſellſchaftlichen Ermunterungen und Ge-
ſprächen.

Wenn es deine Zeit und noͤthige Sparſamkeit
leidet, ſo verſaͤume keine Gelegenheit, das Auſſer-
ordentliche und Ungewöhnliche in der Natur
und in der Kunſt der Menſchen
zu beſehen.

Denn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0138" n="114"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Sittenlehre</hi></fw><lb/>
&#x017F;o &#x017F;uche Ergo&#x0364;tzlichkeiten, welche im Sitzen mo&#x0364;glich<lb/>
&#x017F;ind und den Ver&#x017F;tand u&#x0364;ben.</p><lb/>
          <p>Mußt du <hi rendition="#fr">&#x017F;pielen;</hi> &#x017F;o lerne auf die Affecte<lb/>
der Men&#x017F;chen merken, aber verbirg die&#x017F;e Aufmerk-<lb/>
&#x017F;amkeit. Hu&#x0364;te dich &#x017F;elb&#x017F;t dabey vor allen Affecten,<lb/>
vornehmlich vor Zank. Gib allezeit nach; aber<lb/>
verhu&#x0364;te das Spiel mit &#x017F;olchen, mit welchen das<lb/>
Nachgeben zu deinem Schaden oft no&#x0364;thig i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Wenn du <hi rendition="#fr">ein gutes Buch</hi> kennen lerne&#x017F;t,<lb/>
von <hi rendition="#fr">ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichen Ergötzlichkeiten,</hi> die vom<lb/>
Spiele unter&#x017F;chieden &#x017F;ind, als von Scherzen, zu-<lb/>
fa&#x0364;lligen Reimen, muntern Liedern und Sinn-<lb/>
&#x017F;pru&#x0364;chen, Ra&#x0364;th&#x017F;eln, ermunternden Erza&#x0364;hlungen,<lb/>
Como&#x0364;dien aus dem Stegreife u. &#x017F;. w., &#x017F;o kaufe da&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elbe, und lerne daraus die Mittel, in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
ermuntert zu &#x017F;eyn. Vors er&#x017F;te kann&#x017F;t du vieles<lb/>
aus dem <hi rendition="#fr">Vade-Mecum für lu&#x017F;tige Leute,</hi><lb/>
und aus dem natu&#x0364;rlichen <hi rendition="#fr">Zauberlexicon</hi> neh-<lb/>
men. Vermehre eine &#x017F;olche Sammlung durch<lb/>
Anzeichnung der dazu brauchbaren Dinge, welche<lb/>
du anderswo lie&#x017F;e&#x017F;t, oder &#x017F;elb&#x017F;t erfa&#x0364;hre&#x017F;t. Die&#x017F;es<lb/>
dein &#x017F;elb&#x017F;tgemachtes Buch nenne <hi rendition="#fr">Beytrag zu<lb/>
ge&#x017F;ell&#x017F;chaftlichen Ermunterungen und Ge-<lb/>
&#x017F;prächen.</hi></p><lb/>
          <p>Wenn es deine Zeit und no&#x0364;thige Spar&#x017F;amkeit<lb/>
leidet, &#x017F;o ver&#x017F;a&#x0364;ume keine Gelegenheit, <hi rendition="#fr">das Au&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
ordentliche und Ungewöhnliche in der Natur<lb/>
und in der Kun&#x017F;t der Men&#x017F;chen</hi> zu be&#x017F;ehen.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Denn</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0138] Die Sittenlehre ſo ſuche Ergoͤtzlichkeiten, welche im Sitzen moͤglich ſind und den Verſtand uͤben. Mußt du ſpielen; ſo lerne auf die Affecte der Menſchen merken, aber verbirg dieſe Aufmerk- ſamkeit. Huͤte dich ſelbſt dabey vor allen Affecten, vornehmlich vor Zank. Gib allezeit nach; aber verhuͤte das Spiel mit ſolchen, mit welchen das Nachgeben zu deinem Schaden oft noͤthig iſt. Wenn du ein gutes Buch kennen lerneſt, von geſellſchaftlichen Ergötzlichkeiten, die vom Spiele unterſchieden ſind, als von Scherzen, zu- faͤlligen Reimen, muntern Liedern und Sinn- ſpruͤchen, Raͤthſeln, ermunternden Erzaͤhlungen, Comoͤdien aus dem Stegreife u. ſ. w., ſo kaufe daſ- ſelbe, und lerne daraus die Mittel, in Geſellſchaft ermuntert zu ſeyn. Vors erſte kannſt du vieles aus dem Vade-Mecum für luſtige Leute, und aus dem natuͤrlichen Zauberlexicon neh- men. Vermehre eine ſolche Sammlung durch Anzeichnung der dazu brauchbaren Dinge, welche du anderswo lieſeſt, oder ſelbſt erfaͤhreſt. Dieſes dein ſelbſtgemachtes Buch nenne Beytrag zu geſellſchaftlichen Ermunterungen und Ge- ſprächen. Wenn es deine Zeit und noͤthige Sparſamkeit leidet, ſo verſaͤume keine Gelegenheit, das Auſſer- ordentliche und Ungewöhnliche in der Natur und in der Kunſt der Menſchen zu beſehen. Denn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/138
Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/138>, abgerufen am 21.11.2024.