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Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

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Uebungen des Verstandes,
men eines Tugendhaften führt, von dem wird
geurtheilt, daß wahre Einsicht in das Beste der
Menschen, und die Neigung, Gutes zu thun,
in ihm herrschend sey.

Wem es an dem gewöhnlichen Grade der Tu-
gend fehlt, den nennet man einen Lasterhaften.

Das Gewissen, wenn es einen unsichtbaren
Richter scheuet, der entweder im Leben, oder nach
dem Tode Tugend belohnt und Laster bestraft, ist
ein wahrer und starker Bewegungsgrund zu aller
Tugend, auch zu derjenigen, die von Menschen
in unserm Leben nicht belohnt, sondern vielmehr
aus Unverstand und Partheylichkeit mit Haß und
Verfolgung vergolten wird.

Der Grad der Tugendhaftigkeit und der Grad
der Lasterhaftigkeit eines Menschen, ist von andern
schwer zu entscheiden. Es scheinet auch oft etwas
ein Glück Jemandes zu seyn, welches doch in
der Folge der Zeit zu seinem Unglücke ausschlägt.
Mancher hingegen wird durch ein scheinbares Un-
glück hernach sehr glücklich. Daher würde man
oft irren, wenn man urtheilen wollte, daß in die-
sem Leben diese oder jene Lasterhafte glücklicher
sind, als diese und jene Tugendhafte. Ueberhaupt
aber ist es gewiß, daß die meisten Tugenden, auch
in diesem Leben, sehr angenehme Folgen für den-
jenigen haben, der sie ausübt und daß das Laster

auch

Uebungen des Verſtandes,
men eines Tugendhaften führt, von dem wird
geurtheilt, daß wahre Einſicht in das Beſte der
Menſchen, und die Neigung, Gutes zu thun,
in ihm herrſchend ſey.

Wem es an dem gewoͤhnlichen Grade der Tu-
gend fehlt, den nennet man einen Laſterhaften.

Das Gewiſſen, wenn es einen unſichtbaren
Richter ſcheuet, der entweder im Leben, oder nach
dem Tode Tugend belohnt und Laſter beſtraft, iſt
ein wahrer und ſtarker Bewegungsgrund zu aller
Tugend, auch zu derjenigen, die von Menſchen
in unſerm Leben nicht belohnt, ſondern vielmehr
aus Unverſtand und Partheylichkeit mit Haß und
Verfolgung vergolten wird.

Der Grad der Tugendhaftigkeit und der Grad
der Laſterhaftigkeit eines Menſchen, iſt von andern
ſchwer zu entſcheiden. Es ſcheinet auch oft etwas
ein Gluͤck Jemandes zu ſeyn, welches doch in
der Folge der Zeit zu ſeinem Ungluͤcke ausſchlaͤgt.
Mancher hingegen wird durch ein ſcheinbares Un-
gluͤck hernach ſehr gluͤcklich. Daher wuͤrde man
oft irren, wenn man urtheilen wollte, daß in die-
ſem Leben dieſe oder jene Laſterhafte gluͤcklicher
ſind, als dieſe und jene Tugendhafte. Ueberhaupt
aber iſt es gewiß, daß die meiſten Tugenden, auch
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jenigen haben, der ſie ausuͤbt und daß das Laſter

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[132/0156] Uebungen des Verſtandes, men eines Tugendhaften führt, von dem wird geurtheilt, daß wahre Einſicht in das Beſte der Menſchen, und die Neigung, Gutes zu thun, in ihm herrſchend ſey. Wem es an dem gewoͤhnlichen Grade der Tu- gend fehlt, den nennet man einen Laſterhaften. Das Gewiſſen, wenn es einen unſichtbaren Richter ſcheuet, der entweder im Leben, oder nach dem Tode Tugend belohnt und Laſter beſtraft, iſt ein wahrer und ſtarker Bewegungsgrund zu aller Tugend, auch zu derjenigen, die von Menſchen in unſerm Leben nicht belohnt, ſondern vielmehr aus Unverſtand und Partheylichkeit mit Haß und Verfolgung vergolten wird. Der Grad der Tugendhaftigkeit und der Grad der Laſterhaftigkeit eines Menſchen, iſt von andern ſchwer zu entſcheiden. Es ſcheinet auch oft etwas ein Gluͤck Jemandes zu ſeyn, welches doch in der Folge der Zeit zu ſeinem Ungluͤcke ausſchlaͤgt. Mancher hingegen wird durch ein ſcheinbares Un- gluͤck hernach ſehr gluͤcklich. Daher wuͤrde man oft irren, wenn man urtheilen wollte, daß in die- ſem Leben dieſe oder jene Laſterhafte gluͤcklicher ſind, als dieſe und jene Tugendhafte. Ueberhaupt aber iſt es gewiß, daß die meiſten Tugenden, auch in dieſem Leben, ſehr angenehme Folgen fuͤr den- jenigen haben, der ſie ausuͤbt und daß das Laſter auch

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Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/156>, abgerufen am 21.11.2024.