Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

Bild:
<< vorherige Seite

Uebungen des Verstandes,
liches zu befürchten hat; so ist doch oft die Ueber-
tretung einer blossen Gewissenspflicht ein schlim-
meres Laster, als die Uebertretung einiger Zwangs-
pflichten.

Das äusserliche Recht Einiger, sich gewisser Vor-
theile, welche Andern verboten sind, zu bedienen,
heißt ein Privilegium; und wenn dies äusserliche
Recht vorher niemand hatte; so heißt es eine
Dispensation.

Jn dem weisen und liebreichen Gebrauche un-
serer äusserlichen Rechte und besonders des Zwang-
rechtes besteht die Billigkeit und Gelindigkeit.
Dieselbe erfodert, daß wir in manchen Fällen
etwas von unserm äusserlichen Rechte, besonders
von dem Zwangsrechte, nachgeben; daß wir vieles,
wozu wir ein äusserliches Recht haben, nicht fodern
oder nicht erzwingen; sondern zum Exempel einen
Beleidiger nicht strafen lassen, einen Schuldner
nicht zur Bezahlung nöthigen.

§. 56.

Dasjenige, was ein Oberherr, wenn er Gesetze
giebt, den Ungehorsamen drohet, und mehren-
theils auch an ihnen ausübt, heißt Strafe: was
er den Gehorsamen verspricht und mehrentheils
auch widerfahren läßt, heißt Belohnung.

Strafe

Uebungen des Verſtandes,
liches zu befuͤrchten hat; ſo iſt doch oft die Ueber-
tretung einer bloſſen Gewiſſenspflicht ein ſchlim-
meres Laſter, als die Uebertretung einiger Zwangs-
pflichten.

Das aͤuſſerliche Recht Einiger, ſich gewiſſer Vor-
theile, welche Andern verboten ſind, zu bedienen,
heißt ein Privilegium; und wenn dies aͤuſſerliche
Recht vorher niemand hatte; ſo heißt es eine
Diſpenſation.

Jn dem weiſen und liebreichen Gebrauche un-
ſerer aͤuſſerlichen Rechte und beſonders des Zwang-
rechtes beſteht die Billigkeit und Gelindigkeit.
Dieſelbe erfodert, daß wir in manchen Faͤllen
etwas von unſerm aͤuſſerlichen Rechte, beſonders
von dem Zwangsrechte, nachgeben; daß wir vieles,
wozu wir ein aͤuſſerliches Recht haben, nicht fodern
oder nicht erzwingen; ſondern zum Exempel einen
Beleidiger nicht ſtrafen laſſen, einen Schuldner
nicht zur Bezahlung noͤthigen.

§. 56.

Dasjenige, was ein Oberherr, wenn er Geſetze
giebt, den Ungehorſamen drohet, und mehren-
theils auch an ihnen ausuͤbt, heißt Strafe: was
er den Gehorſamen verſpricht und mehrentheils
auch widerfahren laͤßt, heißt Belohnung.

Strafe
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0158" n="134"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Uebungen des Ver&#x017F;tandes,</hi></fw><lb/>
liches zu befu&#x0364;rchten hat; &#x017F;o i&#x017F;t doch oft die Ueber-<lb/>
tretung einer blo&#x017F;&#x017F;en Gewi&#x017F;&#x017F;enspflicht ein &#x017F;chlim-<lb/>
meres La&#x017F;ter, als die Uebertretung einiger Zwangs-<lb/>
pflichten.</p><lb/>
          <p>Das a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche Recht Einiger, &#x017F;ich gewi&#x017F;&#x017F;er Vor-<lb/>
theile, welche Andern verboten &#x017F;ind, zu bedienen,<lb/>
heißt ein <hi rendition="#fr">Privilegium;</hi> und wenn dies a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche<lb/>
Recht vorher niemand hatte; &#x017F;o heißt es eine<lb/><hi rendition="#fr">Di&#x017F;pen&#x017F;ation.</hi></p><lb/>
          <p>Jn dem wei&#x017F;en und liebreichen Gebrauche un-<lb/>
&#x017F;erer a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Rechte und be&#x017F;onders des Zwang-<lb/>
rechtes be&#x017F;teht die <hi rendition="#fr">Billigkeit</hi> und <hi rendition="#fr">Gelindigkeit.</hi><lb/>
Die&#x017F;elbe erfodert, daß wir in manchen Fa&#x0364;llen<lb/>
etwas von un&#x017F;erm a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Rechte, be&#x017F;onders<lb/>
von dem Zwangsrechte, nachgeben; daß wir vieles,<lb/>
wozu wir ein a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliches Recht haben, nicht fodern<lb/>
oder nicht erzwingen; &#x017F;ondern zum Exempel einen<lb/>
Beleidiger nicht &#x017F;trafen la&#x017F;&#x017F;en, einen Schuldner<lb/>
nicht zur Bezahlung no&#x0364;thigen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 56.</head><lb/>
          <p>Dasjenige, was ein Oberherr, wenn er Ge&#x017F;etze<lb/>
giebt, den Ungehor&#x017F;amen drohet, und mehren-<lb/>
theils auch an ihnen ausu&#x0364;bt, heißt <hi rendition="#fr">Strafe:</hi> was<lb/>
er den Gehor&#x017F;amen ver&#x017F;pricht und mehrentheils<lb/>
auch widerfahren la&#x0364;ßt, heißt <hi rendition="#fr">Belohnung.</hi></p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Strafe</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0158] Uebungen des Verſtandes, liches zu befuͤrchten hat; ſo iſt doch oft die Ueber- tretung einer bloſſen Gewiſſenspflicht ein ſchlim- meres Laſter, als die Uebertretung einiger Zwangs- pflichten. Das aͤuſſerliche Recht Einiger, ſich gewiſſer Vor- theile, welche Andern verboten ſind, zu bedienen, heißt ein Privilegium; und wenn dies aͤuſſerliche Recht vorher niemand hatte; ſo heißt es eine Diſpenſation. Jn dem weiſen und liebreichen Gebrauche un- ſerer aͤuſſerlichen Rechte und beſonders des Zwang- rechtes beſteht die Billigkeit und Gelindigkeit. Dieſelbe erfodert, daß wir in manchen Faͤllen etwas von unſerm aͤuſſerlichen Rechte, beſonders von dem Zwangsrechte, nachgeben; daß wir vieles, wozu wir ein aͤuſſerliches Recht haben, nicht fodern oder nicht erzwingen; ſondern zum Exempel einen Beleidiger nicht ſtrafen laſſen, einen Schuldner nicht zur Bezahlung noͤthigen. §. 56. Dasjenige, was ein Oberherr, wenn er Geſetze giebt, den Ungehorſamen drohet, und mehren- theils auch an ihnen ausuͤbt, heißt Strafe: was er den Gehorſamen verſpricht und mehrentheils auch widerfahren laͤßt, heißt Belohnung. Strafe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/158
Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/158>, abgerufen am 21.11.2024.