Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

Bild:
<< vorherige Seite

Uebungen des Verstandes,
läugnen, und dennoch weit unbegreiflichere Dinge
behaupten; endlich einige leichtsinnige und laster-
hafte Menschen, welche die Beweise vom Daseyn
Gottes nicht durchdenken mögen, und wegen ihrer
Laster in der Läugnung des göttlichen Gerichtes
und der Unsterblichkeit der Seelen ihre Beruhi-
gung suchen. Die meisten unter solchen Elenden
können es doch nicht weiter bringen, als daß sie an
diesen Wahrheiten zweifeln, und sie bald wieder
mit Angst glauben oder mit Leichtsinn verwerfen.

Einige Atheisten leiten das Daseyn und die Ord-
nung der Dinge von einer unendlichen Reihe vor-
hergehender unbekannter Ursachen her, welche sie
bald das Fatum, bald das Ohngefehr heissen.

Diejenige Religion, welche in der natürlichen
Erkenntniß von Gott besteht, und durch eigenes
Nachdenken, oder durch Vertrauen auf diejenigen,
welche nachgedacht haben, als wahr angenommen
wird, heißt die natürliche Religion. Sie findet
sich itzund bey vielen einzelnen Personen; aber sie
ist niemals, so viel wir wissen, die Religion eines
Volkes gewesen.

Jn dieser natürlichen Religion herrschet eben
sowohl Glauben als Wissen. Denn von denen
Beschaffenheiten der Welt, woraus wir Gottes
Daseyn und Eigenschaften schliessen, wird sehr
Vieles durch Zutrauen auf fremde Zeugnisse und
Belehrungen angenommen.

Es

Uebungen des Verſtandes,
laͤugnen, und dennoch weit unbegreiflichere Dinge
behaupten; endlich einige leichtſinnige und laſter-
hafte Menſchen, welche die Beweiſe vom Daſeyn
Gottes nicht durchdenken moͤgen, und wegen ihrer
Laſter in der Laͤugnung des goͤttlichen Gerichtes
und der Unſterblichkeit der Seelen ihre Beruhi-
gung ſuchen. Die meiſten unter ſolchen Elenden
koͤnnen es doch nicht weiter bringen, als daß ſie an
dieſen Wahrheiten zweifeln, und ſie bald wieder
mit Angſt glauben oder mit Leichtſinn verwerfen.

Einige Atheiſten leiten das Daſeyn und die Ord-
nung der Dinge von einer unendlichen Reihe vor-
hergehender unbekannter Urſachen her, welche ſie
bald das Fatum, bald das Ohngefehr heiſſen.

Diejenige Religion, welche in der natuͤrlichen
Erkenntniß von Gott beſteht, und durch eigenes
Nachdenken, oder durch Vertrauen auf diejenigen,
welche nachgedacht haben, als wahr angenommen
wird, heißt die natürliche Religion. Sie findet
ſich itzund bey vielen einzelnen Perſonen; aber ſie
iſt niemals, ſo viel wir wiſſen, die Religion eines
Volkes geweſen.

Jn dieſer natuͤrlichen Religion herrſchet eben
ſowohl Glauben als Wiſſen. Denn von denen
Beſchaffenheiten der Welt, woraus wir Gottes
Daſeyn und Eigenſchaften ſchlieſſen, wird ſehr
Vieles durch Zutrauen auf fremde Zeugniſſe und
Belehrungen angenommen.

Es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0184" n="160"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Uebungen des Ver&#x017F;tandes,</hi></fw><lb/>
la&#x0364;ugnen, und dennoch weit unbegreiflichere Dinge<lb/>
behaupten; endlich einige leicht&#x017F;innige und la&#x017F;ter-<lb/>
hafte Men&#x017F;chen, welche die Bewei&#x017F;e vom Da&#x017F;eyn<lb/>
Gottes nicht durchdenken mo&#x0364;gen, und wegen ihrer<lb/>
La&#x017F;ter in der La&#x0364;ugnung des go&#x0364;ttlichen Gerichtes<lb/>
und der Un&#x017F;terblichkeit der Seelen ihre Beruhi-<lb/>
gung &#x017F;uchen. Die mei&#x017F;ten unter &#x017F;olchen Elenden<lb/>
ko&#x0364;nnen es doch nicht weiter bringen, als daß &#x017F;ie an<lb/>
die&#x017F;en Wahrheiten zweifeln, und &#x017F;ie bald wieder<lb/>
mit Ang&#x017F;t glauben oder mit Leicht&#x017F;inn verwerfen.</p><lb/>
          <p>Einige Athei&#x017F;ten leiten das Da&#x017F;eyn und die Ord-<lb/>
nung der Dinge von einer unendlichen Reihe vor-<lb/>
hergehender unbekannter Ur&#x017F;achen her, welche &#x017F;ie<lb/>
bald das <hi rendition="#fr">Fatum,</hi> bald das <hi rendition="#fr">Ohngefehr</hi> hei&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Diejenige Religion, welche in der natu&#x0364;rlichen<lb/>
Erkenntniß von Gott be&#x017F;teht, und durch eigenes<lb/>
Nachdenken, oder durch Vertrauen auf diejenigen,<lb/>
welche nachgedacht haben, als wahr angenommen<lb/>
wird, heißt die <hi rendition="#fr">natürliche Religion.</hi> Sie findet<lb/>
&#x017F;ich itzund bey vielen einzelnen Per&#x017F;onen; aber &#x017F;ie<lb/>
i&#x017F;t niemals, &#x017F;o viel wir wi&#x017F;&#x017F;en, die Religion eines<lb/>
Volkes gewe&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Jn die&#x017F;er natu&#x0364;rlichen Religion herr&#x017F;chet eben<lb/>
&#x017F;owohl <hi rendition="#fr">Glauben</hi> als <hi rendition="#fr">Wi&#x017F;&#x017F;en.</hi> Denn von denen<lb/>
Be&#x017F;chaffenheiten der Welt, woraus wir Gottes<lb/>
Da&#x017F;eyn und Eigen&#x017F;chaften &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, wird &#x017F;ehr<lb/>
Vieles durch Zutrauen auf fremde Zeugni&#x017F;&#x017F;e und<lb/>
Belehrungen angenommen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0184] Uebungen des Verſtandes, laͤugnen, und dennoch weit unbegreiflichere Dinge behaupten; endlich einige leichtſinnige und laſter- hafte Menſchen, welche die Beweiſe vom Daſeyn Gottes nicht durchdenken moͤgen, und wegen ihrer Laſter in der Laͤugnung des goͤttlichen Gerichtes und der Unſterblichkeit der Seelen ihre Beruhi- gung ſuchen. Die meiſten unter ſolchen Elenden koͤnnen es doch nicht weiter bringen, als daß ſie an dieſen Wahrheiten zweifeln, und ſie bald wieder mit Angſt glauben oder mit Leichtſinn verwerfen. Einige Atheiſten leiten das Daſeyn und die Ord- nung der Dinge von einer unendlichen Reihe vor- hergehender unbekannter Urſachen her, welche ſie bald das Fatum, bald das Ohngefehr heiſſen. Diejenige Religion, welche in der natuͤrlichen Erkenntniß von Gott beſteht, und durch eigenes Nachdenken, oder durch Vertrauen auf diejenigen, welche nachgedacht haben, als wahr angenommen wird, heißt die natürliche Religion. Sie findet ſich itzund bey vielen einzelnen Perſonen; aber ſie iſt niemals, ſo viel wir wiſſen, die Religion eines Volkes geweſen. Jn dieſer natuͤrlichen Religion herrſchet eben ſowohl Glauben als Wiſſen. Denn von denen Beſchaffenheiten der Welt, woraus wir Gottes Daſeyn und Eigenſchaften ſchlieſſen, wird ſehr Vieles durch Zutrauen auf fremde Zeugniſſe und Belehrungen angenommen. Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/184
Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/184>, abgerufen am 21.11.2024.