Gliedern anderer Secten gemeinschaftlich zusam- men zu kommen.
§. 66.
Suche unter diesen Religionen die wahre, wenn du nicht schon von derselben, wie ich hoffe, überzeugt seyn solltest. Fange deine Untersuchung an bey der- jenigen, deren Jnhalt dir schon am bekanntesten ist, und am gemeinnützigsten scheinet. Verkürze dein Nachforschen Anfangs dadurch, daß du alles das- jenigr nicht untersuchest, dessen Wahrheit oder Falschheit deinem Gewissen gleichgültig scheinet; das ist, die Regeln deines Thuns und Lassens nicht verändern, und dir Beruhigung der Seele weder geben noch nehmen kann. Laß in der Religion, die du zuerst vornimmst, Anfangs dasjenige weg, worüber die Kirchen und Secten streiten, und be- gnüge dich Anfangs mit der Untersuchung derer Lehrsätze, welche von Allen angenommen werden, und also in dem Archive oder dem alten Glaubens- buche dieser Religion am deutlichsten gelehret sind. Setze die Untersuchung fort, und nimm den Rath derer, welche dir die erfahrensten scheinen, zu Hülfe, oder bekannte Schriften, die dir angepriesen werden, und deren Anblick dir mit Wahrscheinlichkeit, mehr Erleuchtung verspricht. Zweifle während der Un- tersuchung ohne Gewissensangst, wenn du aus Ver-
langen
L 3
beſonders in moraliſchen ꝛc.
Gliedern anderer Secten gemeinſchaftlich zuſam- men zu kommen.
§. 66.
Suche unter dieſen Religionen die wahre, wenn du nicht ſchon von derſelben, wie ich hoffe, uͤberzeugt ſeyn ſollteſt. Fange deine Unterſuchung an bey der- jenigen, deren Jnhalt dir ſchon am bekannteſten iſt, und am gemeinnuͤtzigſten ſcheinet. Verkuͤrze dein Nachforſchen Anfangs dadurch, daß du alles das- jenigr nicht unterſucheſt, deſſen Wahrheit oder Falſchheit deinem Gewiſſen gleichguͤltig ſcheinet; das iſt, die Regeln deines Thuns und Laſſens nicht veraͤndern, und dir Beruhigung der Seele weder geben noch nehmen kann. Laß in der Religion, die du zuerſt vornimmſt, Anfangs dasjenige weg, woruͤber die Kirchen und Secten ſtreiten, und be- gnuͤge dich Anfangs mit der Unterſuchung derer Lehrſaͤtze, welche von Allen angenommen werden, und alſo in dem Archive oder dem alten Glaubens- buche dieſer Religion am deutlichſten gelehret ſind. Setze die Unterſuchung fort, und nimm den Rath derer, welche dir die erfahrenſten ſcheinen, zu Huͤlfe, oder bekannte Schriften, die dir angeprieſen werden, und deren Anblick dir mit Wahrſcheinlichkeit, mehr Erleuchtung verſpricht. Zweifle waͤhrend der Un- terſuchung ohne Gewiſſensangſt, wenn du aus Ver-
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beſonders in moraliſchen ꝛc.
Gliedern anderer Secten gemeinſchaftlich zuſam-
men zu kommen.
§. 66.
Suche unter dieſen Religionen die wahre, wenn du
nicht ſchon von derſelben, wie ich hoffe, uͤberzeugt
ſeyn ſollteſt. Fange deine Unterſuchung an bey der-
jenigen, deren Jnhalt dir ſchon am bekannteſten iſt,
und am gemeinnuͤtzigſten ſcheinet. Verkuͤrze dein
Nachforſchen Anfangs dadurch, daß du alles das-
jenigr nicht unterſucheſt, deſſen Wahrheit oder
Falſchheit deinem Gewiſſen gleichguͤltig ſcheinet;
das iſt, die Regeln deines Thuns und Laſſens nicht
veraͤndern, und dir Beruhigung der Seele weder
geben noch nehmen kann. Laß in der Religion,
die du zuerſt vornimmſt, Anfangs dasjenige weg,
woruͤber die Kirchen und Secten ſtreiten, und be-
gnuͤge dich Anfangs mit der Unterſuchung derer
Lehrſaͤtze, welche von Allen angenommen werden,
und alſo in dem Archive oder dem alten Glaubens-
buche dieſer Religion am deutlichſten gelehret ſind.
Setze die Unterſuchung fort, und nimm den Rath
derer, welche dir die erfahrenſten ſcheinen, zu Huͤlfe,
oder bekannte Schriften, die dir angeprieſen werden,
und deren Anblick dir mit Wahrſcheinlichkeit, mehr
Erleuchtung verſpricht. Zweifle waͤhrend der Un-
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Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/189>, abgerufen am 16.02.2025.
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