Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].Eignes Nachdenken Ein Geist, dem die wahre Gottheit zukömmt, Wir haben in dem Anschaun der Welt keinen nur
Eignes Nachdenken Ein Geiſt, dem die wahre Gottheit zukoͤmmt, Wir haben in dem Anſchaun der Welt keinen nur
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Eignes Nachdenken
Ein Geiſt, dem die wahre Gottheit zukoͤmmt,
heißt in dem erhabenſten Verſtande ein Gott.
Es war alſo von Ewigkeit zum wenigſten ein
wahrer Gott.
Wir haben in dem Anſchaun der Welt keinen
Anlaß, mehr wahre Goͤtter zu glauben. Der
Glaube an einen einzigen iſt unſerm Verſtande
leichter weil es uns ſchon ſchwer iſt, einen Gott,
weit ſchwerer aber Unterſchiede mehrerer wahren
Goͤtter, zu denken, welche wir doch alle erdichten
muͤßten. Der Glaube, daß nur ein einziger wahrer
Gott ſey, iſt auch den Wuͤnſchen einer nachdenken-
den Seele am gemaͤſſeſten. Denn alsdann kann
die Seele ihm alles Gute zuſchreiben, was ſie
genoſſen hat, genießt und hoffen kann; ſie kann
ſich alsdann auch die ewige Guͤte, Weisheit und
Macht mit mindern neuen Fragen und unaufloͤs-
lichen Geheimniſſen vorſtellen. Es iſt alſo dem
Verſtande und der Neigung einer nachdenken-
den Seele gleich anfangs leicht, der Mey-
nung, daß nur ein einziger wahrer Gott
ſey, den Vorzug zu geben. Die Meynung
von mehrern Goͤttern beunruhiget unſere Seele,
wird ſie immer beunruhigen, und wird doch nie-
mals aus dem Anſchaun der Welt weder Beweis,
noch Wahrſcheinlichkeit haben. Alſo ſind wir un-
ſers Beſten willen verbunden, den Gedanken, daß
nur
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