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Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

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erkennen, ergiebt sich daraus der Anreiz auch auf sie, den
mächtigsten Talisman in den Händen der inductiven Natur-
wissenschaft, ihre Genesis, zur Anwendung zu bringen.

In den einfach durchsichtigen Gebilden der Naturstämme*)
werden wir dadurch einen Schlüssel gewinnen, um auch die
complicirtesten Errungenschaften der Culturvölker aufzu-
schliessen --, und damit unser eigenes Selbst.

Dieser Punkt ist so vielfach in meinen Büchern berührt
worden, dass weiteres Eingehen diesmal erspart werden kann.

Bisher lebten wir in classischer Literatur, in elegant
ausgelegtem Garten, mit genau zugestutzten Baum-Alleen,
mit geometrisch regulirten Beeten, wo wir im Voraus wuss-
ten, hier und da einen Seitenweg anzutreffen, einen Pavillon,
ein Tempelchen im Gebüschlein. Diese traulichen Prome-
naden sind gestört. Die wirren und wüsten Materialmassen,
die jetzt plötzlich aus den Urwäldern der Ethnologie heran-
gewälzt werden, erregen Schrecken und Entsetzen. Die
wohlgeschulten Gärtner verwirren sich in einem Jungle mit
verschlungenen Zweigverwachsungen, mit modrigen Schling-
gewächsen, mit Unkraut aller Art für sie, aber freilich nicht
für den wissenschaftlichen Botaniker. Und so unverständlich
abschreckend das ungeordnete Ganze hier jetzt erscheint,
ebenso leicht wird es sich später anordnen, weil im allge-
meinen weit einfachere und durchsichtigere Verhältnisse be-

Wissenschaft um die Natur (s. H. Wolff), die Einzelgedanken meristai
psukhai (im neuplatonischen Sinne) des Ganzen (als Eins).
*) Until we can figure to ourselves with approximate truth the pri-
mitive system of thought, we cannot fully understand primitive conduct,
and rightly to conceive the primitive system of thought, we must compare
the systems found in many societies, helping ourselves by observing its de-
veloped forms, to verify our conclusious respecting its undevelopped forms
(Spencer). Bei der "wide-spread dissatisfaction with existing theories of
jurisprudence" bemerkt Maine: "it would seem antecedently, that we ought
to commence with the simplest social forms in a state as near as possible
to their rudimentary condition" (leichter verständlich als "the baffling ent-
anglement of modern social organisation").

erkennen, ergiebt sich daraus der Anreiz auch auf sie, den
mächtigsten Talisman in den Händen der inductiven Natur-
wissenschaft, ihre Genesis, zur Anwendung zu bringen.

In den einfach durchsichtigen Gebilden der Naturstämme*)
werden wir dadurch einen Schlüssel gewinnen, um auch die
complicirtesten Errungenschaften der Culturvölker aufzu-
schliessen —, und damit unser eigenes Selbst.

Dieser Punkt ist so vielfach in meinen Büchern berührt
worden, dass weiteres Eingehen diesmal erspart werden kann.

Bisher lebten wir in classischer Literatur, in elegant
ausgelegtem Garten, mit genau zugestutzten Baum-Alleen,
mit geometrisch regulirten Beeten, wo wir im Voraus wuss-
ten, hier und da einen Seitenweg anzutreffen, einen Pavillon,
ein Tempelchen im Gebüschlein. Diese traulichen Prome-
naden sind gestört. Die wirren und wüsten Materialmassen,
die jetzt plötzlich aus den Urwäldern der Ethnologie heran-
gewälzt werden, erregen Schrecken und Entsetzen. Die
wohlgeschulten Gärtner verwirren sich in einem Jungle mit
verschlungenen Zweigverwachsungen, mit modrigen Schling-
gewächsen, mit Unkraut aller Art für sie, aber freilich nicht
für den wissenschaftlichen Botaniker. Und so unverständlich
abschreckend das ungeordnete Ganze hier jetzt erscheint,
ebenso leicht wird es sich später anordnen, weil im allge-
meinen weit einfachere und durchsichtigere Verhältnisse be-

Wissenschaft um die Natur (s. H. Wolff), die Einzelgedanken μερισταί
ψυχάι (im neuplatonischen Sinne) des Ganzen (als Eins).
*) Until we can figure to ourselves with approximate truth the pri-
mitive system of thought, we cannot fully understand primitive conduct,
and rightly to conceive the primitive system of thought, we must compare
the systems found in many societies, helping ourselves by observing its de-
veloped forms, to verify our conclusious respecting its undevelopped forms
(Spencer). Bei der „wide-spread dissatisfaction with existing theories of
jurisprudence“ bemerkt Maine: „it would seem antecedently, that we ought
to commence with the simplest social forms in a state as near as possible
to their rudimentary condition“ (leichter verständlich als „the baffling ent-
anglement of modern social organisation“).
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[85/0119] erkennen, ergiebt sich daraus der Anreiz auch auf sie, den mächtigsten Talisman in den Händen der inductiven Natur- wissenschaft, ihre Genesis, zur Anwendung zu bringen. In den einfach durchsichtigen Gebilden der Naturstämme *) werden wir dadurch einen Schlüssel gewinnen, um auch die complicirtesten Errungenschaften der Culturvölker aufzu- schliessen —, und damit unser eigenes Selbst. Dieser Punkt ist so vielfach in meinen Büchern berührt worden, dass weiteres Eingehen diesmal erspart werden kann. Bisher lebten wir in classischer Literatur, in elegant ausgelegtem Garten, mit genau zugestutzten Baum-Alleen, mit geometrisch regulirten Beeten, wo wir im Voraus wuss- ten, hier und da einen Seitenweg anzutreffen, einen Pavillon, ein Tempelchen im Gebüschlein. Diese traulichen Prome- naden sind gestört. Die wirren und wüsten Materialmassen, die jetzt plötzlich aus den Urwäldern der Ethnologie heran- gewälzt werden, erregen Schrecken und Entsetzen. Die wohlgeschulten Gärtner verwirren sich in einem Jungle mit verschlungenen Zweigverwachsungen, mit modrigen Schling- gewächsen, mit Unkraut aller Art für sie, aber freilich nicht für den wissenschaftlichen Botaniker. Und so unverständlich abschreckend das ungeordnete Ganze hier jetzt erscheint, ebenso leicht wird es sich später anordnen, weil im allge- meinen weit einfachere und durchsichtigere Verhältnisse be- **) *) Until we can figure to ourselves with approximate truth the pri- mitive system of thought, we cannot fully understand primitive conduct, and rightly to conceive the primitive system of thought, we must compare the systems found in many societies, helping ourselves by observing its de- veloped forms, to verify our conclusious respecting its undevelopped forms (Spencer). Bei der „wide-spread dissatisfaction with existing theories of jurisprudence“ bemerkt Maine: „it would seem antecedently, that we ought to commence with the simplest social forms in a state as near as possible to their rudimentary condition“ (leichter verständlich als „the baffling ent- anglement of modern social organisation“). **) Wissenschaft um die Natur (s. H. Wolff), die Einzelgedanken μερισταί ψυχάι (im neuplatonischen Sinne) des Ganzen (als Eins).

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Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/119>, abgerufen am 24.11.2024.