Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

die Frauen die von den Liebhabern erhaltenen Ringe an den
Knöcheln (nach Herodot). Am Congo beweist sich die Gastlich-
keit in Ueberlassung der Frau und so (nach Muir) früher in Europa.
In Arracan wurden die Matrosen für Zwecke der Entjungferung
gesucht, was anderswo den Priestern (den Butios u. s. w.) auflag.

In Caindu wurde Frau Tochter und Schwester dem Fremden
überlassen, damit dieser mit ihnen im Hause wohne, weil dies
Glück seitens der Götter bringe und Reichthum (wie ähnlich in
Kamul) und (nach Bernier) im Himalaya, dann bei den Massageten
(nach Strabo), Bactrier (nach Eusebius), Hazaras (nach Elphin-
stone), auf den Ladronen (nach Mendoza), auf den Canarien
(s. Major), bei den Nairs u. s. w. (s. Yule). Nach Scheinehe durch
Tali mit einem gemietheten Mann, kann das Mädchen (bei den
Nour) als Amato männliche Besuche empfangen (besonders von
den Namburi-Brahmanen, die sich dann reinigen). Bei den Vellala
in Coimbatore lebt der Vater mit dem erwachsenen Mädchen,
das seinem Sohne im Knabenalter angetraut ist (s. Jagor). Bei
den Tottgar in Madura lebt die Frau mit den Verwandten*) des
Mannes, besonders den Oheimen (nach Cornish). Bei den Thlin-
kithen hat die Wittwe ein Jahr den Verwandten des Verstorbenen
zu dienen. Bei Wiederverheirathung einer Wittwe wurde der Reipus
gezahlt (im germanischen Recht).

Wenn die Wittwe bei Damara, Haidah, Samoa u. s. w. auf
den Bruder übergeht, oder bei Egba, Mishmis u. s. w. dem Sohne
zufällt, ergiebt sich das aus dem Eigenthumsrechte des Erben auf
ein gekauftes Gut, so lange nicht Exemptionen durch Verträge
gesichert sind (wie in Padang).

Die Samojeden heirathen ausserhalb der Geschlechter, und so
die Jakuten in andere Geschlechter hinein. Die Horden der Kal-
mücken heirathen kreuzend nach Aussen (s. Hell). Die Ostjaken
dürfen eine Frau gleichen Namen's nicht heirathen, und dies war
auch bei amerikanischen Stämmen verboten. Unter den Pihsing
(Hundertfamilien) trugen Mann und Frau verschiedene Namen (in
China). Verwandtschaft verbietet Heirathen (s. Du Chaillu), doch
heirathet (unter Bakalai) der Sohn die Wittwen des Vaters (ausser
der eigenen Mutter). Cimon heirathete seine Halbschwester Elpinice
(von verschiedener Mutter). Der Brahmane darf eine Frau, deren
Ghotra (Kuhstall) oder Geschlechtsname gleichartig ist, nicht

*) In Cuba, Nicaragua and among the Caribs and Tupis the bride yielded
herself first to another, lest her husband should come to some ill-luck by
exerising a priority of possession (s. Brinton), wie ähnlich in Aracan, Congo u. s. w.
Bei der Syndasmian or pairing family (in Amerika) several of them were usually
found in one house forming a communal household in which the principle of
communism in living was practised (Morgan). Mädchen werden bei der Geburt
Einem der Anwesenden verlobt und in dessen Haus auferzogen (in Neu-Caledonien).

die Frauen die von den Liebhabern erhaltenen Ringe an den
Knöcheln (nach Herodot). Am Congo beweist sich die Gastlich-
keit in Ueberlassung der Frau und so (nach Muir) früher in Europa.
In Arracan wurden die Matrosen für Zwecke der Entjungferung
gesucht, was anderswo den Priestern (den Butios u. s. w.) auflag.

In Caindu wurde Frau Tochter und Schwester dem Fremden
überlassen, damit dieser mit ihnen im Hause wohne, weil dies
Glück seitens der Götter bringe und Reichthum (wie ähnlich in
Kamul) und (nach Bernier) im Himalaya, dann bei den Massageten
(nach Strabo), Bactrier (nach Eusebius), Hazaras (nach Elphin-
stone), auf den Ladronen (nach Mendoza), auf den Canarien
(s. Major), bei den Nairs u. s. w. (s. Yule). Nach Scheinehe durch
Tali mit einem gemietheten Mann, kann das Mädchen (bei den
Nour) als Amato männliche Besuche empfangen (besonders von
den Namburi-Brahmanen, die sich dann reinigen). Bei den Vellala
in Coimbatore lebt der Vater mit dem erwachsenen Mädchen,
das seinem Sohne im Knabenalter angetraut ist (s. Jagor). Bei
den Tottgar in Madura lebt die Frau mit den Verwandten*) des
Mannes, besonders den Oheimen (nach Cornish). Bei den Thlin-
kithen hat die Wittwe ein Jahr den Verwandten des Verstorbenen
zu dienen. Bei Wiederverheirathung einer Wittwe wurde der Reipus
gezahlt (im germanischen Recht).

Wenn die Wittwe bei Damara, Haidah, Samoa u. s. w. auf
den Bruder übergeht, oder bei Egba, Mishmis u. s. w. dem Sohne
zufällt, ergiebt sich das aus dem Eigenthumsrechte des Erben auf
ein gekauftes Gut, so lange nicht Exemptionen durch Verträge
gesichert sind (wie in Padang).

Die Samojeden heirathen ausserhalb der Geschlechter, und so
die Jakuten in andere Geschlechter hinein. Die Horden der Kal-
mücken heirathen kreuzend nach Aussen (s. Hell). Die Ostjaken
dürfen eine Frau gleichen Namen’s nicht heirathen, und dies war
auch bei amerikanischen Stämmen verboten. Unter den Pihsing
(Hundertfamilien) trugen Mann und Frau verschiedene Namen (in
China). Verwandtschaft verbietet Heirathen (s. Du Chaillu), doch
heirathet (unter Bakalai) der Sohn die Wittwen des Vaters (ausser
der eigenen Mutter). Cimon heirathete seine Halbschwester Elpinice
(von verschiedener Mutter). Der Brahmane darf eine Frau, deren
Ghotra (Kuhstall) oder Geschlechtsname gleichartig ist, nicht

*) In Cuba, Nicaragua and among the Caribs and Tupis the bride yielded
herself first to another, lest her husband should come to some ill-luck by
exerising a priority of possession (s. Brinton), wie ähnlich in Aracan, Congo u. s. w.
Bei der Syndasmian or pairing family (in Amerika) several of them were usually
found in one house forming a communal household in which the principle of
communism in living was practised (Morgan). Mädchen werden bei der Geburt
Einem der Anwesenden verlobt und in dessen Haus auferzogen (in Neu-Caledonien).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0176" n="142"/>
die Frauen die von den Liebhabern erhaltenen Ringe an den<lb/>
Knöcheln (nach Herodot). Am Congo beweist sich die Gastlich-<lb/>
keit in Ueberlassung der Frau und so (nach Muir) früher in Europa.<lb/>
In Arracan wurden die Matrosen für Zwecke der Entjungferung<lb/>
gesucht, was anderswo den Priestern (den Butios u. s. w.) auflag.</p><lb/>
          <p>In Caindu wurde Frau Tochter und Schwester dem Fremden<lb/>
überlassen, damit dieser mit ihnen im Hause wohne, weil dies<lb/>
Glück seitens der Götter bringe und Reichthum (wie ähnlich in<lb/>
Kamul) und (nach Bernier) im Himalaya, dann bei den Massageten<lb/>
(nach Strabo), Bactrier (nach Eusebius), Hazaras (nach Elphin-<lb/>
stone), auf den Ladronen (nach Mendoza), auf den Canarien<lb/>
(s. Major), bei den Nairs u. s. w. (s. Yule). Nach Scheinehe durch<lb/>
Tali mit einem gemietheten Mann, kann das Mädchen (bei den<lb/>
Nour) als Amato männliche Besuche empfangen (besonders von<lb/>
den Namburi-Brahmanen, die sich dann reinigen). Bei den Vellala<lb/>
in Coimbatore lebt der Vater mit dem erwachsenen Mädchen,<lb/>
das seinem Sohne im Knabenalter angetraut ist (s. Jagor). Bei<lb/>
den Tottgar in Madura lebt die Frau mit den Verwandten<note place="foot" n="*)">In Cuba, Nicaragua and among the Caribs and Tupis the bride yielded<lb/>
herself first to another, lest her husband should come to some ill-luck by<lb/>
exerising a priority of possession (s. Brinton), wie ähnlich in Aracan, Congo u. s. w.<lb/>
Bei der Syndasmian or pairing family (in Amerika) several of them were usually<lb/>
found in one house forming a communal household in which the principle of<lb/>
communism in living was practised (Morgan). Mädchen werden bei der Geburt<lb/>
Einem der Anwesenden verlobt und in dessen Haus auferzogen (in Neu-Caledonien).</note> des<lb/>
Mannes, besonders den Oheimen (nach Cornish). Bei den Thlin-<lb/>
kithen hat die Wittwe ein Jahr den Verwandten des Verstorbenen<lb/>
zu dienen. Bei Wiederverheirathung einer Wittwe wurde der Reipus<lb/>
gezahlt (im germanischen Recht).</p><lb/>
          <p>Wenn die Wittwe bei Damara, Haidah, Samoa u. s. w. auf<lb/>
den Bruder übergeht, oder bei Egba, Mishmis u. s. w. dem Sohne<lb/>
zufällt, ergiebt sich das aus dem Eigenthumsrechte des Erben auf<lb/>
ein gekauftes Gut, so lange nicht Exemptionen durch Verträge<lb/>
gesichert sind (wie in Padang).</p><lb/>
          <p>Die Samojeden heirathen ausserhalb der Geschlechter, und so<lb/>
die Jakuten in andere Geschlechter hinein. Die Horden der Kal-<lb/>
mücken heirathen kreuzend nach Aussen (s. Hell). Die Ostjaken<lb/>
dürfen eine Frau gleichen Namen&#x2019;s nicht heirathen, und dies war<lb/>
auch bei amerikanischen Stämmen verboten. Unter den Pihsing<lb/>
(Hundertfamilien) trugen Mann und Frau verschiedene Namen (in<lb/>
China). Verwandtschaft verbietet Heirathen (s. Du Chaillu), doch<lb/>
heirathet (unter Bakalai) der Sohn die Wittwen des Vaters (ausser<lb/>
der eigenen Mutter). Cimon heirathete seine Halbschwester Elpinice<lb/>
(von verschiedener Mutter). Der Brahmane darf eine Frau, deren<lb/>
Ghotra (Kuhstall) oder Geschlechtsname gleichartig ist, nicht<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0176] die Frauen die von den Liebhabern erhaltenen Ringe an den Knöcheln (nach Herodot). Am Congo beweist sich die Gastlich- keit in Ueberlassung der Frau und so (nach Muir) früher in Europa. In Arracan wurden die Matrosen für Zwecke der Entjungferung gesucht, was anderswo den Priestern (den Butios u. s. w.) auflag. In Caindu wurde Frau Tochter und Schwester dem Fremden überlassen, damit dieser mit ihnen im Hause wohne, weil dies Glück seitens der Götter bringe und Reichthum (wie ähnlich in Kamul) und (nach Bernier) im Himalaya, dann bei den Massageten (nach Strabo), Bactrier (nach Eusebius), Hazaras (nach Elphin- stone), auf den Ladronen (nach Mendoza), auf den Canarien (s. Major), bei den Nairs u. s. w. (s. Yule). Nach Scheinehe durch Tali mit einem gemietheten Mann, kann das Mädchen (bei den Nour) als Amato männliche Besuche empfangen (besonders von den Namburi-Brahmanen, die sich dann reinigen). Bei den Vellala in Coimbatore lebt der Vater mit dem erwachsenen Mädchen, das seinem Sohne im Knabenalter angetraut ist (s. Jagor). Bei den Tottgar in Madura lebt die Frau mit den Verwandten *) des Mannes, besonders den Oheimen (nach Cornish). Bei den Thlin- kithen hat die Wittwe ein Jahr den Verwandten des Verstorbenen zu dienen. Bei Wiederverheirathung einer Wittwe wurde der Reipus gezahlt (im germanischen Recht). Wenn die Wittwe bei Damara, Haidah, Samoa u. s. w. auf den Bruder übergeht, oder bei Egba, Mishmis u. s. w. dem Sohne zufällt, ergiebt sich das aus dem Eigenthumsrechte des Erben auf ein gekauftes Gut, so lange nicht Exemptionen durch Verträge gesichert sind (wie in Padang). Die Samojeden heirathen ausserhalb der Geschlechter, und so die Jakuten in andere Geschlechter hinein. Die Horden der Kal- mücken heirathen kreuzend nach Aussen (s. Hell). Die Ostjaken dürfen eine Frau gleichen Namen’s nicht heirathen, und dies war auch bei amerikanischen Stämmen verboten. Unter den Pihsing (Hundertfamilien) trugen Mann und Frau verschiedene Namen (in China). Verwandtschaft verbietet Heirathen (s. Du Chaillu), doch heirathet (unter Bakalai) der Sohn die Wittwen des Vaters (ausser der eigenen Mutter). Cimon heirathete seine Halbschwester Elpinice (von verschiedener Mutter). Der Brahmane darf eine Frau, deren Ghotra (Kuhstall) oder Geschlechtsname gleichartig ist, nicht *) In Cuba, Nicaragua and among the Caribs and Tupis the bride yielded herself first to another, lest her husband should come to some ill-luck by exerising a priority of possession (s. Brinton), wie ähnlich in Aracan, Congo u. s. w. Bei der Syndasmian or pairing family (in Amerika) several of them were usually found in one house forming a communal household in which the principle of communism in living was practised (Morgan). Mädchen werden bei der Geburt Einem der Anwesenden verlobt und in dessen Haus auferzogen (in Neu-Caledonien).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/176
Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/176>, abgerufen am 21.11.2024.