Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

Bei den Locrern (in Italien) wurde der Adel von den Stammes-
müttern gerechnet (nach Polybius). Die Colonisten von Lyktos
betrachteten sich mit den Spartanern verwandt, weil von sparta-
nischen Müttern, sowie die Athener, wegen der durch die Pelasger
von Brauron nach Creta gebrachten Frauen. Die Geschlechter
folgen in weiblicher Linie bei den Ashango. In Guyana pflanzen
sich die Familien (der Siwidi, Kamafadi, Onisidi u. s. w.) weiblich
fort. Bei den Banyai zieht der Mann zum Dorfe der Frau, dort
zu wohnen (der Schwiegermutter dienend). Bei Trennung unter
den Irokesen folgten die Kinder der Mutter. Fand bei den Azteken
eine Trennung statt, blieben die Töchter der Mutter, die Söhne
dem Vater*).

In römischer Ehe ging die Frau in manum viri über, als
Tochter. Liberorum quaerendorum causa wurde die Ehe geschlossen

*) Nempe patrem sequuntur liberi (Camilejus) in römischer Gens (s. Livius).
Mulier est [f]inis familiae. Bei den Ojibwas hat die Erbfolge in der männlichen
Linie gewechselt, wogegen sie bei ihren Verwandten (Delawaren und Mohegan)
in der weiblichen verblieben ist. Obwohl indess bei den Ojibwas Nachfolge in
die männliche Linie geändert war, folgte die Erbschaft in der weiblichen.
Unter den Wuzeree wählt das Mädchen den Gatten, unter Zusendung einer
Haarnadel. Bei den Bantu-Stämmen wurde die Neigung der Mädchen berück-
sichtigt. Bei den Germanen brachte der Mann die Morgengabe, ein Schild,
Speer, Schwert, Pferd (zur Vertheidigung, wie bei Alfuren). Unter den Li-
gurern wurde der Gatte vom Mädchen gewählt. Bei den Iberern erbten die
Töchter (nach Strabo). Bei Iberern und Ligurern entschieden die Frauen in
den Rathsversammlungen (s. Plutarch). Usually the female portion rules the
house (s. Wright) unter den Familien des Langhauses, bei den Irokesen
(wie in Sumatra). Unter gemeinsamen Frauen maxime fratres cum fratribus
parentes cum liberis (s. Caesar) bei den Britanniern. Neben der besonderen
Frau waren die Frauen gemeinsam bei den Massageten (nach Herodot).
Die Stämme in Venezuela lebten in gemeinsamer Ehe (nach Herrera). In
Nord-Amerika gab die Heirath der ältesten Schwester das Recht auf alle
(und ähnlich bei Todas). Garamantes matrimonium exsortes passim cum
feminis degunt (Plinius). Die Auseer mischten sich ohne Ehe (nach Herodot).
Die Celten Irlands lebten in wilder Ehe nächster Verwandtschaft (Strabo).
In the Timaeus of Plato (des Idealstaates) his five grades of relations ore
precisely the same as the Hawaiian der "consanguine family", im Uebergang
zum System der "Punaluan family" (s. Morgan). Die Frauen der in Bezeichnung
von Punalua (Freund) zu einander Stehenden waren gemeinsam (in Hawaii).
Die Bramanische Ehe dauert bis zu der Geburt des Sohnes, oder bis der Sohn
des Sohnes gesehen wird. The members of the same tribe do not intermarry,
but members of different tribes do. Boys of twelve years of age are married
to girls of 15 or 16 (bei den Khond). Bei der Hochzeit "the principals in the
scene are raised by an uncle of each upon his shoulders, and borne through the
dance", dann folgt ein Scheinkampf der Freunde der Braut gegen die des Bräut-
gams (um die Entführung zu hindern). Bei den Kolam Gond wird das Mädchen
entführt (zur Ehe).

Bei den Locrern (in Italien) wurde der Adel von den Stammes-
müttern gerechnet (nach Polybius). Die Colonisten von Lyktos
betrachteten sich mit den Spartanern verwandt, weil von sparta-
nischen Müttern, sowie die Athener, wegen der durch die Pelasger
von Brauron nach Creta gebrachten Frauen. Die Geschlechter
folgen in weiblicher Linie bei den Ashango. In Guyana pflanzen
sich die Familien (der Siwidi, Kamafadi, Onisidi u. s. w.) weiblich
fort. Bei den Banyai zieht der Mann zum Dorfe der Frau, dort
zu wohnen (der Schwiegermutter dienend). Bei Trennung unter
den Irokesen folgten die Kinder der Mutter. Fand bei den Azteken
eine Trennung statt, blieben die Töchter der Mutter, die Söhne
dem Vater*).

In römischer Ehe ging die Frau in manum viri über, als
Tochter. Liberorum quaerendorum causa wurde die Ehe geschlossen

*) Nempe patrem sequuntur liberi (Camilejus) in römischer Gens (s. Livius).
Mulier est [f]inis familiae. Bei den Ojibwas hat die Erbfolge in der männlichen
Linie gewechselt, wogegen sie bei ihren Verwandten (Delawaren und Mohegan)
in der weiblichen verblieben ist. Obwohl indess bei den Ojibwas Nachfolge in
die männliche Linie geändert war, folgte die Erbschaft in der weiblichen.
Unter den Wuzeree wählt das Mädchen den Gatten, unter Zusendung einer
Haarnadel. Bei den Bantu-Stämmen wurde die Neigung der Mädchen berück-
sichtigt. Bei den Germanen brachte der Mann die Morgengabe, ein Schild,
Speer, Schwert, Pferd (zur Vertheidigung, wie bei Alfuren). Unter den Li-
gurern wurde der Gatte vom Mädchen gewählt. Bei den Iberern erbten die
Töchter (nach Strabo). Bei Iberern und Ligurern entschieden die Frauen in
den Rathsversammlungen (s. Plutarch). Usually the female portion rules the
house (s. Wright) unter den Familien des Langhauses, bei den Irokesen
(wie in Sumatra). Unter gemeinsamen Frauen maxime fratres cum fratribus
parentes cum liberis (s. Caesar) bei den Britanniern. Neben der besonderen
Frau waren die Frauen gemeinsam bei den Massageten (nach Herodot).
Die Stämme in Venezuela lebten in gemeinsamer Ehe (nach Herrera). In
Nord-Amerika gab die Heirath der ältesten Schwester das Recht auf alle
(und ähnlich bei Todas). Garamantes matrimonium exsortes passim cum
feminis degunt (Plinius). Die Auseer mischten sich ohne Ehe (nach Herodot).
Die Celten Irlands lebten in wilder Ehe nächster Verwandtschaft (Strabo).
In the Timaeus of Plato (des Idealstaates) his five grades of relations ore
precisely the same as the Hawaiian der „consanguine family“, im Uebergang
zum System der „Punaluan family“ (s. Morgan). Die Frauen der in Bezeichnung
von Punalua (Freund) zu einander Stehenden waren gemeinsam (in Hawaii).
Die Bramanische Ehe dauert bis zu der Geburt des Sohnes, oder bis der Sohn
des Sohnes gesehen wird. The members of the same tribe do not intermarry,
but members of different tribes do. Boys of twelve years of age are married
to girls of 15 or 16 (bei den Khond). Bei der Hochzeit „the principals in the
scene are raised by an uncle of each upon his shoulders, and borne through the
dance“, dann folgt ein Scheinkampf der Freunde der Braut gegen die des Bräut-
gams (um die Entführung zu hindern). Bei den Kolam Gond wird das Mädchen
entführt (zur Ehe).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0178" n="144"/>
          <p>Bei den Locrern (in Italien) wurde der Adel von den Stammes-<lb/>
müttern gerechnet (nach Polybius). Die Colonisten von Lyktos<lb/>
betrachteten sich mit den Spartanern verwandt, weil von sparta-<lb/>
nischen Müttern, sowie die Athener, wegen der durch die Pelasger<lb/>
von Brauron nach Creta gebrachten Frauen. Die Geschlechter<lb/>
folgen in weiblicher Linie bei den Ashango. In Guyana pflanzen<lb/>
sich die Familien (der Siwidi, Kamafadi, Onisidi u. s. w.) weiblich<lb/>
fort. Bei den Banyai zieht der Mann zum Dorfe der Frau, dort<lb/>
zu wohnen (der Schwiegermutter dienend). Bei Trennung unter<lb/>
den Irokesen folgten die Kinder der Mutter. Fand bei den Azteken<lb/>
eine Trennung statt, blieben die Töchter der Mutter, die Söhne<lb/>
dem Vater<note place="foot" n="*)">Nempe patrem sequuntur liberi (Camilejus) in römischer Gens (s. Livius).<lb/>
Mulier est <supplied>f</supplied>inis familiae. Bei den Ojibwas hat die Erbfolge in der männlichen<lb/>
Linie gewechselt, wogegen sie bei ihren Verwandten (Delawaren und Mohegan)<lb/>
in der weiblichen verblieben ist. Obwohl indess bei den Ojibwas Nachfolge in<lb/>
die männliche Linie geändert war, folgte die Erbschaft in der weiblichen.<lb/>
Unter den Wuzeree wählt das Mädchen den Gatten, unter Zusendung einer<lb/>
Haarnadel. Bei den Bantu-Stämmen wurde die Neigung der Mädchen berück-<lb/>
sichtigt. Bei den Germanen brachte der Mann die Morgengabe, ein Schild,<lb/>
Speer, Schwert, Pferd (zur Vertheidigung, wie bei Alfuren). Unter den Li-<lb/>
gurern wurde der Gatte vom Mädchen gewählt. Bei den Iberern erbten die<lb/>
Töchter (nach Strabo). Bei Iberern und Ligurern entschieden die Frauen in<lb/>
den Rathsversammlungen (s. Plutarch). Usually the female portion rules the<lb/>
house (s. Wright) unter den Familien des Langhauses, bei den Irokesen<lb/>
(wie in Sumatra). Unter gemeinsamen Frauen maxime fratres cum fratribus<lb/>
parentes cum liberis (s. Caesar) bei den Britanniern. Neben der besonderen<lb/>
Frau waren die Frauen gemeinsam bei den Massageten (nach Herodot).<lb/>
Die Stämme in Venezuela lebten in gemeinsamer Ehe (nach Herrera). In<lb/>
Nord-Amerika gab die Heirath der ältesten Schwester das Recht auf alle<lb/>
(und ähnlich bei Todas). Garamantes matrimonium exsortes passim cum<lb/>
feminis degunt (Plinius). Die Auseer mischten sich ohne Ehe (nach Herodot).<lb/>
Die Celten Irlands lebten in wilder Ehe nächster Verwandtschaft (Strabo).<lb/>
In the Timaeus of Plato (des Idealstaates) his five grades of relations ore<lb/>
precisely the same as the Hawaiian der &#x201E;consanguine family&#x201C;, im Uebergang<lb/>
zum System der &#x201E;Punaluan family&#x201C; (s. Morgan). Die Frauen der in Bezeichnung<lb/>
von Punalua (Freund) zu einander Stehenden waren gemeinsam (in Hawaii).<lb/>
Die Bramanische Ehe dauert bis zu der Geburt des Sohnes, oder bis der Sohn<lb/>
des Sohnes gesehen wird. The members of the same tribe do not intermarry,<lb/>
but members of different tribes do. Boys of twelve years of age are married<lb/>
to girls of 15 or 16 (bei den Khond). Bei der Hochzeit &#x201E;the principals in the<lb/>
scene are raised by an uncle of each upon his shoulders, and borne through the<lb/>
dance&#x201C;, dann folgt ein Scheinkampf der Freunde der Braut gegen die des Bräut-<lb/>
gams (um die Entführung zu hindern). Bei den Kolam Gond wird das Mädchen<lb/>
entführt (zur Ehe).</note>.</p><lb/>
          <p>In römischer Ehe ging die Frau in manum viri über, als<lb/>
Tochter. Liberorum quaerendorum causa wurde die Ehe geschlossen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0178] Bei den Locrern (in Italien) wurde der Adel von den Stammes- müttern gerechnet (nach Polybius). Die Colonisten von Lyktos betrachteten sich mit den Spartanern verwandt, weil von sparta- nischen Müttern, sowie die Athener, wegen der durch die Pelasger von Brauron nach Creta gebrachten Frauen. Die Geschlechter folgen in weiblicher Linie bei den Ashango. In Guyana pflanzen sich die Familien (der Siwidi, Kamafadi, Onisidi u. s. w.) weiblich fort. Bei den Banyai zieht der Mann zum Dorfe der Frau, dort zu wohnen (der Schwiegermutter dienend). Bei Trennung unter den Irokesen folgten die Kinder der Mutter. Fand bei den Azteken eine Trennung statt, blieben die Töchter der Mutter, die Söhne dem Vater *). In römischer Ehe ging die Frau in manum viri über, als Tochter. Liberorum quaerendorum causa wurde die Ehe geschlossen *) Nempe patrem sequuntur liberi (Camilejus) in römischer Gens (s. Livius). Mulier est finis familiae. Bei den Ojibwas hat die Erbfolge in der männlichen Linie gewechselt, wogegen sie bei ihren Verwandten (Delawaren und Mohegan) in der weiblichen verblieben ist. Obwohl indess bei den Ojibwas Nachfolge in die männliche Linie geändert war, folgte die Erbschaft in der weiblichen. Unter den Wuzeree wählt das Mädchen den Gatten, unter Zusendung einer Haarnadel. Bei den Bantu-Stämmen wurde die Neigung der Mädchen berück- sichtigt. Bei den Germanen brachte der Mann die Morgengabe, ein Schild, Speer, Schwert, Pferd (zur Vertheidigung, wie bei Alfuren). Unter den Li- gurern wurde der Gatte vom Mädchen gewählt. Bei den Iberern erbten die Töchter (nach Strabo). Bei Iberern und Ligurern entschieden die Frauen in den Rathsversammlungen (s. Plutarch). Usually the female portion rules the house (s. Wright) unter den Familien des Langhauses, bei den Irokesen (wie in Sumatra). Unter gemeinsamen Frauen maxime fratres cum fratribus parentes cum liberis (s. Caesar) bei den Britanniern. Neben der besonderen Frau waren die Frauen gemeinsam bei den Massageten (nach Herodot). Die Stämme in Venezuela lebten in gemeinsamer Ehe (nach Herrera). In Nord-Amerika gab die Heirath der ältesten Schwester das Recht auf alle (und ähnlich bei Todas). Garamantes matrimonium exsortes passim cum feminis degunt (Plinius). Die Auseer mischten sich ohne Ehe (nach Herodot). Die Celten Irlands lebten in wilder Ehe nächster Verwandtschaft (Strabo). In the Timaeus of Plato (des Idealstaates) his five grades of relations ore precisely the same as the Hawaiian der „consanguine family“, im Uebergang zum System der „Punaluan family“ (s. Morgan). Die Frauen der in Bezeichnung von Punalua (Freund) zu einander Stehenden waren gemeinsam (in Hawaii). Die Bramanische Ehe dauert bis zu der Geburt des Sohnes, oder bis der Sohn des Sohnes gesehen wird. The members of the same tribe do not intermarry, but members of different tribes do. Boys of twelve years of age are married to girls of 15 or 16 (bei den Khond). Bei der Hochzeit „the principals in the scene are raised by an uncle of each upon his shoulders, and borne through the dance“, dann folgt ein Scheinkampf der Freunde der Braut gegen die des Bräut- gams (um die Entführung zu hindern). Bei den Kolam Gond wird das Mädchen entführt (zur Ehe).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/178
Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/178>, abgerufen am 21.11.2024.