Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

übersteigen oder von diesen nicht erreichbar sind, so fühlt
er sich (in subjectiver Umdunkelung seine Gleichstellung
mit dem Uebrigen vergessend) von Staunen und Bewunderung
ergriffen, so dass wenn in dem zu Exaltation (durch Fasten*))
und Kasteiung) gesteigerten Träumen das Lebensgeheimniss
(in conventionell mythologischer Umgebung) erschaut wird,
sich dasselbe für individuelle Bestimmung in einen Natur-
gegenstand manifestirt, und meistens (bei den auf Jagd hin-
gewiesenen Indianer) unter den, besonders die Aufmerksam-
keit auf sich ziehenden, Thiere (obwohl auch als Pflanzen,
Steine oder andere Objecte).

Die Abiponer über die Schöpfung befragt, konnten
Nichts darüber berichten, da keiner**) dabei gewesen, und
da sie sich im Leben fühlten, meinten sie den Tod von
rechtswegen negiren zu dürfen, so dass selbst wenn Jemand
stirbt, von Wunden bedeckt (wie Dobrizkoffer bemerkt),
dies doch immer die Folge eines feindlichbösen Zauber's***)
ist. Dies feindlich Böse ist stets drohend, und nahe

*) Die bei den Eskimo vom Verbieter auferlegten Enthaltungen werden
in den Mokisso freiwillig übernommen, als partielle, die sich dem Indianer
für aussergewöhnliche Communicationen zum allgemeinen Fasten steigern.
Gleich einem Opfer, das Fett und Blut auf den Altar bringt, bewahrt das
Fasten vor dem Feuer des Gehinnom (nach Baba mezia), denn das Fasten
verringert des Menschen Fett und Blut, so dass fastend für die Sünde
geopfert wird (nach Berachoth). Im Dionysos-Cult wird die Sünde durch
Rohessen getilgt, nach Art der Eurytanes (s. Thucydides) oder Oemophagoi
(wie Samojeden in russischer Erklärung, und Eskimo).
**) I "never saw a god" war die Antwort der Veddah auf Bayley's
Erkundigungen über die "Knowledge of a supreme being", neben ("an unde-
fined awe of the nameless spirits, whom they believe to haunt the
darkness" und) evil demons (s. de Butts). In Herleitung der Weissen von
den Schwarzen die Australier "generally close the argument with the unas-
werable question: If the whites do not come from the blacks, where
could they have sprung from? (Die Chonos sagen "from the moon").
***) If a men tumbles out of a tree and breaks his neck, they think
that his life has been charmed away by the Bayala men of anotther tribe
(in Australien).

übersteigen oder von diesen nicht erreichbar sind, so fühlt
er sich (in subjectiver Umdunkelung seine Gleichstellung
mit dem Uebrigen vergessend) von Staunen und Bewunderung
ergriffen, so dass wenn in dem zu Exaltation (durch Fasten*))
und Kasteiung) gesteigerten Träumen das Lebensgeheimniss
(in conventionell mythologischer Umgebung) erschaut wird,
sich dasselbe für individuelle Bestimmung in einen Natur-
gegenstand manifestirt, und meistens (bei den auf Jagd hin-
gewiesenen Indianer) unter den, besonders die Aufmerksam-
keit auf sich ziehenden, Thiere (obwohl auch als Pflanzen,
Steine oder andere Objecte).

Die Abiponer über die Schöpfung befragt, konnten
Nichts darüber berichten, da keiner**) dabei gewesen, und
da sie sich im Leben fühlten, meinten sie den Tod von
rechtswegen negiren zu dürfen, so dass selbst wenn Jemand
stirbt, von Wunden bedeckt (wie Dobrizkoffer bemerkt),
dies doch immer die Folge eines feindlichbösen Zauber’s***)
ist. Dies feindlich Böse ist stets drohend, und nahe

*) Die bei den Eskimo vom Verbieter auferlegten Enthaltungen werden
in den Mokisso freiwillig übernommen, als partielle, die sich dem Indianer
für aussergewöhnliche Communicationen zum allgemeinen Fasten steigern.
Gleich einem Opfer, das Fett und Blut auf den Altar bringt, bewahrt das
Fasten vor dem Feuer des Gehinnom (nach Baba mezia), denn das Fasten
verringert des Menschen Fett und Blut, so dass fastend für die Sünde
geopfert wird (nach Berachoth). Im Dionysos-Cult wird die Sünde durch
Rohessen getilgt, nach Art der Eurytanes (s. Thucydides) oder Oemophagoi
(wie Samojeden in russischer Erklärung, und Eskimo).
**) I „never saw a god“ war die Antwort der Veddah auf Bayley’s
Erkundigungen über die „Knowledge of a supreme being“, neben („an unde-
fined awe of the nameless spirits, whom they believe to haunt the
darkness“ und) evil demons (s. de Butts). In Herleitung der Weissen von
den Schwarzen die Australier „generally close the argument with the unas-
werable question: If the whites do not come from the blacks, where
could they have sprung from? (Die Chonos sagen „from the moon“).
***) If a men tumbles out of a tree and breaks his neck, they think
that his life has been charmed away by the Bayala men of anotther tribe
(in Australien).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0079" n="45"/>
übersteigen oder von diesen nicht erreichbar sind, so fühlt<lb/>
er sich (in subjectiver Umdunkelung seine Gleichstellung<lb/>
mit dem Uebrigen vergessend) von Staunen und Bewunderung<lb/>
ergriffen, so dass wenn in dem zu Exaltation (durch Fasten<note place="foot" n="*)">Die bei den Eskimo vom Verbieter auferlegten Enthaltungen werden<lb/>
in den Mokisso freiwillig übernommen, als partielle, die sich dem Indianer<lb/>
für aussergewöhnliche Communicationen zum allgemeinen Fasten steigern.<lb/>
Gleich einem Opfer, das Fett und Blut auf den Altar bringt, bewahrt das<lb/>
Fasten vor dem Feuer des Gehinnom (nach Baba mezia), denn das Fasten<lb/>
verringert des Menschen Fett und Blut, so dass fastend für die Sünde<lb/>
geopfert wird (nach Berachoth). Im Dionysos-Cult wird die Sünde durch<lb/>
Rohessen getilgt, nach Art der Eurytanes (s. Thucydides) oder Oemophagoi<lb/>
(wie Samojeden in russischer Erklärung, und Eskimo).</note>)<lb/>
und Kasteiung) gesteigerten Träumen das Lebensgeheimniss<lb/>
(in conventionell mythologischer Umgebung) erschaut wird,<lb/>
sich dasselbe für individuelle Bestimmung in einen Natur-<lb/>
gegenstand manifestirt, und meistens (bei den auf Jagd hin-<lb/>
gewiesenen Indianer) unter den, besonders die Aufmerksam-<lb/>
keit auf sich ziehenden, Thiere (obwohl auch als Pflanzen,<lb/>
Steine oder andere Objecte).</p><lb/>
        <p>Die Abiponer über die Schöpfung befragt, konnten<lb/>
Nichts darüber berichten, da keiner<note place="foot" n="**)">I &#x201E;never saw a god&#x201C; war die Antwort der Veddah auf Bayley&#x2019;s<lb/>
Erkundigungen über die &#x201E;Knowledge of a supreme being&#x201C;, neben (&#x201E;an unde-<lb/>
fined awe of the nameless spirits, whom they believe to haunt the<lb/>
darkness&#x201C; und) evil demons (s. de Butts). In Herleitung der Weissen von<lb/>
den Schwarzen die Australier &#x201E;generally close the argument with the unas-<lb/>
werable question: If the whites do not come from the blacks, where<lb/>
could they have sprung from? (Die Chonos sagen &#x201E;from the moon&#x201C;).</note> dabei gewesen, und<lb/>
da sie sich im Leben fühlten, meinten sie den Tod von<lb/>
rechtswegen negiren zu dürfen, so dass selbst wenn Jemand<lb/>
stirbt, von Wunden bedeckt (wie Dobrizkoffer bemerkt),<lb/>
dies doch immer die Folge eines feindlichbösen Zauber&#x2019;s<note place="foot" n="***)">If a men tumbles out of a tree and breaks his neck, they think<lb/>
that his life has been charmed away by the Bayala men of anotther tribe<lb/>
(in Australien).</note><lb/>
ist. Dies feindlich Böse ist stets drohend, und nahe<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0079] übersteigen oder von diesen nicht erreichbar sind, so fühlt er sich (in subjectiver Umdunkelung seine Gleichstellung mit dem Uebrigen vergessend) von Staunen und Bewunderung ergriffen, so dass wenn in dem zu Exaltation (durch Fasten *)) und Kasteiung) gesteigerten Träumen das Lebensgeheimniss (in conventionell mythologischer Umgebung) erschaut wird, sich dasselbe für individuelle Bestimmung in einen Natur- gegenstand manifestirt, und meistens (bei den auf Jagd hin- gewiesenen Indianer) unter den, besonders die Aufmerksam- keit auf sich ziehenden, Thiere (obwohl auch als Pflanzen, Steine oder andere Objecte). Die Abiponer über die Schöpfung befragt, konnten Nichts darüber berichten, da keiner **) dabei gewesen, und da sie sich im Leben fühlten, meinten sie den Tod von rechtswegen negiren zu dürfen, so dass selbst wenn Jemand stirbt, von Wunden bedeckt (wie Dobrizkoffer bemerkt), dies doch immer die Folge eines feindlichbösen Zauber’s ***) ist. Dies feindlich Böse ist stets drohend, und nahe *) Die bei den Eskimo vom Verbieter auferlegten Enthaltungen werden in den Mokisso freiwillig übernommen, als partielle, die sich dem Indianer für aussergewöhnliche Communicationen zum allgemeinen Fasten steigern. Gleich einem Opfer, das Fett und Blut auf den Altar bringt, bewahrt das Fasten vor dem Feuer des Gehinnom (nach Baba mezia), denn das Fasten verringert des Menschen Fett und Blut, so dass fastend für die Sünde geopfert wird (nach Berachoth). Im Dionysos-Cult wird die Sünde durch Rohessen getilgt, nach Art der Eurytanes (s. Thucydides) oder Oemophagoi (wie Samojeden in russischer Erklärung, und Eskimo). **) I „never saw a god“ war die Antwort der Veddah auf Bayley’s Erkundigungen über die „Knowledge of a supreme being“, neben („an unde- fined awe of the nameless spirits, whom they believe to haunt the darkness“ und) evil demons (s. de Butts). In Herleitung der Weissen von den Schwarzen die Australier „generally close the argument with the unas- werable question: If the whites do not come from the blacks, where could they have sprung from? (Die Chonos sagen „from the moon“). ***) If a men tumbles out of a tree and breaks his neck, they think that his life has been charmed away by the Bayala men of anotther tribe (in Australien).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/79
Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/79>, abgerufen am 17.05.2024.