Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.Ein Ah! der Bewunderung geht durch die Reihen Aber plötzlich höre ich meinen Egmont angstvoll Ich -- halb todt vor Schreck, ohne jedoch mit den Ein Ah! der Bewunderung geht durch die Reihen Aber plötzlich höre ich meinen Egmont angſtvoll Ich — halb todt vor Schreck, ohne jedoch mit den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0165" n="137"/> <p>Ein Ah! der Bewunderung geht durch die Reihen<lb/> bei hohen Zuſchauer … Prinzeſſin Karl ſagte mir<lb/> ſpäterhin: dies Bild habe am meiſten gefallen.</p><lb/> <p>Aber plötzlich höre ich meinen Egmont angſtvoll<lb/> durch die Zähne ziſcheln: Ich rutſche … der verdammte<lb/> Stuhl mit dem glatten, ſtraffen Leder …</p><lb/> <p>Ich — halb todt vor Schreck, ohne jedoch mit den<lb/> ſchwärmeriſchen Augen zu zucken, hauche zurück: »Um<lb/> Gottes willen, rutſchen Sie nicht! Ich ſtütze Sie!« Und<lb/> krampfhaft ſtemme ich meine Ellbogen gegen die Kniee<lb/> Rebenſteins … Bleiſchwer gleiten die Secunden an uns<lb/> vorüber. Will denn der Vorhang in Ewigkeit nicht fallen?<lb/> Ich fühle meine Kräfte erlahmen. Auf Egmonts Stirn<lb/> perlen Angſttropfen und ſchon rinnt ſolch ein großer<lb/> blanker Tropfen langſam die Naſe herab … jetzt zittert<lb/> er an Egmonts Naſenſpitze … Wird er fallen? … Und<lb/> wohin? … O Ihr Götter, Egmont rutſcht ſacht weiter …<lb/> Wie das Leder knarrt … Und meine Arme ſind wie<lb/> erſtorben … Jetzt fällt auch der große Schweißtropfen<lb/> von der Naſenſpitze … Wie er an meinen Augen vor¬<lb/> über niederflirrt! … Und es flirren die Bühne — die<lb/> Lichter — Alles! Alles! um mich her vor meinen<lb/> Augen … Nein, ich kann nicht länger ſchmachtend zu<lb/> Egmont aufblicken … Und ſtände Todesſtrafe darauf,<lb/> ich muß mit den Augen zucken … doch! das Schurr!<lb/> Schurr! über mir giebt mir neue Lebenskraft … Gott<lb/> ſei Dank, der Vorhang fällt … Aber, ſo entſetzlich<lb/> langſam und träge, wie noch nie … Endlich hat er den<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [137/0165]
Ein Ah! der Bewunderung geht durch die Reihen
bei hohen Zuſchauer … Prinzeſſin Karl ſagte mir
ſpäterhin: dies Bild habe am meiſten gefallen.
Aber plötzlich höre ich meinen Egmont angſtvoll
durch die Zähne ziſcheln: Ich rutſche … der verdammte
Stuhl mit dem glatten, ſtraffen Leder …
Ich — halb todt vor Schreck, ohne jedoch mit den
ſchwärmeriſchen Augen zu zucken, hauche zurück: »Um
Gottes willen, rutſchen Sie nicht! Ich ſtütze Sie!« Und
krampfhaft ſtemme ich meine Ellbogen gegen die Kniee
Rebenſteins … Bleiſchwer gleiten die Secunden an uns
vorüber. Will denn der Vorhang in Ewigkeit nicht fallen?
Ich fühle meine Kräfte erlahmen. Auf Egmonts Stirn
perlen Angſttropfen und ſchon rinnt ſolch ein großer
blanker Tropfen langſam die Naſe herab … jetzt zittert
er an Egmonts Naſenſpitze … Wird er fallen? … Und
wohin? … O Ihr Götter, Egmont rutſcht ſacht weiter …
Wie das Leder knarrt … Und meine Arme ſind wie
erſtorben … Jetzt fällt auch der große Schweißtropfen
von der Naſenſpitze … Wie er an meinen Augen vor¬
über niederflirrt! … Und es flirren die Bühne — die
Lichter — Alles! Alles! um mich her vor meinen
Augen … Nein, ich kann nicht länger ſchmachtend zu
Egmont aufblicken … Und ſtände Todesſtrafe darauf,
ich muß mit den Augen zucken … doch! das Schurr!
Schurr! über mir giebt mir neue Lebenskraft … Gott
ſei Dank, der Vorhang fällt … Aber, ſo entſetzlich
langſam und träge, wie noch nie … Endlich hat er den
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