Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.Auf den Wunsch des Hofes trat Sophie Schröder Im kleinen, geistig angeregten Kreise bei Wilhelmine Einst war von der süßen -- bösen Liebe die Rede ... Da erhob sich Sophie Schröder -- die zweiund¬ "Dieser niederträchtigen Leidenschaft habe ich entsagt Erst sahen wir Jungen sie sprachlos an -- dann "Seit wann haben Sie dieser -- niederträchtigen Mit dem größten Ernst und in den alten tiefen "Seit zwei Jahren!" Dieser kleine Zug charakterisirt das Weib Sophie Ich habe sie nie wieder gesehen aber mit herzlicher Auf den Wunſch des Hofes trat Sophie Schröder Im kleinen, geiſtig angeregten Kreiſe bei Wilhelmine Einſt war von der ſüßen — böſen Liebe die Rede … Da erhob ſich Sophie Schröder — die zweiund¬ »Dieſer niederträchtigen Leidenſchaft habe ich entſagt Erſt ſahen wir Jungen ſie ſprachlos an — dann »Seit wann haben Sie dieſer — niederträchtigen Mit dem größten Ernſt und in den alten tiefen »Seit zwei Jahren!« Dieſer kleine Zug charakteriſirt das Weib Sophie Ich habe ſie nie wieder geſehen aber mit herzlicher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0358" n="330"/> <p>Auf den Wunſch des Hofes trat Sophie Schröder<lb/> noch einige Mal in Dresden auf. Durch ihre erſchütternde<lb/> Tragik erhob ſie als »Claudia« in »Emilia Galotti« den<lb/> dritten Akt zu dem bedetendſten.</p><lb/> <p>Im kleinen, geiſtig angeregten Kreiſe bei Wilhelmine<lb/> Schröder lernte ich die perſönliche Liebenswürdigkeit,<lb/> Geiſtesfriſche und die gediegene Bildung ihrer Mutter<lb/> erſt recht kennen. Dabei war ſie heiter, witzig — und<lb/> oft übermüthig, als hätten die vielen dornigen Herzens¬<lb/> erfahrungen ihres Lebens ſie nicht tiefer berührt.</p><lb/> <p>Einſt war von der ſüßen — böſen Liebe die Rede …</p><lb/> <p>Da erhob ſich Sophie Schröder — die zweiund¬<lb/> ſechzigjährige, erregt und rief mit der Geſte und in den<lb/> tiefſten Tönen der Medea:</p><lb/> <p>»Dieſer niederträchtigen Leidenſchaft habe ich entſagt<lb/> — auf ewig — auf ewig …!«</p><lb/> <p>Erſt ſahen wir Jungen ſie ſprachlos an — dann<lb/> fragte ein kleines luſtiges Fräulein Naſeweis:</p><lb/> <p>»Seit wann haben Sie dieſer — niederträchtigen<lb/> Leidenſchaft entſagt?«</p><lb/> <p>Mit dem größten Ernſt und in den alten tiefen<lb/> Herzenstönen antwortete die Tragödin:</p><lb/> <p>»Seit zwei Jahren!«</p><lb/> <p>Dieſer kleine Zug charakteriſirt das <hi rendition="#g">Weib</hi> Sophie<lb/> Schröder.</p><lb/> <p>Ich habe ſie nie wieder geſehen aber mit herzlicher<lb/> Theilnahme geleſen, wie die faſt achtzigjährige Greiſin<lb/> 1859 an Schiller's hundertjährigem Geburtstage auf den<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [330/0358]
Auf den Wunſch des Hofes trat Sophie Schröder
noch einige Mal in Dresden auf. Durch ihre erſchütternde
Tragik erhob ſie als »Claudia« in »Emilia Galotti« den
dritten Akt zu dem bedetendſten.
Im kleinen, geiſtig angeregten Kreiſe bei Wilhelmine
Schröder lernte ich die perſönliche Liebenswürdigkeit,
Geiſtesfriſche und die gediegene Bildung ihrer Mutter
erſt recht kennen. Dabei war ſie heiter, witzig — und
oft übermüthig, als hätten die vielen dornigen Herzens¬
erfahrungen ihres Lebens ſie nicht tiefer berührt.
Einſt war von der ſüßen — böſen Liebe die Rede …
Da erhob ſich Sophie Schröder — die zweiund¬
ſechzigjährige, erregt und rief mit der Geſte und in den
tiefſten Tönen der Medea:
»Dieſer niederträchtigen Leidenſchaft habe ich entſagt
— auf ewig — auf ewig …!«
Erſt ſahen wir Jungen ſie ſprachlos an — dann
fragte ein kleines luſtiges Fräulein Naſeweis:
»Seit wann haben Sie dieſer — niederträchtigen
Leidenſchaft entſagt?«
Mit dem größten Ernſt und in den alten tiefen
Herzenstönen antwortete die Tragödin:
»Seit zwei Jahren!«
Dieſer kleine Zug charakteriſirt das Weib Sophie
Schröder.
Ich habe ſie nie wieder geſehen aber mit herzlicher
Theilnahme geleſen, wie die faſt achtzigjährige Greiſin
1859 an Schiller's hundertjährigem Geburtstage auf den
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