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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Auch mit dem armen Kleist war er in Berührung
gekommen. Bei der Verschiedenartigkeit ihrer menschlichen
und dichterischen Anlagen konnten sie sich aber nicht näher
treten. Tieck sprach, bei aller Anerkennung von Kleist's
großem dramatischen Talent, nur zu gern von des un¬
glücklichen Dichters fixen Ideen, die sich sogar so krank¬
haft steigerten, daß Kleist einst im Ernst versucht habe,
Adam Müller von der Dresdener Elbbrücke zu stoßen,
weil er sich einbildete, dessen Frau wahnsinnig zu lieben
und ohne ihren Besitz nicht leben zu können.

Köstlich parodirte er dagegen den windigen Klemens
Brentano, der sich besonders darin gefiel, zarten Frauen
seine Seelenleiden vorzuseufzen und sie durch seine welt¬
schmerzliche Zerrissenheit und Verlorenheit bis zu Thränen
des Mitgefühls oder wohl gar des Erbarmens zu rühren.
... "Als Brentano diese Höllenkünste auch in meinem
Hause probiren wollte, sagte ich ihm ernsthaft: lügen
Sie meinen Frauenzimmern so viel vor, wie Sie wollen,
-- nur eine Bedingung hab' ich, lieber Freund: lassen
Sie es heiter sein! -- und die poetische Zwiebel gelobte
alles mögliche Gute und Beste. Aber als ich dann eines
Tags nach Hause komme, was find' ich? -- meine Frau
und die Gräfin Finkenstein und die Dorothea und die
Reinhold sämmtlich in Thränen schwimmend -- und
mitten unter ihnen meinen seufzenden, zerrissenen Fuchs
Brentano. Aber ich hab' meine Frauenzimmer kurirt
und dem Schalk im Thränenkleide heimgeleuchtet, indem
ich ihm zurief: "Plagt Sie der Teufel? Sie haben mir

Auch mit dem armen Kleiſt war er in Berührung
gekommen. Bei der Verſchiedenartigkeit ihrer menſchlichen
und dichteriſchen Anlagen konnten ſie ſich aber nicht näher
treten. Tieck ſprach, bei aller Anerkennung von Kleiſt's
großem dramatiſchen Talent, nur zu gern von des un¬
glücklichen Dichters fixen Ideen, die ſich ſogar ſo krank¬
haft ſteigerten, daß Kleiſt einſt im Ernſt verſucht habe,
Adam Müller von der Dresdener Elbbrücke zu ſtoßen,
weil er ſich einbildete, deſſen Frau wahnſinnig zu lieben
und ohne ihren Beſitz nicht leben zu können.

Köſtlich parodirte er dagegen den windigen Klemens
Brentano, der ſich beſonders darin gefiel, zarten Frauen
ſeine Seelenleiden vorzuſeufzen und ſie durch ſeine welt¬
ſchmerzliche Zerriſſenheit und Verlorenheit bis zu Thränen
des Mitgefühls oder wohl gar des Erbarmens zu rühren.
… »Als Brentano dieſe Höllenkünſte auch in meinem
Hauſe probiren wollte, ſagte ich ihm ernſthaft: lügen
Sie meinen Frauenzimmern ſo viel vor, wie Sie wollen,
— nur eine Bedingung hab' ich, lieber Freund: laſſen
Sie es heiter ſein! — und die poetiſche Zwiebel gelobte
alles mögliche Gute und Beſte. Aber als ich dann eines
Tags nach Hauſe komme, was find' ich? — meine Frau
und die Gräfin Finkenſtein und die Dorothea und die
Reinhold ſämmtlich in Thränen ſchwimmend — und
mitten unter ihnen meinen ſeufzenden, zerriſſenen Fuchs
Brentano. Aber ich hab' meine Frauenzimmer kurirt
und dem Schalk im Thränenkleide heimgeleuchtet, indem
ich ihm zurief: »Plagt Sie der Teufel? Sie haben mir

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[392/0420] Auch mit dem armen Kleiſt war er in Berührung gekommen. Bei der Verſchiedenartigkeit ihrer menſchlichen und dichteriſchen Anlagen konnten ſie ſich aber nicht näher treten. Tieck ſprach, bei aller Anerkennung von Kleiſt's großem dramatiſchen Talent, nur zu gern von des un¬ glücklichen Dichters fixen Ideen, die ſich ſogar ſo krank¬ haft ſteigerten, daß Kleiſt einſt im Ernſt verſucht habe, Adam Müller von der Dresdener Elbbrücke zu ſtoßen, weil er ſich einbildete, deſſen Frau wahnſinnig zu lieben und ohne ihren Beſitz nicht leben zu können. Köſtlich parodirte er dagegen den windigen Klemens Brentano, der ſich beſonders darin gefiel, zarten Frauen ſeine Seelenleiden vorzuſeufzen und ſie durch ſeine welt¬ ſchmerzliche Zerriſſenheit und Verlorenheit bis zu Thränen des Mitgefühls oder wohl gar des Erbarmens zu rühren. … »Als Brentano dieſe Höllenkünſte auch in meinem Hauſe probiren wollte, ſagte ich ihm ernſthaft: lügen Sie meinen Frauenzimmern ſo viel vor, wie Sie wollen, — nur eine Bedingung hab' ich, lieber Freund: laſſen Sie es heiter ſein! — und die poetiſche Zwiebel gelobte alles mögliche Gute und Beſte. Aber als ich dann eines Tags nach Hauſe komme, was find' ich? — meine Frau und die Gräfin Finkenſtein und die Dorothea und die Reinhold ſämmtlich in Thränen ſchwimmend — und mitten unter ihnen meinen ſeufzenden, zerriſſenen Fuchs Brentano. Aber ich hab' meine Frauenzimmer kurirt und dem Schalk im Thränenkleide heimgeleuchtet, indem ich ihm zurief: »Plagt Sie der Teufel? Sie haben mir

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/420>, abgerufen am 22.11.2024.