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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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ein Auge und zwei Höcker; Frollo's Lamentiren in der
Kerkerßene wurde ausgelacht, und dem Haupteffekt, dem
Rufe Quasimodo's: "Asyl! Asyl!" antwortete als Echo
Lachen aus dem Zuschauerraum. Der arme Pauli hatte
Unglück. In den Proben trug er seine Esmeralda so
stattlich vom Scheiterhaufen in's "Asyl" auf die Stufen
von Notre-Dame. Bei der Vorstellung aber hemmte
ihn das enge Quasimodokostüm und die Angst, die beiden
Höcker möchten sich bewegen oder gar verschieben, und er
ließ mich nach drei Schritten aus den Armen gleiten.
Da mußte allerdings das Asylrufen komisch wirken.

Nach dem Aktschluß klagten wir uns gegenseitig
unsere Noth, unsere tiefe Beschämung, unsere Muth¬
losigkeit, weiter zu spielen. Die arme Gervaise weinte
vor Angst: was noch kommen könne! Ich fing in meiner
Verzweiflung ein wenig Krakehl mit Phöbus (Herr
Stölzel) an, weil er so phlegmatisch drein schaute, als
ginge die Heiterkeit des lieben Publikums ihn nicht das
Geringste an. Vergebens schaute ich mich nach dem alten
Dramaturgen und dem Intendanten um. Es hätte mir
unendlich wohl gethan, ihnen in dieser Stimmung in's
Gesicht zu sagen: "Nun, wie gefällt Ihnen die Heiterkeit
des Hauses? Ja, ja, der Glöckner von Notre-Dame hat
eine glänzende Wirkung ..." Aber Hr. v. Lüttichau und
Tieck waren vom Theaterboden wie weggeweht.

Wir unglücklichen Komödianten verabredeten, dem
Schluß ein wenig entgegen zu galoppiren, und sprachen
so schnell wie nur irgend möglich. Das Erkennen der

ein Auge und zwei Höcker; Frollo's Lamentiren in der
Kerkerſzene wurde ausgelacht, und dem Haupteffekt, dem
Rufe Quaſimodo's: »Aſyl! Aſyl!« antwortete als Echo
Lachen aus dem Zuſchauerraum. Der arme Pauli hatte
Unglück. In den Proben trug er ſeine Esmeralda ſo
ſtattlich vom Scheiterhaufen in's »Aſyl« auf die Stufen
von Notre-Dame. Bei der Vorſtellung aber hemmte
ihn das enge Quaſimodokoſtüm und die Angſt, die beiden
Höcker möchten ſich bewegen oder gar verſchieben, und er
ließ mich nach drei Schritten aus den Armen gleiten.
Da mußte allerdings das Aſylrufen komiſch wirken.

Nach dem Aktſchluß klagten wir uns gegenſeitig
unſere Noth, unſere tiefe Beſchämung, unſere Muth¬
loſigkeit, weiter zu ſpielen. Die arme Gervaiſe weinte
vor Angſt: was noch kommen könne! Ich fing in meiner
Verzweiflung ein wenig Krakehl mit Phöbus (Herr
Stölzel) an, weil er ſo phlegmatiſch drein ſchaute, als
ginge die Heiterkeit des lieben Publikums ihn nicht das
Geringſte an. Vergebens ſchaute ich mich nach dem alten
Dramaturgen und dem Intendanten um. Es hätte mir
unendlich wohl gethan, ihnen in dieſer Stimmung in's
Geſicht zu ſagen: »Nun, wie gefällt Ihnen die Heiterkeit
des Hauſes? Ja, ja, der Glöckner von Notre-Dame hat
eine glänzende Wirkung …« Aber Hr. v. Lüttichau und
Tieck waren vom Theaterboden wie weggeweht.

Wir unglücklichen Komödianten verabredeten, dem
Schluß ein wenig entgegen zu galoppiren, und ſprachen
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[418/0446] ein Auge und zwei Höcker; Frollo's Lamentiren in der Kerkerſzene wurde ausgelacht, und dem Haupteffekt, dem Rufe Quaſimodo's: »Aſyl! Aſyl!« antwortete als Echo Lachen aus dem Zuſchauerraum. Der arme Pauli hatte Unglück. In den Proben trug er ſeine Esmeralda ſo ſtattlich vom Scheiterhaufen in's »Aſyl« auf die Stufen von Notre-Dame. Bei der Vorſtellung aber hemmte ihn das enge Quaſimodokoſtüm und die Angſt, die beiden Höcker möchten ſich bewegen oder gar verſchieben, und er ließ mich nach drei Schritten aus den Armen gleiten. Da mußte allerdings das Aſylrufen komiſch wirken. Nach dem Aktſchluß klagten wir uns gegenſeitig unſere Noth, unſere tiefe Beſchämung, unſere Muth¬ loſigkeit, weiter zu ſpielen. Die arme Gervaiſe weinte vor Angſt: was noch kommen könne! Ich fing in meiner Verzweiflung ein wenig Krakehl mit Phöbus (Herr Stölzel) an, weil er ſo phlegmatiſch drein ſchaute, als ginge die Heiterkeit des lieben Publikums ihn nicht das Geringſte an. Vergebens ſchaute ich mich nach dem alten Dramaturgen und dem Intendanten um. Es hätte mir unendlich wohl gethan, ihnen in dieſer Stimmung in's Geſicht zu ſagen: »Nun, wie gefällt Ihnen die Heiterkeit des Hauſes? Ja, ja, der Glöckner von Notre-Dame hat eine glänzende Wirkung …« Aber Hr. v. Lüttichau und Tieck waren vom Theaterboden wie weggeweht. Wir unglücklichen Komödianten verabredeten, dem Schluß ein wenig entgegen zu galoppiren, und ſprachen ſo ſchnell wie nur irgend möglich. Das Erkennen der

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/446>, abgerufen am 22.11.2024.