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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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ehrte ich bald den feingebildeten, höflichen Mann! --
Noch in den besten Jahren, mit intelligenten Zügen,
klugen, freundlich blickenden Augen, die Haare von der
freien Stirn zurückgestrichen, sprach er so bezaubernd an¬
genehm, mit herzlicher Anerkennung von meinen Bühnen¬
leistungen ... und fragte dann im Namen seines Freundes,
des Intendanten der königlichen Schauspiele, Grafen Brühl
vertraulich an: ob ich geneigt sei, zur königlichen Bühne
überzusiedeln ...

Ich sagte mit Freuden: ja! -- und wie glücklich ich
sein würde, mit einem Ludwig Devrient, Wolff und so
vielen andern edlen Künstlern spielen und von ihnen
lernen zu dürfen ... Wir mußten dem liebenswürdigen
Manne versprechen, zum Diner zu kommen, seine Frau
hätte schon längst gewünscht, uns kennen zu lernen.

Die Wohnung des Geheimerath Gräfe solltest Du
sehen! Da fühlt man sich erhoben durch die edelsten
Kunstwerke. -- Die weiten, hohen Zimmer bilden eine
herrliche Gemäldegalerie -- von oben bis unten ist kein
Plätzchen frei. -- Seine Gattin, sehr zart und vornehm
aussehend, empfing uns äußerst liebreich, ein holdes
Töchterchen und ein bildschöner Knabe *) zeigten sich so
wohlerzogen und kindlich -- und nach und nach füllten

*) Der später so berühmte, kürzlich verstorbene Augenarzt Albrecht
v. Gräfe. -- Wer uns damals vorhergesagt hätte, daß unser berühm¬
ter, glückstrahlender und lebensfroher Wirth schon nach 16 Jahren
ein so furchtbares Ende nehmen würde! Gräfe war 1840 nach Han¬
nover berufen, den erblindeten Kronprinzen (den jetzigen Ex-König)

ehrte ich bald den feingebildeten, höflichen Mann! —
Noch in den beſten Jahren, mit intelligenten Zügen,
klugen, freundlich blickenden Augen, die Haare von der
freien Stirn zurückgeſtrichen, ſprach er ſo bezaubernd an¬
genehm, mit herzlicher Anerkennung von meinen Bühnen¬
leiſtungen … und fragte dann im Namen ſeines Freundes,
des Intendanten der königlichen Schauſpiele, Grafen Brühl
vertraulich an: ob ich geneigt ſei, zur königlichen Bühne
überzuſiedeln …

Ich ſagte mit Freuden: ja! — und wie glücklich ich
ſein würde, mit einem Ludwig Devrient, Wolff und ſo
vielen andern edlen Künſtlern ſpielen und von ihnen
lernen zu dürfen … Wir mußten dem liebenswürdigen
Manne verſprechen, zum Diner zu kommen, ſeine Frau
hätte ſchon längſt gewünſcht, uns kennen zu lernen.

Die Wohnung des Geheimerath Gräfe ſollteſt Du
ſehen! Da fühlt man ſich erhoben durch die edelſten
Kunſtwerke. — Die weiten, hohen Zimmer bilden eine
herrliche Gemäldegalerie — von oben bis unten iſt kein
Plätzchen frei. — Seine Gattin, ſehr zart und vornehm
ausſehend, empfing uns äußerſt liebreich, ein holdes
Töchterchen und ein bildſchöner Knabe *) zeigten ſich ſo
wohlerzogen und kindlich — und nach und nach füllten

*) Der ſpäter ſo berühmte, kürzlich verſtorbene Augenarzt Albrecht
v. Gräfe. — Wer uns damals vorhergeſagt hätte, daß unſer berühm¬
ter, glückſtrahlender und lebensfroher Wirth ſchon nach 16 Jahren
ein ſo furchtbares Ende nehmen würde! Gräfe war 1840 nach Han¬
nover berufen, den erblindeten Kronprinzen (den jetzigen Ex-König)
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[66/0094] ehrte ich bald den feingebildeten, höflichen Mann! — Noch in den beſten Jahren, mit intelligenten Zügen, klugen, freundlich blickenden Augen, die Haare von der freien Stirn zurückgeſtrichen, ſprach er ſo bezaubernd an¬ genehm, mit herzlicher Anerkennung von meinen Bühnen¬ leiſtungen … und fragte dann im Namen ſeines Freundes, des Intendanten der königlichen Schauſpiele, Grafen Brühl vertraulich an: ob ich geneigt ſei, zur königlichen Bühne überzuſiedeln … Ich ſagte mit Freuden: ja! — und wie glücklich ich ſein würde, mit einem Ludwig Devrient, Wolff und ſo vielen andern edlen Künſtlern ſpielen und von ihnen lernen zu dürfen … Wir mußten dem liebenswürdigen Manne verſprechen, zum Diner zu kommen, ſeine Frau hätte ſchon längſt gewünſcht, uns kennen zu lernen. Die Wohnung des Geheimerath Gräfe ſollteſt Du ſehen! Da fühlt man ſich erhoben durch die edelſten Kunſtwerke. — Die weiten, hohen Zimmer bilden eine herrliche Gemäldegalerie — von oben bis unten iſt kein Plätzchen frei. — Seine Gattin, ſehr zart und vornehm ausſehend, empfing uns äußerſt liebreich, ein holdes Töchterchen und ein bildſchöner Knabe *) zeigten ſich ſo wohlerzogen und kindlich — und nach und nach füllten *) Der ſpäter ſo berühmte, kürzlich verſtorbene Augenarzt Albrecht v. Gräfe. — Wer uns damals vorhergeſagt hätte, daß unſer berühm¬ ter, glückſtrahlender und lebensfroher Wirth ſchon nach 16 Jahren ein ſo furchtbares Ende nehmen würde! Gräfe war 1840 nach Han¬ nover berufen, den erblindeten Kronprinzen (den jetzigen Ex-König)

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/94>, abgerufen am 10.05.2024.