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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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Vom Mißbrauch der Gnade GOttes.
Psal. 34. Sein Gnad und Warheit waltet über uns in Ewigkeit. Psal. 117.
Die Propheten weisen auch vielfaltig drauf und sagen: Der HErr ist gnädig/
barmhertzig/ gedultig und von grosser Güte. Joel. 2. Jon. 4. Nach der E-
vangelisten Zeugnus/ ist niemand gut/ dann der einige GOtt. Matth 19. Und
die Apostel sagen/ der HErr ist barmhertzig und ein Erbarmer. Jacob. 5. Die-
ses wird vornemlich beschrieben und erzehlet um der zubrochnen und zuschlag-aber/ wegen
der Buß-
fertigen/
nicht wegen
der Gottlo-
sen.

nen Hertzen willen/ die ihrer Sünden halben angefochten und geängstiget
werden/ daß sie an GOttes Gnad nicht verzagen sollen: Nicht aber um der
Epieurer und Gottlosen Weltkinder willen/ die nur desto mehr auf GOttes
Gnad sündigen/ und diese heilsame grosse Gnad Gottes auf Muthwillen zie-
hen. Jud. v. 4. Welches ein schweres/ verdammliches Laster ist/ so auch wider
GOtt den HErrn laufft und streitet. S. Paulus redt einem solchen Men-
schen deßhalben ernstlich zu in denen E. L. vorgelesenen Worten/ und sagt:Vortrag.
Verachtestu den Reichthum/ etc. Diese Wort wollen wir jetzo für uns nem-
men/ und nach deren Erklärung weiters vernemmen/ was wir
von dem Mißbrauch der Gnade Gottes
werden zu unserer Lehr und Nutzen zu mercken und zu behalten haben. DazuWunsch.
uns GOtt seine reiche Gnad von oben herab verleihen wolle. Amen.

Erklärung deß Texts.

JN dem 2. Capitel der Epistel an die Römer/ widerlegt der Apostel
Paulus etliche Einwürff/ damit die Juden beweisen wollen/ daß sie
nicht so arg und böß/ sondern frömmer und besser seyen/ als die Hey-
den. Jn unsern Textworten die auch auß solchem Capitelgenom-
men seyn/ wollen sich die Juden und andere Heuchler weiß brennen/ und auß
dem zeitlichen Glück und Wolstand ihr Unschuld erweisen. GOTT der
HErr hab ihnen noch allezeit schleunigen/ glücklichen Fortgang gegeben/ und
sie nicht wie andere Gottlose Leut gestrafft/ darauß müsse man sehen/ daß sie
frömmer seyen als andere. Darauf antwortet ihnen jetzo der Apostel Pau-
lus/ und sagt: Verachtestu den Reichthum seiner Güte/ Gedult
und Langmüthigkeit? Weissestu nicht/ daß dich Gottes Güte
zur Busse leitet.
Die Güte/ seyn allerley leibliche Wolthaten/ die GedultDer Güte/
Gedult und
Langmütig-
keit/

ist/ die das Ubel erträgt/ und die Langmüthigkeit ist die Tugend/ da man lang-
sam zürnet/ sagt D. Luther über diese Wort am Rand. Wird demnach all-
hie durch Gottes Güte/ Gedult und Langmuth verstanden Gottes liebreiche
Vatterhertz/ und seine grosse/ unermäßliche Barmhertzigkeit/ nach welcher er
den Menschenkindern an Seel und Leib alles gutes gönnet und gibt/ alles gu-
tes lehret/ zeiget und erzeiget/ alles gutes thut und erhält. So gar/ daß wann
wir auch mit unserem sündlichen Leben alles Ubels und allerley Straffen und

Plagen
Q q 2

Vom Mißbrauch der Gnade GOttes.
Pſal. 34. Sein Gnad und Warheit waltet uͤber uns in Ewigkeit. Pſal. 117.
Die Propheten weiſen auch vielfaltig drauf und ſagen: Der HErꝛ iſt gnaͤdig/
barmhertzig/ gedultig und von groſſer Guͤte. Joel. 2. Jon. 4. Nach der E-
vangeliſten Zeugnus/ iſt niemand gut/ dann der einige GOtt. Matth 19. Und
die Apoſtel ſagen/ der HErꝛ iſt barmhertzig und ein Erbarmer. Jacob. 5. Die-
ſes wird vornemlich beſchrieben und erzehlet um der zubrochnen und zuſchlag-aber/ wegen
der Buß-
fertigen/
nicht wegen
der Gottlo-
ſen.

nen Hertzen willen/ die ihrer Suͤnden halben angefochten und geaͤngſtiget
werden/ daß ſie an GOttes Gnad nicht verzagen ſollen: Nicht aber um der
Epieurer und Gottloſen Weltkinder willen/ die nur deſto mehr auf GOttes
Gnad ſuͤndigen/ und dieſe heilſame groſſe Gnad Gottes auf Muthwillen zie-
hen. Jud. v. 4. Welches ein ſchweres/ verdammliches Laſter iſt/ ſo auch wider
GOtt den HErꝛn laufft und ſtreitet. S. Paulus redt einem ſolchen Men-
ſchen deßhalben ernſtlich zu in denen E. L. vorgeleſenen Worten/ und ſagt:Vortrag.
Verachteſtu den Reichthum/ ꝛc. Dieſe Wort wollen wir jetzo fuͤr uns nem-
men/ und nach deren Erklaͤrung weiters vernemmen/ was wir
von dem Mißbrauch der Gnade Gottes
werden zu unſerer Lehr und Nutzen zu mercken und zu behalten haben. DazuWunſch.
uns GOtt ſeine reiche Gnad von oben herab verleihen wolle. Amen.

Erklaͤrung deß Texts.

JN dem 2. Capitel der Epiſtel an die Roͤmer/ widerlegt der Apoſtel
Paulus etliche Einwuͤrff/ damit die Juden beweiſen wollen/ daß ſie
nicht ſo arg und boͤß/ ſondern froͤmmer und beſſer ſeyen/ als die Hey-
den. Jn unſern Textworten die auch auß ſolchem Capitelgenom-
men ſeyn/ wollen ſich die Juden und andere Heuchler weiß brennen/ und auß
dem zeitlichen Gluͤck und Wolſtand ihr Unſchuld erweiſen. GOTT der
HErꝛ hab ihnen noch allezeit ſchleunigen/ gluͤcklichen Fortgang gegeben/ und
ſie nicht wie andere Gottloſe Leut geſtrafft/ darauß muͤſſe man ſehen/ daß ſie
froͤmmer ſeyen als andere. Darauf antwortet ihnen jetzo der Apoſtel Pau-
lus/ und ſagt: Verachteſtu den Reichthum ſeiner Guͤte/ Gedult
und Langmuͤthigkeit? Weiſſeſtu nicht/ daß dich Gottes Guͤte
zur Buſſe leitet.
Die Guͤte/ ſeyn allerley leibliche Wolthaten/ die GedultDer Guͤte/
Gedult und
Langmuͤtig-
keit/

iſt/ die das Ubel ertraͤgt/ und die Langmuͤthigkeit iſt die Tugend/ da man lang-
ſam zuͤrnet/ ſagt D. Luther uͤber dieſe Wort am Rand. Wird demnach all-
hie durch Gottes Guͤte/ Gedult und Langmuth verſtanden Gottes liebreiche
Vatterhertz/ und ſeine groſſe/ unermaͤßliche Barmhertzigkeit/ nach welcher er
den Menſchenkindern an Seel und Leib alles gutes goͤnnet und gibt/ alles gu-
tes lehret/ zeiget und erzeiget/ alles gutes thut und erhaͤlt. So gar/ daß wann
wir auch mit unſerem ſuͤndlichen Leben alles Ubels und allerley Straffen und

Plagen
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[307/0377] Vom Mißbrauch der Gnade GOttes. Pſal. 34. Sein Gnad und Warheit waltet uͤber uns in Ewigkeit. Pſal. 117. Die Propheten weiſen auch vielfaltig drauf und ſagen: Der HErꝛ iſt gnaͤdig/ barmhertzig/ gedultig und von groſſer Guͤte. Joel. 2. Jon. 4. Nach der E- vangeliſten Zeugnus/ iſt niemand gut/ dann der einige GOtt. Matth 19. Und die Apoſtel ſagen/ der HErꝛ iſt barmhertzig und ein Erbarmer. Jacob. 5. Die- ſes wird vornemlich beſchrieben und erzehlet um der zubrochnen und zuſchlag- nen Hertzen willen/ die ihrer Suͤnden halben angefochten und geaͤngſtiget werden/ daß ſie an GOttes Gnad nicht verzagen ſollen: Nicht aber um der Epieurer und Gottloſen Weltkinder willen/ die nur deſto mehr auf GOttes Gnad ſuͤndigen/ und dieſe heilſame groſſe Gnad Gottes auf Muthwillen zie- hen. Jud. v. 4. Welches ein ſchweres/ verdammliches Laſter iſt/ ſo auch wider GOtt den HErꝛn laufft und ſtreitet. S. Paulus redt einem ſolchen Men- ſchen deßhalben ernſtlich zu in denen E. L. vorgeleſenen Worten/ und ſagt: Verachteſtu den Reichthum/ ꝛc. Dieſe Wort wollen wir jetzo fuͤr uns nem- men/ und nach deren Erklaͤrung weiters vernemmen/ was wir von dem Mißbrauch der Gnade Gottes werden zu unſerer Lehr und Nutzen zu mercken und zu behalten haben. Dazu uns GOtt ſeine reiche Gnad von oben herab verleihen wolle. Amen. aber/ wegen der Buß- fertigen/ nicht wegen der Gottlo- ſen. Vortrag. Wunſch. Erklaͤrung deß Texts. JN dem 2. Capitel der Epiſtel an die Roͤmer/ widerlegt der Apoſtel Paulus etliche Einwuͤrff/ damit die Juden beweiſen wollen/ daß ſie nicht ſo arg und boͤß/ ſondern froͤmmer und beſſer ſeyen/ als die Hey- den. Jn unſern Textworten die auch auß ſolchem Capitelgenom- men ſeyn/ wollen ſich die Juden und andere Heuchler weiß brennen/ und auß dem zeitlichen Gluͤck und Wolſtand ihr Unſchuld erweiſen. GOTT der HErꝛ hab ihnen noch allezeit ſchleunigen/ gluͤcklichen Fortgang gegeben/ und ſie nicht wie andere Gottloſe Leut geſtrafft/ darauß muͤſſe man ſehen/ daß ſie froͤmmer ſeyen als andere. Darauf antwortet ihnen jetzo der Apoſtel Pau- lus/ und ſagt: Verachteſtu den Reichthum ſeiner Guͤte/ Gedult und Langmuͤthigkeit? Weiſſeſtu nicht/ daß dich Gottes Guͤte zur Buſſe leitet. Die Guͤte/ ſeyn allerley leibliche Wolthaten/ die Gedult iſt/ die das Ubel ertraͤgt/ und die Langmuͤthigkeit iſt die Tugend/ da man lang- ſam zuͤrnet/ ſagt D. Luther uͤber dieſe Wort am Rand. Wird demnach all- hie durch Gottes Guͤte/ Gedult und Langmuth verſtanden Gottes liebreiche Vatterhertz/ und ſeine groſſe/ unermaͤßliche Barmhertzigkeit/ nach welcher er den Menſchenkindern an Seel und Leib alles gutes goͤnnet und gibt/ alles gu- tes lehret/ zeiget und erzeiget/ alles gutes thut und erhaͤlt. So gar/ daß wann wir auch mit unſerem ſuͤndlichen Leben alles Ubels und allerley Straffen und Plagen Der Guͤte/ Gedult und Langmuͤtig- keit/ Q q 2

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/377>, abgerufen am 22.11.2024.