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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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Die XXXIX. Laster-Predigt/
und wollen uns selber versorgen! Jch sehe nicht/ wie solches zu verantworten
wir haben
vorhin viel
Plag/
seye. Eine verwegene Sache ist es auch daher/ daß wir uns solche Sorge
wollen aufladen/ da wir doch in diesem elenden Leben vorhin Mühe und Ar-
beit/ Jammer und Elend gnug haben/ wie der HErr Christus allhier sagt/ es
sey gnug daß vorhin ein jeglicher Tag seine eigene Plage habe/ und wann es
haben nö-
thigers zu
sorgen.
je muß gesorget seyn/ so haben wir wol nöthigers zu sorgen: Trachtet am er-
sten nach dem Reich GOttes/ und nach seiner Gerechtigkeit/ sagt und vermah-
net der HErr Christus im heutigen Evangelio/ um das Geistliche/ Himmli-
sche und Ewige sollen wir sorgen/ so wird uns das Jrrdische und Zeitliche als
eine Zugabe von GOtt selbsten zugeworffen werden. Weil es dann um
die Bauch-Sorge ein solch verwegen Ding ist/ so soll ein jeder sich darvor
lernen hüten.

IV.
Ein unnü-
tzes Laster.

IV. Weil solche ein unnützes Laster ist/ man ängstet/ martert und
plaget sich selbst nur umsonst darmit/ wie der HErr Christus uns solches all-
hier zeiget an dem Exempel eines Zwergen: Wann ein kleines Männlein/ so
es ihm müglich wäre/ sich hundert Jahr in einen Winckel setzte/ und thäte
nichts als sorgen/ wie er möchte grösser werden/ so könte er doch mit aller seiner
Sorge/ seiner Länge nicht einen Spann/ nicht einen Zoll/ wil geschweigen
eine Elen zusetzen. Ein Weibes-Bild/ die von Gestalt gern schöner wäre/
bekümmert sich vergeblich/ ein Schuldner kan mit hundert Centner Sorgen
nicht ein Quintlein seiner Schulden abzahlen/ wie König Alphonsus hat zu
sagen pflegen: Also kan auch keiner durch sein übriges Sorgen Nahrung und
Kleidung bekommen. Es ist umsonst/ daß ihr euer Brodt mit Sorgen es-
set/ Ps. 127. Zum Lauffen hilfft nicht schnell seyn/ zum Streit hilfft nicht
starck seyn/ zur Nahrung hilfft nicht geschickt seyn/ zum Reichthum hilfft
nicht klug seyn/ daß einer angenehm sey/ hilfft nicht/ daß er ein Ding wol kön-
ne/ sondern alles ligt an der Zeit und am Glück/ Sal. Pred. 9. das ist/ nicht
an unserm Aengsten und Sorgen/ nicht an unserm Rennen und Lauffen/
sondern an GOttes Seegen ist alles gelegen/ der Seegen deß HErrn machet
reich ohne Mühe/ Spr. 10. ist es dann nur vergebens/ was wollen wir uns
dann viel darmit selber plagen/ warum lassen wir nicht GOtt solche Sorge
über/ der mehr/ ja der alles durch seine Vorsorge außrichten kan.

V.
Ein schänd-
liches Laster.
Exempel
auß unserm
Evangelio/
1. Vogel/

V. Weil solche ein schändlich Laster ist. Als der HErr Christus
diese Predigt/ die im heutigen Evangelio beschrieben wird/ gehalten/ saß er
damals auf einem Berg/ über ihm flogen und sungen die Vögel/ auf der Er-
den stunden und prangeten allerley Blümlein/ neben ihm sassen herum die
fromme Eltern/ die hatten ihre liebe Kinderlein in der Schooß oder an der
Seiten/ darbey nimmt nun der HErr Gelegenheit das Laster der Bauch-
Sorge zu beschämen/ sagt es sey den Christen eine Schande/ daß sie für die
Nahrung sorgen: Sehet die Vögel unter dem Himmel an/ sie säen nicht/ sie

erndten

Die XXXIX. Laſter-Predigt/
und wollen uns ſelber verſorgen! Jch ſehe nicht/ wie ſolches zu verantworten
wir haben
vorhin viel
Plag/
ſeye. Eine verwegene Sache iſt es auch daher/ daß wir uns ſolche Sorge
wollen aufladen/ da wir doch in dieſem elenden Leben vorhin Muͤhe und Ar-
beit/ Jammer und Elend gnug haben/ wie der HErꝛ Chriſtus allhier ſagt/ es
ſey gnug daß vorhin ein jeglicher Tag ſeine eigene Plage habe/ und wann es
haben noͤ-
thigers zu
ſorgen.
je muß geſorget ſeyn/ ſo haben wir wol noͤthigers zu ſorgen: Trachtet am er-
ſten nach dem Reich GOttes/ und nach ſeiner Gerechtigkeit/ ſagt und vermah-
net der HErꝛ Chriſtus im heutigen Evangelio/ um das Geiſtliche/ Himmli-
ſche und Ewige ſollen wir ſorgen/ ſo wird uns das Jrꝛdiſche und Zeitliche als
eine Zugabe von GOtt ſelbſten zugeworffen werden. Weil es dann um
die Bauch-Sorge ein ſolch verwegen Ding iſt/ ſo ſoll ein jeder ſich darvor
lernen huͤten.

IV.
Ein unnuͤ-
tzes Laſter.

IV. Weil ſolche ein unnuͤtzes Laſter iſt/ man aͤngſtet/ martert und
plaget ſich ſelbſt nur umſonſt darmit/ wie der HErꝛ Chriſtus uns ſolches all-
hier zeiget an dem Exempel eines Zwergen: Wann ein kleines Maͤnnlein/ ſo
es ihm muͤglich waͤre/ ſich hundert Jahr in einen Winckel ſetzte/ und thaͤte
nichts als ſorgen/ wie er moͤchte groͤſſer werden/ ſo koͤnte er doch mit aller ſeiner
Sorge/ ſeiner Laͤnge nicht einen Spann/ nicht einen Zoll/ wil geſchweigen
eine Elen zuſetzen. Ein Weibes-Bild/ die von Geſtalt gern ſchoͤner waͤre/
bekuͤmmert ſich vergeblich/ ein Schuldner kan mit hundert Centner Sorgen
nicht ein Quintlein ſeiner Schulden abzahlen/ wie Koͤnig Alphonſus hat zu
ſagen pflegen: Alſo kan auch keiner durch ſein uͤbriges Sorgen Nahrung und
Kleidung bekommen. Es iſt umſonſt/ daß ihr euer Brodt mit Sorgen eſ-
ſet/ Pſ. 127. Zum Lauffen hilfft nicht ſchnell ſeyn/ zum Streit hilfft nicht
ſtarck ſeyn/ zur Nahrung hilfft nicht geſchickt ſeyn/ zum Reichthum hilfft
nicht klug ſeyn/ daß einer angenehm ſey/ hilfft nicht/ daß er ein Ding wol koͤn-
ne/ ſondern alles ligt an der Zeit und am Gluͤck/ Sal. Pred. 9. das iſt/ nicht
an unſerm Aengſten und Sorgen/ nicht an unſerm Rennen und Lauffen/
ſondern an GOttes Seegen iſt alles gelegen/ der Seegen deß HErꝛn machet
reich ohne Muͤhe/ Spr. 10. iſt es dann nur vergebens/ was wollen wir uns
dann viel darmit ſelber plagen/ warum laſſen wir nicht GOtt ſolche Sorge
uͤber/ der mehr/ ja der alles durch ſeine Vorſorge außrichten kan.

V.
Ein ſchaͤnd-
liches Laſter.
Exempel
auß unſerm
Evangelio/
1. Vogel/

V. Weil ſolche ein ſchaͤndlich Laſter iſt. Als der HErꝛ Chriſtus
dieſe Predigt/ die im heutigen Evangelio beſchrieben wird/ gehalten/ ſaß er
damals auf einem Berg/ uͤber ihm flogen und ſungen die Voͤgel/ auf der Er-
den ſtunden und prangeten allerley Bluͤmlein/ neben ihm ſaſſen herum die
fromme Eltern/ die hatten ihre liebe Kinderlein in der Schooß oder an der
Seiten/ darbey nimmt nun der HErꝛ Gelegenheit das Laſter der Bauch-
Sorge zu beſchaͤmen/ ſagt es ſey den Chriſten eine Schande/ daß ſie fuͤr die
Nahrung ſorgen: Sehet die Voͤgel unter dem Himmel an/ ſie ſaͤen nicht/ ſie

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[358/0428] Die XXXIX. Laſter-Predigt/ und wollen uns ſelber verſorgen! Jch ſehe nicht/ wie ſolches zu verantworten ſeye. Eine verwegene Sache iſt es auch daher/ daß wir uns ſolche Sorge wollen aufladen/ da wir doch in dieſem elenden Leben vorhin Muͤhe und Ar- beit/ Jammer und Elend gnug haben/ wie der HErꝛ Chriſtus allhier ſagt/ es ſey gnug daß vorhin ein jeglicher Tag ſeine eigene Plage habe/ und wann es je muß geſorget ſeyn/ ſo haben wir wol noͤthigers zu ſorgen: Trachtet am er- ſten nach dem Reich GOttes/ und nach ſeiner Gerechtigkeit/ ſagt und vermah- net der HErꝛ Chriſtus im heutigen Evangelio/ um das Geiſtliche/ Himmli- ſche und Ewige ſollen wir ſorgen/ ſo wird uns das Jrꝛdiſche und Zeitliche als eine Zugabe von GOtt ſelbſten zugeworffen werden. Weil es dann um die Bauch-Sorge ein ſolch verwegen Ding iſt/ ſo ſoll ein jeder ſich darvor lernen huͤten. wir haben vorhin viel Plag/ haben noͤ- thigers zu ſorgen. IV. Weil ſolche ein unnuͤtzes Laſter iſt/ man aͤngſtet/ martert und plaget ſich ſelbſt nur umſonſt darmit/ wie der HErꝛ Chriſtus uns ſolches all- hier zeiget an dem Exempel eines Zwergen: Wann ein kleines Maͤnnlein/ ſo es ihm muͤglich waͤre/ ſich hundert Jahr in einen Winckel ſetzte/ und thaͤte nichts als ſorgen/ wie er moͤchte groͤſſer werden/ ſo koͤnte er doch mit aller ſeiner Sorge/ ſeiner Laͤnge nicht einen Spann/ nicht einen Zoll/ wil geſchweigen eine Elen zuſetzen. Ein Weibes-Bild/ die von Geſtalt gern ſchoͤner waͤre/ bekuͤmmert ſich vergeblich/ ein Schuldner kan mit hundert Centner Sorgen nicht ein Quintlein ſeiner Schulden abzahlen/ wie Koͤnig Alphonſus hat zu ſagen pflegen: Alſo kan auch keiner durch ſein uͤbriges Sorgen Nahrung und Kleidung bekommen. Es iſt umſonſt/ daß ihr euer Brodt mit Sorgen eſ- ſet/ Pſ. 127. Zum Lauffen hilfft nicht ſchnell ſeyn/ zum Streit hilfft nicht ſtarck ſeyn/ zur Nahrung hilfft nicht geſchickt ſeyn/ zum Reichthum hilfft nicht klug ſeyn/ daß einer angenehm ſey/ hilfft nicht/ daß er ein Ding wol koͤn- ne/ ſondern alles ligt an der Zeit und am Gluͤck/ Sal. Pred. 9. das iſt/ nicht an unſerm Aengſten und Sorgen/ nicht an unſerm Rennen und Lauffen/ ſondern an GOttes Seegen iſt alles gelegen/ der Seegen deß HErꝛn machet reich ohne Muͤhe/ Spr. 10. iſt es dann nur vergebens/ was wollen wir uns dann viel darmit ſelber plagen/ warum laſſen wir nicht GOtt ſolche Sorge uͤber/ der mehr/ ja der alles durch ſeine Vorſorge außrichten kan. V. Weil ſolche ein ſchaͤndlich Laſter iſt. Als der HErꝛ Chriſtus dieſe Predigt/ die im heutigen Evangelio beſchrieben wird/ gehalten/ ſaß er damals auf einem Berg/ uͤber ihm flogen und ſungen die Voͤgel/ auf der Er- den ſtunden und prangeten allerley Bluͤmlein/ neben ihm ſaſſen herum die fromme Eltern/ die hatten ihre liebe Kinderlein in der Schooß oder an der Seiten/ darbey nimmt nun der HErꝛ Gelegenheit das Laſter der Bauch- Sorge zu beſchaͤmen/ ſagt es ſey den Chriſten eine Schande/ daß ſie fuͤr die Nahrung ſorgen: Sehet die Voͤgel unter dem Himmel an/ ſie ſaͤen nicht/ ſie erndten

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/428>, abgerufen am 22.11.2024.