Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.Die LXXII. Laster-Predigt/ V.Beschwer- lich. V. Weil die Melancholey und Schwermuth beschwerlich ist. Schädlich. VI. Weil die Melancholey und Schwermuth auch schädlich ist. nach
Die LXXII. Laſter-Predigt/ V.Beſchwer- lich. V. Weil die Melancholey und Schwermuth beſchwerlich iſt. Schaͤdlich. VI. Weil die Melancholey und Schwermuth auch ſchaͤdlich iſt. nach
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Die LXXII. Laſter-Predigt/
V. Weil die Melancholey und Schwermuth beſchwerlich iſt.
Ander Wehethum und Elend iſt auch beſchwerlich/ wie beſchwerlich iſt die
Armuth? wie wehe thut der Hunger und Durſt? was iſt es fuͤr ein Jam-
mer/ wann einer an ſeinen Kindern ein Unheil und Unfall ſehen und erleben
muß? wie ſchmertzlich iſt es/ wann einer lange Zeit kranck oder gefangen
ligt? oder im Elend herum ziehen muß? wie unleidentlich iſt es/ wann einer
an Ehren angetaſtet/ geſchaͤndet und geſchmaͤhet wird? Aber ein betruͤbter
Geiſt/ traurig Gemuͤt und die Schwermuth deß Hertzens iſt die groͤſſeſte Be-
ſchwerde/ die einen Menſchen betreffen mag/ es iſt kein Wehe ſo groß als
Hertzeleid/ Syr. 25. Lazarus war elend und verlaſſen/ arm und duͤrfftig/
hatte nichts eigenes/ weder Behauſung noch Geliger/ weder Geld noch
Brodt/ lag da voller Schwaͤren/ und konte nicht die Broſamen erlangen/ die
von deß Reichen Tiſche fielen/ aber ſein Hertz war wol zu frieden/ dann er
wußte/ daß er einen gnaͤdigen GOtt hatte/ auf den er ſich verlieſſe/ Luc. 16.
Kaͤyſer Mauritius mußte ſeine Gemahlin/ ſeine Soͤhne und Toͤchter ſehen vor
ſeinen Augen hinrichten und erwuͤrgen/ darbey aber hatte er ein ruhiges Hertz
und Gewiſſen/ und ſprach auß Pſ. 119. HErꝛ! du biſt gerecht/ und alle deine
Gerichte ſind rechtſchaffen. Wann aber das Hertz darzu traurig iſt/ ja/
wann einer ſonſt kein Anligen hat/ es ſtehet allenthalben wol um ihn/ allein
das Hertz iſt voller Bekuͤmmernuͤß/ und das Gemuͤt iſt mit Schwermuth
umfangen und eingenommen/ ſo iſt das uͤber alles. Ein ſolcher Menſch hat
keine Luſt noch Freude zu nichts/ er mag nicht betten/ er mag mit niemand re-
den/ er erſchrickt ob ihm ſelber/ es ligt ihm wie ein groſſer Stein auf dem Her-
tzen/ wuͤnſchet ihm wol den Tod/ und ſagt mit Jona: Jch wolte lieber todt
ſeyn denn leben/ c. 4. Welche Beſchwerde der Menſch ihm nur ſelbſt machet/
in dem er (wie Syrach allhier ſagt/) ſich ſelbſten plaget mit ſeinen eigenen
Gedancken/ und ſeyn doch nichts mehrers/ als Gedancken.
VI. Weil die Melancholey und Schwermuth auch ſchaͤdlich iſt.
Syrach ſagt allhie/ der Menſch plage ſich ſelbſten damit; Freilich iſts ein Pla-
ge/ dann ſie ſtreicht dem Hertzen zu/ und ſolche Traurigkeit deß Hertzens ſchwaͤ-
chet die Kraͤfften/ ſo wol deß Gemuͤths/ als deß Leibes. Syr. 38. Da wird ein
ſolcher Menſch verdroſſen/ unwillig und unluſtig zu allem was er anfangen
ſoll/ und kan ſeinem Beruff nicht abwarten/ daß er Gott oder dem Nechſten
gebuͤhrend diene/ er klagt mit David und ſagt: Mein Hertz bebet/ mein Krafft
hat mich verlaſſen/ und das Liecht meiner Augen iſt nicht bey mir/ Pſ. 38. Mein
Hertz iſt geſchlagen und verdorret wie Graß/ daß ich auch vergeſſe mein Brot
zu eſſen. Pſ. 102. Und mit Jeremia: Es iſt mir ſo bang/ daß mirs im Leib da-
von wehe thut/ mein Hertz wallet mir in meinem Leib/ dann ich bin hoch be-
truͤbt. Klagl. Jer. 1. Philippus Melanchthon ſchreibet von Marggraff Ge-
orgen von Brandenburg/ ſo zu Anſpach ſein Reſidentz gehabt/ daß da man
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