Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.Die LXXXVI. Laster-Predigt/ Mitknechte/ der war ihm hundert Groschen schul-dig/ und er greiff ihn an und würget ihn/ und sprach: Bezahle mir was du mir schuldig bist. Da fiel sein Mitknecht nieder/ und bat ihn/ und sprach: Habe Gedult mit mir/ ich will dirs alles bezahlen. Er wolt aber nicht/ sondern gieng hin/ und warff ihn ins Ge- fängnus/ biß daß er bezahlet/ was er schuldig war. Eingang. Gar zuGeliebte in Christo dem HErren! freundlich stellte sich der Absa- lon. GLeich wie es eine Leichtfertigkeit ist/ so einer sich mit jeder- Erklärung deß Texts. Die un-freundlig- keit deß Schalcks- DJe Unfreundligkeit ist ein solch Laster/ da sich einer gegen seinem der
Die LXXXVI. Laſter-Predigt/ Mitknechte/ der war ihm hundert Groſchen ſchul-dig/ und er greiff ihn an und wuͤrget ihn/ und ſprach: Bezahle mir was du mir ſchuldig biſt. Da fiel ſein Mitknecht nieder/ und bat ihn/ und ſprach: Habe Gedult mit mir/ ich will dirs alles bezahlen. Er wolt aber nicht/ ſondern gieng hin/ und warff ihn ins Ge- faͤngnus/ biß daß er bezahlet/ was er ſchuldig war. Eingang. Gar zuGeliebte in Chriſto dem HErren! freundlich ſtellte ſich der Abſa- lon. GLeich wie es eine Leichtfertigkeit iſt/ ſo einer ſich mit jeder- Erklaͤrung deß Texts. Die un-freundlig- keit deß Schalcks- DJe Unfreundligkeit iſt ein ſolch Laſter/ da ſich einer gegen ſeinem der
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Die LXXXVI. Laſter-Predigt/
Mitknechte/ der war ihm hundert Groſchen ſchul-
dig/ und er greiff ihn an und wuͤrget ihn/ und ſprach:
Bezahle mir was du mir ſchuldig biſt. Da fiel ſein
Mitknecht nieder/ und bat ihn/ und ſprach: Habe
Gedult mit mir/ ich will dirs alles bezahlen. Er wolt
aber nicht/ ſondern gieng hin/ und warff ihn ins Ge-
faͤngnus/ biß daß er bezahlet/ was er ſchuldig war.
Eingang.
Geliebte in Chriſto dem HErren!
GLeich wie es eine Leichtfertigkeit iſt/ ſo einer ſich mit jeder-
man gar zu freundlich und zu gemein machet/ wie Abſalon ge-
than/ der ſatzte ſich fuͤr das Thor an den Weg/ und wann jemand
auß den Staͤmmen Jſrael fuͤr ihn kam/ und wolt ihn anbetten/
wolte ihm als deß Koͤnigs Sohn/ gebuͤhrende Ehr erweiſen/ recket
er ſeine Hand gegen ihm auß/ ergreiff und kuͤſſet ihn/ und ſtahl damit das Hertz
der Maͤnner Jſrael/ daß ſie ihm zu- und von ſeinem Vatter David abfielen/
2. Sam. 15. Alſo iſts im Gegentheil eine ſchaͤndtliche Untugend/ wo man ſich
gegen dem Naͤchſten unfreundlich erzeiget/ deme man doch billich mit Freund-
ligkeit haͤtte begegnen ſollen. Wie ein ſolcher ſtoͤrriger Unmenſch geweſen der
Schalcksknecht in der Parabel/ der ſeinen Mitknecht unfreundlich angefallen/
gewuͤrget/ und ins Gefaͤngnus geworffen/ wie dieſe E. L. vorgeleſene Wort
lauten. Weil wir dann in Abhandlung deren Laſtern/ die eigentlich auf den
Naͤchſten gehen/ unlangſten geredet von der Uneinigkeit/ wollen wir dißmal
die verleſene Wort fuͤr uns nemmen/ und nach Erklaͤrung derſelben hoͤren/
was wir
von der Unfreundligkeit/
werden zu unſerer Lehr und Nutzen zu mercken haben. Darzu uns Gott ſein
Gnad und Segen verleihen wolle. Amen.
Gar zu un-
freundlich
hielt ſich der
Schalcks-
knecht.
Vortrag.
Wunſch.
Erklaͤrung deß Texts.
DJe Unfreundligkeit iſt ein ſolch Laſter/ da ſich einer gegen ſeinem
Naͤchſten in Worten/ Geberden und taͤglicher Converſation, hart/
grob/ ſtreng/ ſtuͤrmiſch und unwuͤrſch erzeiget/ deſſen wir ein Exempel
in unſern vorgenommenen Worten haben/ an dem Schalcksknecht/
der
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