pba_256.001 die wir vor haben heut gesehen.pba_256.002 darmit nam ir gesprech ein ent,pba_256.003 schwemmten übers waßer behent.
pba_256.004 Die großen Vorzüge von Sachsens Dichtung im Einzelnen nachzuweisen pba_256.005 dürfte überflüssig sein; es sei nur auf die Feinheit hingedeutet, pba_256.006 mit der das Verhältnis zwischen dem "frommen, weisen und gerechten" pba_256.007 Edelmann und seinem "rumredig verlogenen" Knecht exponiert ist, von pba_256.008 dem wir doch auch erfahren, daß "er sonst diensthaft durchaus" pba_256.009 war; durch diesen Zug ist das Jnteresse an dem Träger des lächerlichen pba_256.010 Hamartema und an der Kur, die sein Herr an ihm vornimmt, um ein pba_256.011 Bedeutendes gesteigert; und nun gar das Geschick, mit dem dieselbe pba_256.012 durchgeführt ist, die kunstreiche Steigerung der Spannung, bis zuletzt pba_256.013 gegen Abend sie an das "rechte waßer" kommen, das "gar schnell mit pba_256.014 wellen breit und groß" einherfloß, so daß dem Knecht, "weil er sach pba_256.015 weder bruck noch schif, der angstschweiß über sein angsicht lif, zittert beide pba_256.016 an fuß und henden". Dagegen bei Gellert der "gute, dumme Bauerknabe, pba_256.017 den Junker Hans einst mit auf Reisen nahm, und der, trotz seinem pba_256.018 Herrn, mit einer guten Gabe, recht dreist zu lügen, wieder kam", und pba_256.019 die ärmliche, keiner weiteren Entwickelung fähige, Erfindung des verhängnisvollen pba_256.020 Steins auf der Brücke! Auch die Art, wie beide die pba_256.021 Moral aus der Geschichte ziehen, ist höchst charakteristisch: Hans Sachs pba_256.022 begnügt sich in seinem "Beschluß" das Fehlerhafte des Lügens nun pba_256.023 noch ausdrücklich als solches ins Licht zu setzen und eine Warnung pba_256.024 davor hinzuzufügen:
pba_256.025
Bei diesem schwank verstet man wol,pba_256.026 ein mensch mit fleiß sich hüten solpba_256.027 vor lügen, es ist ein groß schant,pba_256.028 wann welch mensch des lügens gewant (gewohnt)pba_256.029 und het ein ungehebe (ungebundene) zungen,pba_256.030 wirt oft zu widerrufen zwungen,pba_256.031 des er an der lügen bestet (stecken bleibt)pba_256.032 und schamrot mit spot darvon geht u. s. w.
pba_256.033 Gellert statt dessen will aus dem Ganzen nur die "nützliche pba_256.034 Lehre" entnommen wissen:
pba_256.035
Du mußt es nicht gleich übel nehmen,pba_256.036 Wenn hie und da ein Geck zu lügen sich erkühnt.pba_256.037 Lüg' auch, und mehr als er, und such' ihn zu beschämen,pba_256.038 So machst du dich um ihn und um die Welt verdient.
pba_256.039 Mitunter hält sich Gellert auch von dieser lehrhaften Miene frei pba_256.040 und scheint sich ganz der Lust am Erzählen hinzugeben; aber das geschieht
pba_256.001 die wir vor haben heut gesehen.pba_256.002 darmit nam ir gesprech ein ent,pba_256.003 schwemmten übers waßer behent.
pba_256.004 Die großen Vorzüge von Sachsens Dichtung im Einzelnen nachzuweisen pba_256.005 dürfte überflüssig sein; es sei nur auf die Feinheit hingedeutet, pba_256.006 mit der das Verhältnis zwischen dem „frommen, weisen und gerechten“ pba_256.007 Edelmann und seinem „rumredig verlogenen“ Knecht exponiert ist, von pba_256.008 dem wir doch auch erfahren, daß „er sonst diensthaft durchaus“ pba_256.009 war; durch diesen Zug ist das Jnteresse an dem Träger des lächerlichen pba_256.010 Hamartema und an der Kur, die sein Herr an ihm vornimmt, um ein pba_256.011 Bedeutendes gesteigert; und nun gar das Geschick, mit dem dieselbe pba_256.012 durchgeführt ist, die kunstreiche Steigerung der Spannung, bis zuletzt pba_256.013 gegen Abend sie an das „rechte waßer“ kommen, das „gar schnell mit pba_256.014 wellen breit und groß“ einherfloß, so daß dem Knecht, „weil er sach pba_256.015 weder bruck noch schif, der angstschweiß über sein angsicht lif, zittert beide pba_256.016 an fuß und henden“. Dagegen bei Gellert der „gute, dumme Bauerknabe, pba_256.017 den Junker Hans einst mit auf Reisen nahm, und der, trotz seinem pba_256.018 Herrn, mit einer guten Gabe, recht dreist zu lügen, wieder kam“, und pba_256.019 die ärmliche, keiner weiteren Entwickelung fähige, Erfindung des verhängnisvollen pba_256.020 Steins auf der Brücke! Auch die Art, wie beide die pba_256.021 Moral aus der Geschichte ziehen, ist höchst charakteristisch: Hans Sachs pba_256.022 begnügt sich in seinem „Beschluß“ das Fehlerhafte des Lügens nun pba_256.023 noch ausdrücklich als solches ins Licht zu setzen und eine Warnung pba_256.024 davor hinzuzufügen:
pba_256.025
Bei diesem schwank verstet man wol,pba_256.026 ein mensch mit fleiß sich hüten solpba_256.027 vor lügen, es ist ein groß schant,pba_256.028 wann welch mensch des lügens gewant (gewohnt)pba_256.029 und het ein ungehebe (ungebundene) zungen,pba_256.030 wirt oft zu widerrufen zwungen,pba_256.031 des er an der lügen bestet (stecken bleibt)pba_256.032 und schamrot mit spot darvon geht u. s. w.
pba_256.033 Gellert statt dessen will aus dem Ganzen nur die „nützliche pba_256.034 Lehre“ entnommen wissen:
pba_256.035
Du mußt es nicht gleich übel nehmen,pba_256.036 Wenn hie und da ein Geck zu lügen sich erkühnt.pba_256.037 Lüg' auch, und mehr als er, und such' ihn zu beschämen,pba_256.038 So machst du dich um ihn und um die Welt verdient.
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Die großen Vorzüge von Sachsens Dichtung im Einzelnen nachzuweisen pba_256.005
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Edelmann und seinem „rumredig verlogenen“ Knecht exponiert ist, von pba_256.008
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/274>, abgerufen am 22.11.2024.
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