pba_358.001 durch rechtzeitige Erkennung also gelöst wird. Es ist der pba_358.002 schon erwähnte Fall der "Jphigenie"; er findet seine nähere Erörterung pba_358.003 in dem Abschnitte von der Tragödie, von der er eine besondere pba_358.004 Art, nach des Aristoteles Meinung sogar die vollkommenste bildet.
pba_358.005 Jn allen andern Fällen wird durch den glücklichen Ausgang trotz pba_358.006 des etwa vorhandenen scheinbar tragischen Ernstes der Handlung eine pba_358.007 von der Tragödie auf das Strengste geschiedene Gattung bedingt, die pba_358.008 also nach dem Obigen in ihrem Wesen nach dem Lustspiele zu gravitieren pba_358.009 wird.
pba_358.010 Es gilt das Wesen dieser Gattung zu erkennen; dasselbe stellt sich pba_358.011 in dem Zwecke der Handlungsnachahmung dar; aus dem Zwecke der pba_358.012 dramatischen Nachahmung ist in allen Stücken die Gesetzgebung pba_358.013 derselben zu bestimmen.
pba_358.014
XX.
pba_358.015 Das Gebiet der Tragödie reicht so weit, als dieser Zweck darin pba_358.016 besteht, durch gesetzmäßigen Verlauf der Handlung die Ubermacht des pba_358.017 Schicksals über die menschliche Kraft zu zeigen und demgemäß die Furcht pba_358.018 vor demselben zu erwecken und das Mitleid mit denen, die darunter pba_358.019 leiden. Jhr Gebiet hört also an dem Punkte auf, wo das Schicksal pba_358.020 nicht mehr als die unwiderstehliche Ubergewalt erscheint, sondern wo pba_358.021 eine gesetzmäßig verlaufende Handlung solche Schicksale zeigt, in denen pba_358.022 umgekehrt die menschliche Kraft maß- und formgebend ist. Dort sind pba_358.023 die Umstände stärker als der Mensch: solche Süjets, richtig pba_358.024 behandelt, erhalten die Kraft die tragischen Empfindungen und pba_358.025 durch sie die ästhetische Freude zu erwecken; hier ist der Mensch pba_358.026 stärker als die Umstände: wenn nun derartigen Süjets dasselbe pba_358.027 Vermögen, die ästhetische Freude zu erwecken mitgeteilt werden soll, pba_358.028 aber nicht durch die tragischen Empfindungen, so entsteht die Frage: pba_358.029 welche Empfindungen zu bewirken sind denn sie durch den pba_358.030 ihnen innewohnenden Nachahmungszweck bestimmt?
pba_358.031 Das Gemüt des Wahrnehmenden bleibt hier von Furcht und pba_358.032 Mitleid frei, es ist daher ganz der Beurteilung des Verhältnisses pba_358.033 zwischen dem Verhalten und den Willensentscheidungen pba_358.034 der Handelnden und ihren Umständen und Geschicken pba_358.035 zugewandt; da dieses Urteil nun aber kein logisches, sondern pba_358.036 ein ästhetisches ist, also nur entweder nach der Seite des Wohlgefallens pba_358.037 oder der des Mißfallens entscheidet, da ferner der letzte Endzweck pba_358.038 aller künstlerischen Veranstaltung doch immer ist, die Bedingungen
pba_358.001 durch rechtzeitige Erkennung also gelöst wird. Es ist der pba_358.002 schon erwähnte Fall der „Jphigenie“; er findet seine nähere Erörterung pba_358.003 in dem Abschnitte von der Tragödie, von der er eine besondere pba_358.004 Art, nach des Aristoteles Meinung sogar die vollkommenste bildet.
pba_358.005 Jn allen andern Fällen wird durch den glücklichen Ausgang trotz pba_358.006 des etwa vorhandenen scheinbar tragischen Ernstes der Handlung eine pba_358.007 von der Tragödie auf das Strengste geschiedene Gattung bedingt, die pba_358.008 also nach dem Obigen in ihrem Wesen nach dem Lustspiele zu gravitieren pba_358.009 wird.
pba_358.010 Es gilt das Wesen dieser Gattung zu erkennen; dasselbe stellt sich pba_358.011 in dem Zwecke der Handlungsnachahmung dar; aus dem Zwecke der pba_358.012 dramatischen Nachahmung ist in allen Stücken die Gesetzgebung pba_358.013 derselben zu bestimmen.
pba_358.014
XX.
pba_358.015 Das Gebiet der Tragödie reicht so weit, als dieser Zweck darin pba_358.016 besteht, durch gesetzmäßigen Verlauf der Handlung die Ubermacht des pba_358.017 Schicksals über die menschliche Kraft zu zeigen und demgemäß die Furcht pba_358.018 vor demselben zu erwecken und das Mitleid mit denen, die darunter pba_358.019 leiden. Jhr Gebiet hört also an dem Punkte auf, wo das Schicksal pba_358.020 nicht mehr als die unwiderstehliche Ubergewalt erscheint, sondern wo pba_358.021 eine gesetzmäßig verlaufende Handlung solche Schicksale zeigt, in denen pba_358.022 umgekehrt die menschliche Kraft maß- und formgebend ist. Dort sind pba_358.023 die Umstände stärker als der Mensch: solche Süjets, richtig pba_358.024 behandelt, erhalten die Kraft die tragischen Empfindungen und pba_358.025 durch sie die ästhetische Freude zu erwecken; hier ist der Mensch pba_358.026 stärker als die Umstände: wenn nun derartigen Süjets dasselbe pba_358.027 Vermögen, die ästhetische Freude zu erwecken mitgeteilt werden soll, pba_358.028 aber nicht durch die tragischen Empfindungen, so entsteht die Frage: pba_358.029 welche Empfindungen zu bewirken sind denn sie durch den pba_358.030 ihnen innewohnenden Nachahmungszweck bestimmt?
pba_358.031 Das Gemüt des Wahrnehmenden bleibt hier von Furcht und pba_358.032 Mitleid frei, es ist daher ganz der Beurteilung des Verhältnisses pba_358.033 zwischen dem Verhalten und den Willensentscheidungen pba_358.034 der Handelnden und ihren Umständen und Geschicken pba_358.035 zugewandt; da dieses Urteil nun aber kein logisches, sondern pba_358.036 ein ästhetisches ist, also nur entweder nach der Seite des Wohlgefallens pba_358.037 oder der des Mißfallens entscheidet, da ferner der letzte Endzweck pba_358.038 aller künstlerischen Veranstaltung doch immer ist, die Bedingungen
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durch rechtzeitige Erkennung also gelöst wird. Es ist der pba_358.002
schon erwähnte Fall der „Jphigenie“; er findet seine nähere Erörterung pba_358.003
in dem Abschnitte von der Tragödie, von der er eine besondere pba_358.004
Art, nach des Aristoteles Meinung sogar die vollkommenste bildet.
pba_358.005
Jn allen andern Fällen wird durch den glücklichen Ausgang trotz pba_358.006
des etwa vorhandenen scheinbar tragischen Ernstes der Handlung eine pba_358.007
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also nach dem Obigen in ihrem Wesen nach dem Lustspiele zu gravitieren pba_358.009
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pba_358.010
Es gilt das Wesen dieser Gattung zu erkennen; dasselbe stellt sich pba_358.011
in dem Zwecke der Handlungsnachahmung dar; aus dem Zwecke der pba_358.012
dramatischen Nachahmung ist in allen Stücken die Gesetzgebung pba_358.013
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pba_358.014
XX. pba_358.015
Das Gebiet der Tragödie reicht so weit, als dieser Zweck darin pba_358.016
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aller künstlerischen Veranstaltung doch immer ist, die Bedingungen
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/376>, abgerufen am 22.11.2024.
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