beständigem eisenfreien Thone und gebranntem Thone oder Scherben von alten Glashäfen gefertigt werden. Dies Schmelzen in Tiegeln und überhaupt die ganze Glasbereitung geschieht, bis auf die Arbeiten des Glasblasens, in Oefen. Man hat aber verschiedene Oefen auf der Glashütte, nämlich a) den Calcinir- oder Fritt- ofen, in welchem die Fritte zuerst nur roh zusammengeschmolzen wird; b) den Glas-, Schmelz- oder Werkofen, in welchem die Fritte noch vollends klar oder blank geschmolzen wird, um das Glas daraus blasen zu können; c) den Kühlofen, welcher mit dem Werkofen in Verbindung steht, durch dessen Hitze zum Theile erwärmt wird und dazu dient, das geblasene Glas allmälig abzu- kühlen; d) den Streckofen, ganz wie der Kühlofen gestaltet, und auch nur ein Kühlofen, in welchem das zu Tafeln bestimmte Glas die Flächengestalt erhält3). Der Glassatz wird in den Tie- geln des Frittofens unter Umrühren geglühet, bis er anfängt zusammen zu schmelzen. Hierauf wird derselbe löffelweise ausge- schöpft, und in die Tiegel des Werkofens, welche vorher schon weißglühend heiß gemacht sein müssen, so portionenweise gegossen, daß erst, wenn die vorherige ganz geschmolzen ist, die neue hinzu- kommt. Bei dem ersten Schmelzen wird die Kohlensäure ausge- trieben und dann steigt eine Schichte von verschiedenen Salzen oben auf, die man Glasgalle nennt und abschöpft. Die 12 bis 30 Stunden dauernde Schmelzung ist beendigt, wenn kein unauf- gelöstes Körnchen mehr in der Fritte ist, die trüben Streifen ver- schwunden sind, kein Schaum und keine Luftblasen mehr erscheinen. Jetzt beginnt die mechanische Arbeit des Glasblasers, der mit der Pfeife (d. h. einem 3-5 Fuße langen schmiedeisernen, am Ende mit einem kleinen hohlen Knöpfchen versehenen, oben mit einem hölzernen Griffe zum Anfassen besetzten Blaserohre) ein bißchen Fritte aus dem Hafen nimmt, durch Blasen und Schwenken einen hohlen Cylinder daraus bildet, und diesen Cylinder auf einer neben ihm liegenden Marmor- oder Kupferplatte rollt, um ihn eben zu machen. Diese Arbeiten, welche man sehen muß, um eine klare Vorstellung davon zu bekommen, geschehen nicht ununter- brochen fort, sondern die so im Hüttenraume bearbeitete Fritte muß immer von Zeit zu Zeit wieder in den Ofen gesteckt werden, damit sie sich weich erhalte und leicht ausdehne. Die verschiedenen Formen erhält das Glas durch Eindrücken mit einem Eisen und in vorhandene Modelle. Soll aber Tafelglas gemacht werden, so wird auf obige Weise ein Cylinder von verschiedener Größe geblasen, geebnet, und dann mit einem Diamanten nach der Länge aufge- schnitten. Von der Pfeife bringt man dann die Gläser durch einen
beſtändigem eiſenfreien Thone und gebranntem Thone oder Scherben von alten Glashäfen gefertigt werden. Dies Schmelzen in Tiegeln und überhaupt die ganze Glasbereitung geſchieht, bis auf die Arbeiten des Glasblaſens, in Oefen. Man hat aber verſchiedene Oefen auf der Glashütte, nämlich a) den Calcinir- oder Fritt- ofen, in welchem die Fritte zuerſt nur roh zuſammengeſchmolzen wird; b) den Glas-, Schmelz- oder Werkofen, in welchem die Fritte noch vollends klar oder blank geſchmolzen wird, um das Glas daraus blaſen zu können; c) den Kühlofen, welcher mit dem Werkofen in Verbindung ſteht, durch deſſen Hitze zum Theile erwärmt wird und dazu dient, das geblaſene Glas allmälig abzu- kühlen; d) den Streckofen, ganz wie der Kühlofen geſtaltet, und auch nur ein Kühlofen, in welchem das zu Tafeln beſtimmte Glas die Flächengeſtalt erhält3). Der Glasſatz wird in den Tie- geln des Frittofens unter Umrühren geglühet, bis er anfängt zuſammen zu ſchmelzen. Hierauf wird derſelbe löffelweiſe ausge- ſchöpft, und in die Tiegel des Werkofens, welche vorher ſchon weißglühend heiß gemacht ſein müſſen, ſo portionenweiſe gegoſſen, daß erſt, wenn die vorherige ganz geſchmolzen iſt, die neue hinzu- kommt. Bei dem erſten Schmelzen wird die Kohlenſäure ausge- trieben und dann ſteigt eine Schichte von verſchiedenen Salzen oben auf, die man Glasgalle nennt und abſchöpft. Die 12 bis 30 Stunden dauernde Schmelzung iſt beendigt, wenn kein unauf- gelöstes Körnchen mehr in der Fritte iſt, die trüben Streifen ver- ſchwunden ſind, kein Schaum und keine Luftblaſen mehr erſcheinen. Jetzt beginnt die mechaniſche Arbeit des Glasblaſers, der mit der Pfeife (d. h. einem 3–5 Fuße langen ſchmiedeiſernen, am Ende mit einem kleinen hohlen Knöpfchen verſehenen, oben mit einem hölzernen Griffe zum Anfaſſen beſetzten Blaſerohre) ein bißchen Fritte aus dem Hafen nimmt, durch Blaſen und Schwenken einen hohlen Cylinder daraus bildet, und dieſen Cylinder auf einer neben ihm liegenden Marmor- oder Kupferplatte rollt, um ihn eben zu machen. Dieſe Arbeiten, welche man ſehen muß, um eine klare Vorſtellung davon zu bekommen, geſchehen nicht ununter- brochen fort, ſondern die ſo im Hüttenraume bearbeitete Fritte muß immer von Zeit zu Zeit wieder in den Ofen geſteckt werden, damit ſie ſich weich erhalte und leicht ausdehne. Die verſchiedenen Formen erhält das Glas durch Eindrücken mit einem Eiſen und in vorhandene Modelle. Soll aber Tafelglas gemacht werden, ſo wird auf obige Weiſe ein Cylinder von verſchiedener Größe geblaſen, geebnet, und dann mit einem Diamanten nach der Länge aufge- ſchnitten. Von der Pfeife bringt man dann die Gläſer durch einen
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beſtändigem eiſenfreien Thone und gebranntem Thone oder Scherben
von alten Glashäfen gefertigt werden. Dies Schmelzen in Tiegeln
und überhaupt die ganze Glasbereitung geſchieht, bis auf die
Arbeiten des Glasblaſens, in Oefen. Man hat aber verſchiedene
Oefen auf der Glashütte, nämlich a) den Calcinir- oder Fritt-
ofen, in welchem die Fritte zuerſt nur roh zuſammengeſchmolzen
wird; b) den Glas-, Schmelz- oder Werkofen, in welchem
die Fritte noch vollends klar oder blank geſchmolzen wird, um das
Glas daraus blaſen zu können; c) den Kühlofen, welcher mit
dem Werkofen in Verbindung ſteht, durch deſſen Hitze zum Theile
erwärmt wird und dazu dient, das geblaſene Glas allmälig abzu-
kühlen; d) den Streckofen, ganz wie der Kühlofen geſtaltet,
und auch nur ein Kühlofen, in welchem das zu Tafeln beſtimmte
Glas die Flächengeſtalt erhält3). Der Glasſatz wird in den Tie-
geln des Frittofens unter Umrühren geglühet, bis er anfängt
zuſammen zu ſchmelzen. Hierauf wird derſelbe löffelweiſe ausge-
ſchöpft, und in die Tiegel des Werkofens, welche vorher ſchon
weißglühend heiß gemacht ſein müſſen, ſo portionenweiſe gegoſſen,
daß erſt, wenn die vorherige ganz geſchmolzen iſt, die neue hinzu-
kommt. Bei dem erſten Schmelzen wird die Kohlenſäure ausge-
trieben und dann ſteigt eine Schichte von verſchiedenen Salzen
oben auf, die man Glasgalle nennt und abſchöpft. Die 12 bis
30 Stunden dauernde Schmelzung iſt beendigt, wenn kein unauf-
gelöstes Körnchen mehr in der Fritte iſt, die trüben Streifen ver-
ſchwunden ſind, kein Schaum und keine Luftblaſen mehr erſcheinen.
Jetzt beginnt die mechaniſche Arbeit des Glasblaſers, der mit
der Pfeife (d. h. einem 3–5 Fuße langen ſchmiedeiſernen, am
Ende mit einem kleinen hohlen Knöpfchen verſehenen, oben mit
einem hölzernen Griffe zum Anfaſſen beſetzten Blaſerohre) ein
bißchen Fritte aus dem Hafen nimmt, durch Blaſen und Schwenken
einen hohlen Cylinder daraus bildet, und dieſen Cylinder auf einer
neben ihm liegenden Marmor- oder Kupferplatte rollt, um ihn
eben zu machen. Dieſe Arbeiten, welche man ſehen muß, um eine
klare Vorſtellung davon zu bekommen, geſchehen nicht ununter-
brochen fort, ſondern die ſo im Hüttenraume bearbeitete Fritte
muß immer von Zeit zu Zeit wieder in den Ofen geſteckt werden,
damit ſie ſich weich erhalte und leicht ausdehne. Die verſchiedenen
Formen erhält das Glas durch Eindrücken mit einem Eiſen und in
vorhandene Modelle. Soll aber Tafelglas gemacht werden, ſo wird
auf obige Weiſe ein Cylinder von verſchiedener Größe geblaſen,
geebnet, und dann mit einem Diamanten nach der Länge aufge-
ſchnitten. Von der Pfeife bringt man dann die Gläſer durch einen
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/402>, abgerufen am 22.11.2024.
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