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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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Erstes Hauptstück.
Umsatz-Gewerbslehre.
§. 319. a.

Die Umsatz-Gewerbslehre ist derjenige Theil der Umsatz-
gewerbs-Lehre, welcher die Grundsätze und Regeln darstellt, wo-
nach man bei den einzelnen Geschäften des Handels und Leihwesens
zu verfahren hat, ohne an das Zusammenhalten derselben in einem
gewinnbringenden Gewerbe zu denken. Sie zerfällt (§. 319.) in
die Tauschgewerbs- oder Handels- und in die Leihgewerbs-
lehre; wovon eine Jede aus den mehrmals angegebenen Gründen
sich in einen allgemeinen und besonderen Theil zertheilt.

Erster Absatz.
Die Handelslehre.
Erstes Stück.
Allgemeine Handelslehre.
§. 320.

Die Handelslehre ist die Wissenschaft vom Handel, d. h.
von dem des Gewinnes wegen betriebenen Gewerbe der eigenthüm-
lichen Güterübertragung zwischen den Hervorbringern und Ge-
brauchern1). Da die allgemeine Handelslehre diejenigen Grund-
sätze und Regeln entwickelt, welche allen verschiedenen Handels-
zweigen zugleich angehören, so ist es sehr natürlich, daß sie von
den verschiedenen Gegenständen des Handels und ihren Verhältnissen
handeln muß. Es hat aber bei jedem Handelsgeschäfte ein Tausch
Statt, und muß folglich dabei eine Gabe und eine Gegengabe
vorkommen, welche den Gegenstand des Handels bilden.

1) Der Begriff von Handel ist mehr unrichtig als richtig aufgefaßt worden.
Leuchs (System. I. §. 1-6.) begnügt sich, nachdem er den Standpunkt der
Handelsleute in der bürgerlichen Gesellschaft weit bezeichnet hat, ihn für den Umsatz
der Waaren im Allgemeinen zu erklären; Murhard (Theorie. S. 3-7.) sucht
das Wesen desselben im Werthumtausche, unterscheidet dann den Handel im weiteren
und engeren Sinne, und findet als Charakteristisches des Lezteren den durch das
Tauschgeschäft bezweckten Gewinnst. Was Jener Handel und Dieser Handel im
weiteren Sinne nennt, ist blos der Verkehr mit äußeren sachlichen Gütern (§. 37.)
und beide Benennungen sind vom Sprachgebrauche nicht gebilligt, welcher für alle
ähnliche Begriffe Wörter hat. Unter Tausch versteht man blos die des erwünschten
Besitzes willen vorgenommene gegenseitige Abtretung von äußeren sachlichen Gütern,
wie sie in Völkern unter den Einzelnen vorkommt, wo sich die Gewerbsstände noch
keineswegs geschieden zu haben brauchen. Diese Art des Verkehres heißt Tausch-
verkehr. Beim Begriffe von Handel ist aber das Merkmal wesentlich: a) daß
zufolge der Scheidung der Arbeit oder Gewerbe der Tauschverkehr von einer bestimmten
Erſtes Hauptſtück.
Umſatz-Gewerbslehre.
§. 319. a.

Die Umſatz-Gewerbslehre iſt derjenige Theil der Umſatz-
gewerbs-Lehre, welcher die Grundſätze und Regeln darſtellt, wo-
nach man bei den einzelnen Geſchäften des Handels und Leihweſens
zu verfahren hat, ohne an das Zuſammenhalten derſelben in einem
gewinnbringenden Gewerbe zu denken. Sie zerfällt (§. 319.) in
die Tauſchgewerbs- oder Handels- und in die Leihgewerbs-
lehre; wovon eine Jede aus den mehrmals angegebenen Gründen
ſich in einen allgemeinen und beſonderen Theil zertheilt.

Erſter Abſatz.
Die Handelslehre.
Erſtes Stück.
Allgemeine Handelslehre.
§. 320.

Die Handelslehre iſt die Wiſſenſchaft vom Handel, d. h.
von dem des Gewinnes wegen betriebenen Gewerbe der eigenthüm-
lichen Güterübertragung zwiſchen den Hervorbringern und Ge-
brauchern1). Da die allgemeine Handelslehre diejenigen Grund-
ſätze und Regeln entwickelt, welche allen verſchiedenen Handels-
zweigen zugleich angehören, ſo iſt es ſehr natürlich, daß ſie von
den verſchiedenen Gegenſtänden des Handels und ihren Verhältniſſen
handeln muß. Es hat aber bei jedem Handelsgeſchäfte ein Tauſch
Statt, und muß folglich dabei eine Gabe und eine Gegengabe
vorkommen, welche den Gegenſtand des Handels bilden.

1) Der Begriff von Handel iſt mehr unrichtig als richtig aufgefaßt worden.
Leuchs (Syſtem. I. §. 1–6.) begnügt ſich, nachdem er den Standpunkt der
Handelsleute in der bürgerlichen Geſellſchaft weit bezeichnet hat, ihn für den Umſatz
der Waaren im Allgemeinen zu erklären; Murhard (Theorie. S. 3–7.) ſucht
das Weſen deſſelben im Werthumtauſche, unterſcheidet dann den Handel im weiteren
und engeren Sinne, und findet als Charakteriſtiſches des Lezteren den durch das
Tauſchgeſchäft bezweckten Gewinnſt. Was Jener Handel und Dieſer Handel im
weiteren Sinne nennt, iſt blos der Verkehr mit äußeren ſachlichen Gütern (§. 37.)
und beide Benennungen ſind vom Sprachgebrauche nicht gebilligt, welcher für alle
ähnliche Begriffe Wörter hat. Unter Tauſch verſteht man blos die des erwünſchten
Beſitzes willen vorgenommene gegenſeitige Abtretung von äußeren ſachlichen Gütern,
wie ſie in Völkern unter den Einzelnen vorkommt, wo ſich die Gewerbsſtände noch
keineswegs geſchieden zu haben brauchen. Dieſe Art des Verkehres heißt Tauſch-
verkehr. Beim Begriffe von Handel iſt aber das Merkmal weſentlich: a) daß
zufolge der Scheidung der Arbeit oder Gewerbe der Tauſchverkehr von einer beſtimmten
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[448/0470] Erſtes Hauptſtück. Umſatz-Gewerbslehre. §. 319. a. Die Umſatz-Gewerbslehre iſt derjenige Theil der Umſatz- gewerbs-Lehre, welcher die Grundſätze und Regeln darſtellt, wo- nach man bei den einzelnen Geſchäften des Handels und Leihweſens zu verfahren hat, ohne an das Zuſammenhalten derſelben in einem gewinnbringenden Gewerbe zu denken. Sie zerfällt (§. 319.) in die Tauſchgewerbs- oder Handels- und in die Leihgewerbs- lehre; wovon eine Jede aus den mehrmals angegebenen Gründen ſich in einen allgemeinen und beſonderen Theil zertheilt. Erſter Abſatz. Die Handelslehre. Erſtes Stück. Allgemeine Handelslehre. §. 320. Die Handelslehre iſt die Wiſſenſchaft vom Handel, d. h. von dem des Gewinnes wegen betriebenen Gewerbe der eigenthüm- lichen Güterübertragung zwiſchen den Hervorbringern und Ge- brauchern1). Da die allgemeine Handelslehre diejenigen Grund- ſätze und Regeln entwickelt, welche allen verſchiedenen Handels- zweigen zugleich angehören, ſo iſt es ſehr natürlich, daß ſie von den verſchiedenen Gegenſtänden des Handels und ihren Verhältniſſen handeln muß. Es hat aber bei jedem Handelsgeſchäfte ein Tauſch Statt, und muß folglich dabei eine Gabe und eine Gegengabe vorkommen, welche den Gegenſtand des Handels bilden. ¹⁾ Der Begriff von Handel iſt mehr unrichtig als richtig aufgefaßt worden. Leuchs (Syſtem. I. §. 1–6.) begnügt ſich, nachdem er den Standpunkt der Handelsleute in der bürgerlichen Geſellſchaft weit bezeichnet hat, ihn für den Umſatz der Waaren im Allgemeinen zu erklären; Murhard (Theorie. S. 3–7.) ſucht das Weſen deſſelben im Werthumtauſche, unterſcheidet dann den Handel im weiteren und engeren Sinne, und findet als Charakteriſtiſches des Lezteren den durch das Tauſchgeſchäft bezweckten Gewinnſt. Was Jener Handel und Dieſer Handel im weiteren Sinne nennt, iſt blos der Verkehr mit äußeren ſachlichen Gütern (§. 37.) und beide Benennungen ſind vom Sprachgebrauche nicht gebilligt, welcher für alle ähnliche Begriffe Wörter hat. Unter Tauſch verſteht man blos die des erwünſchten Beſitzes willen vorgenommene gegenſeitige Abtretung von äußeren ſachlichen Gütern, wie ſie in Völkern unter den Einzelnen vorkommt, wo ſich die Gewerbsſtände noch keineswegs geſchieden zu haben brauchen. Dieſe Art des Verkehres heißt Tauſch- verkehr. Beim Begriffe von Handel iſt aber das Merkmal weſentlich: a) daß zufolge der Scheidung der Arbeit oder Gewerbe der Tauſchverkehr von einer beſtimmten

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/470>, abgerufen am 22.11.2024.