Das Schiff ist während seines Laufes vielen Unfällen ausge- setzt. Alle diese unvorhergesehenen, von der Verladung an bis zur Ausladung eintretenden, Schäden und Unkosten des Schiffes heißt man Haverei. Die Seegesetze sind über ihren Inbegriff sehr ver- schiedener Ansicht. Im Allgemeinen gibt es aber folgende Arten:
a) Die ordinaire oder kleine Haverei (holländ. gemeene Avarye), welche die gewöhnlichen Schiffsausgaben ohne nothwen- dige Voraussetzung eines Schadens begreift z. B. Lichter-, Feuer-, Pfahlgeld, Lootsenlohn u. dgl.
b) Die extraordinaire Haverei, welche außergewöhnliche Ausgaben und Schäden des Schiffs begreift. Sie ist entweder
a) große Haverei (franz. Avarie commune), wozu jeder Schaden und jede Schiffsausgabe wegen drohender Gefahr gehört, die das Schiff und die Ladung gemeinsam treffen1). Oder
b) particuläre Haverei, wozu nur jene Schäden und wegen drohender Gefahr gemachten Ausgaben gehören, die entweder das Schiff oder die Ladung allein treffen2).
Nehmen mehrere Eigenthümer an der Haverei Antheil, so heißen ihre Beiträge das Werfgeld. Darüber wird von beeidigten Personen (Dispacheurs) eine Rechnung (Dispache) aufgestellt.
1) Z. B. Seewurf; das Prängen, d. h. wenn ein Schiff hart an den Sturm legen und so eine Zeit lang fortsegeln muß. Büsch Darstellung. I. 358.
2) Ueber die Tragung der Haverei entscheiden die Gesetze. Mittermaier deutsches Privatrecht. §. 224.
§. 357. 3) Die Sicherheitsmaßregeln. a)Bodmerei.
Wegen dieser Nöthen und Schäden der Schiffe ist man schon bedacht, und es gibt folgende verschiedene Einrichtungen deßhalb1):
a) Die Bodmerei (engl. Bottomry, franz. Contrat a la Grosse, holländ. Bodemery), d. h. das Geschäft oder der Ver- trag eines Gelddarleihens gegen Verpfändung eines Schiffes oder seiner Ladung oder beider zusammen in der Weise, daß das Capital sammt sehr hohen Zinsen nach glücklicher Beendigung der Fahrt erstattet und aber im Falle des Unter- oder Verlorengehens der verpfändeten Sache nichts verlangt, sondern blos das Uebrig- gebliebene vom Gläubiger (Bodmereigeber) in Beschlag genom- men werden darf. Die Schiffer (Bodmereinehmer) wenden sich
§. 356. 2) Die Haverei.
Das Schiff iſt während ſeines Laufes vielen Unfällen ausge- ſetzt. Alle dieſe unvorhergeſehenen, von der Verladung an bis zur Ausladung eintretenden, Schäden und Unkoſten des Schiffes heißt man Haverei. Die Seegeſetze ſind über ihren Inbegriff ſehr ver- ſchiedener Anſicht. Im Allgemeinen gibt es aber folgende Arten:
a) Die ordinaire oder kleine Haverei (holländ. gemeene Avarye), welche die gewöhnlichen Schiffsausgaben ohne nothwen- dige Vorausſetzung eines Schadens begreift z. B. Lichter-, Feuer-, Pfahlgeld, Lootſenlohn u. dgl.
b) Die extraordinaire Haverei, welche außergewöhnliche Ausgaben und Schäden des Schiffs begreift. Sie iſt entweder
α) große Haverei (franz. Avarie commune), wozu jeder Schaden und jede Schiffsausgabe wegen drohender Gefahr gehört, die das Schiff und die Ladung gemeinſam treffen1). Oder
β) particuläre Haverei, wozu nur jene Schäden und wegen drohender Gefahr gemachten Ausgaben gehören, die entweder das Schiff oder die Ladung allein treffen2).
Nehmen mehrere Eigenthümer an der Haverei Antheil, ſo heißen ihre Beiträge das Werfgeld. Darüber wird von beeidigten Perſonen (Dispacheurs) eine Rechnung (Dispache) aufgeſtellt.
1) Z. B. Seewurf; das Prängen, d. h. wenn ein Schiff hart an den Sturm legen und ſo eine Zeit lang fortſegeln muß. Büſch Darſtellung. I. 358.
2) Ueber die Tragung der Haverei entſcheiden die Geſetze. Mittermaier deutſches Privatrecht. §. 224.
§. 357. 3) Die Sicherheitsmaßregeln. a)Bodmerei.
Wegen dieſer Nöthen und Schäden der Schiffe iſt man ſchon bedacht, und es gibt folgende verſchiedene Einrichtungen deßhalb1):
a) Die Bodmerei (engl. Bottomry, franz. Contrat à la Grosse, holländ. Bodemery), d. h. das Geſchäft oder der Ver- trag eines Gelddarleihens gegen Verpfändung eines Schiffes oder ſeiner Ladung oder beider zuſammen in der Weiſe, daß das Capital ſammt ſehr hohen Zinſen nach glücklicher Beendigung der Fahrt erſtattet und aber im Falle des Unter- oder Verlorengehens der verpfändeten Sache nichts verlangt, ſondern blos das Uebrig- gebliebene vom Gläubiger (Bodmereigeber) in Beſchlag genom- men werden darf. Die Schiffer (Bodmereinehmer) wenden ſich
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§. 356.
2) Die Haverei.
Das Schiff iſt während ſeines Laufes vielen Unfällen ausge-
ſetzt. Alle dieſe unvorhergeſehenen, von der Verladung an bis zur
Ausladung eintretenden, Schäden und Unkoſten des Schiffes heißt
man Haverei. Die Seegeſetze ſind über ihren Inbegriff ſehr ver-
ſchiedener Anſicht. Im Allgemeinen gibt es aber folgende Arten:
a) Die ordinaire oder kleine Haverei (holländ. gemeene
Avarye), welche die gewöhnlichen Schiffsausgaben ohne nothwen-
dige Vorausſetzung eines Schadens begreift z. B. Lichter-, Feuer-,
Pfahlgeld, Lootſenlohn u. dgl.
b) Die extraordinaire Haverei, welche außergewöhnliche
Ausgaben und Schäden des Schiffs begreift. Sie iſt entweder
α) große Haverei (franz. Avarie commune), wozu jeder
Schaden und jede Schiffsausgabe wegen drohender Gefahr
gehört, die das Schiff und die Ladung gemeinſam treffen1).
Oder
β) particuläre Haverei, wozu nur jene Schäden und wegen
drohender Gefahr gemachten Ausgaben gehören, die entweder
das Schiff oder die Ladung allein treffen2).
Nehmen mehrere Eigenthümer an der Haverei Antheil, ſo
heißen ihre Beiträge das Werfgeld. Darüber wird von beeidigten
Perſonen (Dispacheurs) eine Rechnung (Dispache) aufgeſtellt.
¹⁾ Z. B. Seewurf; das Prängen, d. h. wenn ein Schiff hart an den Sturm
legen und ſo eine Zeit lang fortſegeln muß. Büſch Darſtellung. I. 358.
²⁾ Ueber die Tragung der Haverei entſcheiden die Geſetze. Mittermaier
deutſches Privatrecht. §. 224.
§. 357.
3) Die Sicherheitsmaßregeln. a) Bodmerei.
Wegen dieſer Nöthen und Schäden der Schiffe iſt man ſchon
bedacht, und es gibt folgende verſchiedene Einrichtungen deßhalb1):
a) Die Bodmerei (engl. Bottomry, franz. Contrat à la
Grosse, holländ. Bodemery), d. h. das Geſchäft oder der Ver-
trag eines Gelddarleihens gegen Verpfändung eines Schiffes oder
ſeiner Ladung oder beider zuſammen in der Weiſe, daß das Capital
ſammt ſehr hohen Zinſen nach glücklicher Beendigung der Fahrt
erſtattet und aber im Falle des Unter- oder Verlorengehens der
verpfändeten Sache nichts verlangt, ſondern blos das Uebrig-
gebliebene vom Gläubiger (Bodmereigeber) in Beſchlag genom-
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/507>, abgerufen am 22.11.2024.
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