Die Volkswirthschaftslehre (Nationalöconomie) ist die Lehre von der Volkswirthschaft, d. h. von der Thätigkeit der Völker zur Beischaffung, Erhaltung und Verwendung des Volksvermögens (§. 31. 39.). Da nun eine Nation aus Einzelnen besteht, diese sich auch wieder in besonderen gesellschaftlichen Verbindungen befin- den können, und sowohl die Einzelnen als die Gesellschaften in der Volkswirthschaft mit thätig und aufopfernd sind, so macht auch ein Jeder nach seinem Mitwirken und nach seiner Aufopferung gerechten Anspruch auf einen verhältnißmäßigen Antheil am Pro- ducte oder Resultate der Volkswirthschaft. Weil aber die Erhal- tung und die Verwendung im Besitze der Einzelnen geschieht, so muß auch unter diese eine Vertheilung Statt finden. Daher ist die Nationalöconomie die Lehre von der Beischaffung (Production, Hervorbringung), Vertheilung (Distribution), Erhaltung und Verwendung (Consumtion) des Volksvermögens durch das Volk selbst. Die theoretische Frage, welche aber nicht auf Begriffen und Abstraction, sondern auf Geschichte und Erfahrung fußt, be- trifft darin die Grundzüge des Völkerverkehrs und der National- betriebsamkeit und die Grundsätze, wonach sich Beide entfalten. Die praktische Frage, welche auf jenen Verkehrs- und Betriebs- gesetzen beruhet, ist, ob und welcherlei Maaßregeln und Anstalten erforderlich sind, um den Völkerverkehr und die Volksbetriebsamkeit nicht zu hemmen, sondern weiter zu fördern, damit das Volk zum möglichst hohen Grade von Wohlstand gelange, und welches die Klugheitsregeln für alle diejenigen Privat- und gesellschaftlichen Einrichtungen sind, von deren Bestande und Stiftung der allge- meine Wohlstand Impulse empfängt. Man nennt den Theil der Nationalöconomie, welcher die Ersteren abhandelt, den theoreti- schen (Theorie des Volksvermögens, Volkswirthschaftslehre im
Dritter Theil. Oeffentliche Wirthſchaftslehre.
Erſter Abſchnitt. Volkswirthſchaftslehre.
Einleitung.
§. 394. Vorbegriffe.
Die Volkswirthſchaftslehre (Nationalöconomie) iſt die Lehre von der Volkswirthſchaft, d. h. von der Thätigkeit der Völker zur Beiſchaffung, Erhaltung und Verwendung des Volksvermögens (§. 31. 39.). Da nun eine Nation aus Einzelnen beſteht, dieſe ſich auch wieder in beſonderen geſellſchaftlichen Verbindungen befin- den können, und ſowohl die Einzelnen als die Geſellſchaften in der Volkswirthſchaft mit thätig und aufopfernd ſind, ſo macht auch ein Jeder nach ſeinem Mitwirken und nach ſeiner Aufopferung gerechten Anſpruch auf einen verhältnißmäßigen Antheil am Pro- ducte oder Reſultate der Volkswirthſchaft. Weil aber die Erhal- tung und die Verwendung im Beſitze der Einzelnen geſchieht, ſo muß auch unter dieſe eine Vertheilung Statt finden. Daher iſt die Nationalöconomie die Lehre von der Beiſchaffung (Production, Hervorbringung), Vertheilung (Distribution), Erhaltung und Verwendung (Conſumtion) des Volksvermögens durch das Volk ſelbſt. Die theoretiſche Frage, welche aber nicht auf Begriffen und Abſtraction, ſondern auf Geſchichte und Erfahrung fußt, be- trifft darin die Grundzüge des Völkerverkehrs und der National- betriebſamkeit und die Grundſätze, wonach ſich Beide entfalten. Die praktiſche Frage, welche auf jenen Verkehrs- und Betriebs- geſetzen beruhet, iſt, ob und welcherlei Maaßregeln und Anſtalten erforderlich ſind, um den Völkerverkehr und die Volksbetriebſamkeit nicht zu hemmen, ſondern weiter zu fördern, damit das Volk zum möglichſt hohen Grade von Wohlſtand gelange, und welches die Klugheitsregeln für alle diejenigen Privat- und geſellſchaftlichen Einrichtungen ſind, von deren Beſtande und Stiftung der allge- meine Wohlſtand Impulſe empfängt. Man nennt den Theil der Nationalöconomie, welcher die Erſteren abhandelt, den theoreti- ſchen (Theorie des Volksvermögens, Volkswirthſchaftslehre im
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Dritter Theil.
Oeffentliche Wirthſchaftslehre.
Erſter Abſchnitt.
Volkswirthſchaftslehre.
Einleitung.
§. 394.
Vorbegriffe.
Die Volkswirthſchaftslehre (Nationalöconomie) iſt die
Lehre von der Volkswirthſchaft, d. h. von der Thätigkeit der Völker
zur Beiſchaffung, Erhaltung und Verwendung des Volksvermögens
(§. 31. 39.). Da nun eine Nation aus Einzelnen beſteht, dieſe
ſich auch wieder in beſonderen geſellſchaftlichen Verbindungen befin-
den können, und ſowohl die Einzelnen als die Geſellſchaften in der
Volkswirthſchaft mit thätig und aufopfernd ſind, ſo macht auch
ein Jeder nach ſeinem Mitwirken und nach ſeiner Aufopferung
gerechten Anſpruch auf einen verhältnißmäßigen Antheil am Pro-
ducte oder Reſultate der Volkswirthſchaft. Weil aber die Erhal-
tung und die Verwendung im Beſitze der Einzelnen geſchieht, ſo
muß auch unter dieſe eine Vertheilung Statt finden. Daher iſt
die Nationalöconomie die Lehre von der Beiſchaffung (Production,
Hervorbringung), Vertheilung (Distribution), Erhaltung und
Verwendung (Conſumtion) des Volksvermögens durch das Volk
ſelbſt. Die theoretiſche Frage, welche aber nicht auf Begriffen
und Abſtraction, ſondern auf Geſchichte und Erfahrung fußt, be-
trifft darin die Grundzüge des Völkerverkehrs und der National-
betriebſamkeit und die Grundſätze, wonach ſich Beide entfalten.
Die praktiſche Frage, welche auf jenen Verkehrs- und Betriebs-
geſetzen beruhet, iſt, ob und welcherlei Maaßregeln und Anſtalten
erforderlich ſind, um den Völkerverkehr und die Volksbetriebſamkeit
nicht zu hemmen, ſondern weiter zu fördern, damit das Volk zum
möglichſt hohen Grade von Wohlſtand gelange, und welches die
Klugheitsregeln für alle diejenigen Privat- und geſellſchaftlichen
Einrichtungen ſind, von deren Beſtande und Stiftung der allge-
meine Wohlſtand Impulſe empfängt. Man nennt den Theil der
Nationalöconomie, welcher die Erſteren abhandelt, den theoreti-
ſchen (Theorie des Volksvermögens, Volkswirthſchaftslehre im
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/555>, abgerufen am 22.11.2024.
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